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Sonntag, 17. Juli 2022

Das bessere Leben - Kapitel 5


Dolly rauschte wie eine Furie auf Miriam zu und baute sich bedrohlich vor ihr auf. Sie musterte das Mädchen abfällig. Aus den Augenwinkeln warf sie Mike und Lars einen warnenden Blick zu.

      "Verschwindet! Wir arbeiten an unserem Referat!", fauchte sie.
      Miriam wich zurück; sah zuerst Dolly, dann die anderen hilfesuchend an.
      "Dann.. Dann sollten wir vielleicht lieber wieder gehen, wenn du noch beschäftigt bist", meinte sie etwas verängstigt.


"Ähm.. ja, dann sehen wir uns morgen... oder Montag", stammelte Marcel, folgte den anderen beiden und ließ ihn mit Dolly allein zurück.
      Stefan sah den Freunden sehnsüchtig nach. Dann wandte er sich wütend an Dolly.


"Was zum Teufel sollte das?", fuhr er sie an.
     Dolly verschränkte die Arme vor der Brust, doch sah ihn nur an, als wäre nichts gewesen.
     "Unser Referat muss am Dienstag fertig sein", wiederholte sie ihre Erklärung wie eine kaputte Schallplatte.
     Ohne ein Wort der Entschuldigung verschwand sie wieder im Haus und ließ einen völlig sprachlosen Stefan allein zurück.


Erst um 1.15 Uhr war Dolly dazu zu bewegen, endlich zu gehen. Ihr Referat hatten sie dabei immer noch nicht fertig. Und zu allem Überfluss hatte Dolly auch noch darauf bestanden, bei ihr zu Hause fortzufahren.
      Erleichtert stand Stefan am Wohnzimmerfenster und sah ihr nach. Wenigstens für heute war er sie los.
      "Na? Wie war's?" Irene grinste ihn an, ließ es dann aber, als sie das Gesicht ihres Sohnes sah.
      "Frag lieber nicht!", knurrte er und verließ das Zimmer.


Es war ein schöner Herbstmorgen an diesem Sonntag und eigentlich viel zu sonnig, um den Tag arbeitend im Haus zu verbringen.
      Doch was blieb ihm anderes übrig? Schon um zehn Uhr hatte sie ihn aus den Bett geklingelt. Allein der Gedanke, je früher sie anfingen, desto eher war er Dolly wieder los, hatte ihn aus den Federn geholfen.
      Sie hatten den Bus genommen und waren weit nach draußen ins Gewerbegebiet gefahren. Erst an der letzten Haltestelle, irgendwo im Nirgendwo, waren sie ausgestiegen und zu Fuß weiter bis an den Rand der Vorstand gegangen. Ziemlich abgeschieden, ganz am Waldrand, stand das kleine gelb - rote Haus.
      Das Haus war umwuchert von allerlei Pflanzen. Bäume säumten den Weg und Schwarzbeeren wuchsen neben dem Geländer. Alles wirkte ungewohnt bunt und fröhlich. Dolly bedeutete ihm, ihr zu folgen.


Eine ungewohnte Wärme, die er hier nicht erwartet hätte, schlug ihm entgegen, als er den holzgetäfelten Eingangsraum betrat. Sofort war eine rothaarige Frau in einem ebenso roten Kleid erschienen. Sie lächelte gutherzig. Dollys Mutter war ihm, ihm Gegensatz zu ihrer Tochter, von Anfang an sympathisch.
      "Oh, Schatz! Da bist du ja endlich wieder! Ich dachte schon, es wäre etwas passiert. Ich wollte schon deinen Vater losschicken.." Sie sah ihrer Tochter besorgt und auch ernst ins Gesicht. "Wollt ihr etwas essen?"
      Dolly würgte ihre Mutter mit einer Handbewegung ab.
      "Nein, danke. Gerade nicht, Mutter", fügte Dolly recht höflich hinzu.


Sie ließ ihre Mutter stehen und verschwand in einem Korridor zu ihrer Linken. Stefan folgte ihr eiligst, um nicht auch noch das besorgte Gemüt von Dollys kennen lernen zu müssen.
      "Dann sagt mir Bescheid, wenn ihr etwas braucht!", rief sie ihnen noch hinterher, bevor sie ins Wohnzimmer ging.
      Dollys Zimmer war ein seltsamer Ort. Auf der einen Seite hatte ihre Mutter wahrscheinlich mit den Möbeln ein paar helle Elemente einbringen wollen. Auf der anderen Seite hatte Dolly dies aber wieder gut zunichte gemacht. Die Wände waren kahl. Die Einrichtung spärlich. Ein schwerer purpurner Vorhang vor den Fenster sperrte das Licht fast vollends aus. Stefan fühlte sich sofort unwohl, als er das Zimmer betreten hatte.
      Dolly nahm wieder auf dem Boden Platz und er tat es ihr gleich.


Es war achtzehn Uhr, als Dolly endlich ihren letzten Satz auf den fünften Bogen Papiers ihres Blockes schrieb. Zufrieden klappte sie die Bücher zu und räumte alles weg. Warum er noch einmal hierher kommen musste, war ihm sowieso ein Rätsel. Denn eigentlich hatte sie alles allein gemacht.
      Dollys Mutter hatte ihm angeboten noch zum Abendessen zu bleiben, denn sie habe ja extra für ihn mitgekocht. Um nicht unhöflich zu sein, saß er also nun neben Dolly, ihrer Mutter gegenüber in dem gutbürgerlichen Wohnzimmer, obwohl es das letzte war, dass er wollte. Dollys Vater war ein ebenso netter Mann mit einer Brille. Das Abendessen verlief schweigsam. Es gab Spaghetti Bolognese.


Nach dem Essen bestand Stefan darauf, mit abzuräumen, um nur nicht mit Dolly allein an einem Tisch sitzen zu müssen. Als er aus der Küche zurückkam, fiel sein Blick auf ein paar Fotos, die neben dem Kamin hingen und standen.
      Die meisten zeigten Dolly mit ihren Eltern. Doch ein Bild erregte sein Interesse besonders.


Zwei kleine Mädchen waren darauf zu sehen, Arm und Arm, die sich wie Zwillinge glichen. Schon allein bei der Vorstellung, dass Dolly eine Zwillingsschwester haben könnte, grauste es ihm.
      Dollys Mutter bemerkte sein Interesse an dem Bild. Sie erschien neben ihm und betrachtete das Bild eine Weile schweigend.
      "Wie ich sehe hast du das einzige Bild bemerkt, dass uns von den Dollys geblieben ist", begann sie plötzlich.
      Stefan sah sie fragend an. "Den Dollys?"
      "Ja. Doreen hatte früher einmal eine Freundin namens Anja."
      "Wer ist Doreen?"
      Dollys Mutter lachte. "Ich vergesse immer wieder, dass sie nicht mehr so genannt werden will, seit diesem Tag. Dolly heißt nämlich eigentlich Doreen. Weißt du, sie und Anja waren damals die besten Freundinnen."
 

"Wenn man sie überhaupt mal sah, wenn sie nicht irgendwo durch die Gegend stromerten, dann nur zu zweit. Außerdem sahen sie sich auch sehr ähnlich, wie du siehst. Aber sie waren nicht verwandt. Und deshalb nannte man sie irgendwann nur noch "Die Dollys". Nach dem Klonschaf Dolly eben." Sie stockte und atmete laut ein. "Jedenfalls, als Dolly sieben Jahre alt war, fand man Anjas Eltern tot in ihrem Haus vor. Anja selber wurde in einem Lagerhaus hier ganz in der Nähe gefunden. Man sagt immer, dass es ein Einbrecher gewesen war, doch das weiß man nicht so genau. Doreen war sehr traurig und lief weg, als sie vom Tod ihrer Freundin hörte. Ich glaube, sie ist bis heute nicht ganz darüber hinweggekommen."
      Sie stoppte und betrachtete das Bild liebevoll. Plötzlich erschien Dolly neben ihr und kippte das Bild kurzerhand um. Sie hatte wahrscheinlich die ganze Zeit über zugehört.
      "Ich möchte nicht daran erinnert werden.", sagte sie nur und verschwand wieder.


Kurze Zeit später verließ Stefan das rot - gelbe Haus wieder. Auf der einen Seite war er mehr als froh, endlich dort wegzukommen - weg von Dolly. Doch auf der anderen Seite hatte er auch Dinge über Dolly erfahren, die sie in einem ganz anderen Licht erscheinen ließen. Auf eine seltsame Weise hatte er Mitleid mit ihr. Aber weiterhin blieb sie ihm ein Rätsel - und zwar ein mehr als unheimliches Rätsel. 
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