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Sonntag, 17. Juli 2022

Kapitel 16 - Eine mondlose Nacht​


"Vater!", verkündete Aiden mit zitternder Stimme und damit hatte er sofort Hannahs vollste Aufmerksamkeit. "Warum ist er schon so früh wieder hier? Er weiß doch ganz genau, dass er bei einer Mondfinsternis wegbleiben muss!"
"Er weiß es?"
"Natürlich! Er hat eine Zigeunerin aufgesucht, die bekannt auf ihrem Gebiet war, kurz nachdem der Spuk das erste Mal anfing. Deshalb weiß doch auch ich nur so viel über Geister, weil ich ihn damals begleitet habe. Verdammt! Er ist nachlässig geworden. Er denkt wohl, dass Mutter aufgegeben hat, nur weil sie längere Zeit still war."
Hannah folgte seinem starren Blick, sah selber einige Augenblicke in die immer schlechter zu durchdringende Dunkelheit hinaus. Aidens Stimme neben ihr wurde leiser, ein Flüstern, und verebbte dann vollends.
Er war also wieder da! Der Mann, wegen dem sie überhaupt in diesem Schlamassel steckte. Ihr war, als sähe sie ihn deutlich vor sich, die verdammte Kutsche, sein Rattengesicht.
Sie war ihm so nahe und doch so fern.
Der Rachegeist!
Würde er ihr ihre Rache nehmen? Würde er ihr zuvorkommen und seine Rache vor ihr bekommen? Der Rachegeist, nur ein weiteres Opfer ihres eigenen Peinigers, wie sie und doch viel mächtiger.​


Wie sie.. ihr so ähnlich! Ja! Das war es!
Der Geist, er hatte diesselben Absichten wie sie! Wollte Rache an dem Mann nehmen, an dem auch sie Rache nehmen wollte. Er würde ihr die ganze Arbeit, die ganze Schuld abnehmen und sie für immer von ihrem Hass befreien. Zwar wäre sie um den Genuss gebracht, in seine flehenden Augen zu sehen, wenn er am Boden läge und um sein erbärmliches Leben bettelte, aber das nahm sie gern in Kauf, wenn nur dieser Man endlich seine gerechte Strafe bekommen würde!
Ja, heute war wohl doch ihr Glückstag! Sollte sich der Geist diesen Verbrecher ruhig holen!​


"Wir müssen etwas tun!", riss Aidens verzweifelte Stimme sie aus ihren Gedanken und brachte sie in die kalte Wirklichkeit zurück.
Und dann, dann war er so plötzlich in der Dunkelheit verschwunden, war verschlungen worden, dass Hannah nicht einmal hätte reagieren können.
"Aiden!"
Ja, war er denn vollkommen verrückt geworden? Nur hier waren sie doch sicher! Und er rannte geradewegs in sein Verderben, das wusste er doch besser noch, als sie.​


Hannah zog ihre Hand zurück. Die Dunkelheit war plötzlich so erdrückend und schien sie ebenfalls verschlingen zu wollen. Das Rauschen des Waldes verstummte. Der Wind erstarrte. Andächtig, unheimlich, wartete auf seine Chance, zuzuschlagen. Und Hannah war wieder einmal ganz allein.
Sollte er doch! Was kümmerte sie das? Sie hatte sowieso nie ein gutes Verhältnis zu dem Jungen gehabt.
Erschöpft ließ sie sich in das kalte Gras nieder. Von hier unten aus wirkte es ebenso bedrohlich, wie alles um sie herum. Es schmiegte sich an sie, schwang unter ihren Bewegungen hin und her. Und war doch viel zu starr.​
 

Sie seufzte. Womit hatte sie das nur wieder verdient? Und warum fühlte sich das Amulett auf einmal so schwer an? Hatte sie denn nicht schon genug in ihrem Leben gelitten? 
Oder waren es vielleicht Schuldgefühle, die auf ihr lasteten, sie zu erdrücken drohten? Sie konnte doch nicht einfach seelenruhig hier sitzen, während...
Hannah schüttelte energisch den Kopf und ihre Haare flogen wirr umher, verfingen sich in dem hohen Gras, wurden von dicken und dünnen Händen festgehalten und blieben in ihrem Gesicht kleben.
"Verdammt sollst du sein, Aiden!"
 
 
Ihre Stimme zerschnitt die Stille, die Armee der Grashalme setzte sich in Bewegung, als sie sich erhob und dem Jungen in die mondlose Nacht hinein folgte.​
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