Neuigkeiten

Hallo und herzlich willkommen in meiner (Sims-)Wortschmiede!
Ich wünsche euch viel Spaß beim Lesen!
Neu hier? Dann hier anfangen.
Wulfgars Geschichte jetzt komplett online!

Dienstag, 27. Februar 2018

Kapitel 29 - Ein Vater fürs Kind


Dana war bereits zum dritten Mal an diesem Morgen austreten. Die letzte Zeit war sie häufig bei den Pinkelbüschen zu finden und das ging ihr inzwischen gehörig auf die Nerven. Es war ja nicht so, dass draußen gerade sommerliche Temperaturen herrschten.
     Doch ihre Gedanken wurden sogleich von einem unschönen Ziehen unterbrochen, das durch ihre Eingeweide jagte. Das Nächste, das ihre Gedanken beherrschte, war nur noch die Frage, ob es nicht bald Zeit fürs Mittagsessen war. Sie hatte zumindest einen Bärenhunger.


Während sie sich fragte, was sie heute kochen sollte, bog sie um die Ecke und hätte er sich nicht bemerkbar gemacht, wäre sie bestimmt an ihm vorbeigelaufen. Stattdessen hatte sie es nun mit Jin zu tun. Und das gefiel ihr überhaupt nicht.
     Nach ihrem Stelldichein hatte Dana alles in ihrer Kraft stehende getan, um ihm aus dem Weg zu gehen. Sicher, sie wusste, dass es wahrscheinlich das Beste war, einfach mit ihm darüber zu reden, aber sie konnte es einfach nicht. Sobald sie seiner auch nur ansichtig wurde, rutschte ihr das Herz in die Kniekehlen und sie wollte nur noch davonlaufen.


Auch diesmal ging es ihr da nicht anders. Sie musste sich jedenfalls arg zusammenreißen, um nicht wirklich die Beine in die Hand zu nehmen.
     „He, Dana“, fing Jin derweil an und allein seine Stimme schnürte ihr die Kehle zu. „Kann ich dich mal kurz sprechen?“
     Sie konnte ihn nicht einmal ansehen. „Ist gerade etwas schlecht“, würgte sie hervor. Ob er hören konnte, dass ihre Stimme zitterte?


Bevor Dana jedoch Reißaus nehmen konnte, stand er plötzlich vor ihr und das jagte ihr einen solchen Schrecken ein, dass sie dachte, ihr Herz würde stehen bleiben.
     „Das sagst du in letzter Zeit dauernd! Dabei ist es echt wichtig! Ich brauche dringend deinen Rat!“, sagte er und er sah dabei so erbärmlich aus, dass er ihr wirklich leid tat.
     Natürlich fragte sie sich, ob er es wusste. Aber sie konnte es sich einfach nicht vorstellen. Nicht einmal Greta schien zu wissen, was zwischen ihnen vorgefallen war. Was Dana, ehrlich gesagt, ziemlich wunderte.
     Als sie ihn jedenfalls nun ansah und sich ihr erneut das Bild eines getretenen Hundes auftat, wusste sie, dass sie nicht länger davonlaufen konnte. Sie musste sich ihm stellen. So, wie es bislang lief, ging es jedenfalls nicht weiter.


„Um was geht es denn?“, fragte sie also.
     „Greta“, war seine Antwort und Dana wusste nicht, ob sie darüber erleichtert sein sollte oder nicht. „Du hast ja selber schon gesehen, dass wir uns dauernd streiten. Seit dem Abend, bevor Wulfgar weg ist, ist es ganz schlimm. Seitdem kann ich nicht mal mehr normal mit ihr reden, ohne, dass sie sofort wütend wird.“
    „Apropos, du warst an dem Abend ja ziemlich betrunken…“, begann sie zögerlich. 
     Sie hatte eigentlich nicht nachfragen wollen, aber es war nicht zu verleugnen, dass sie die Frage nicht losließ, ob er sich nicht doch daran erinnerte. Auch wenn es überhaupt nicht zu ihm passen würde, das nicht mindestens überall rumzuprahlen, dass er mit ihr geschlafen hatte.
     „Ja, das Zeug ist echt heftig gewesen. Ich erinnere mich nicht mal mehr, wie ich rausgekommen bin“, lachte er und zerschlug damit Danas letzte Hoffnung, dass er es vielleicht doch wissen könnte.


Sie war enttäuscht. Tief drinnen. Aber dennoch schluckte sie es herunter. Sie wollte jetzt nicht darüber nachdenken. Über das warum. Über auch nur irgendetwas, das mit ihnen zu tun hatte.
     „Jedenfalls weiß ich nicht, was ich wegen Greta machen soll“, fuhr Jin unterdessen fort.
     „Was willst du denn da machen? Du weißt doch genau, was sie will!“, entgegnete sie sauer.
     Er wusste es. Die Sache war nur, dass er es nicht tun wollte. Er wollte sein Zuhause nicht verlassen, um mit ihr zu gehen und bei ihr zu leben. 
     „Ja, schon, aber es muss doch auch anders gehen…“


Sie war so enttäuscht. So wütend. „Ich weiß nicht, was du jetzt von mir hören willst. Du hast nur zwei Optionen: Entweder du gehst mit Greta oder du tust es nicht! Sie jedenfalls ist bereit, auch ohne dich zurückzukehren. Die Frage ist nur, ob du dafür bereit bist.“
     Es war die Wahrheit. Es war gemein, es war fies und es war hässlich, aber es war die reine Wahrheit. Auch wenn ihn das traf, konnte sie nichts daran ändern. Sie konnten nichts daran ändern, dass sie gerade unbarmherzig war, dass sie sauer war.
     „Entscheide dich endlich, was du willst!“ Sie ließ ihn stehen. Sie konnte ihn gerade einfach nicht mehr sehen.


Warum nur musste er auch mit dieser ganzen Sache zu ihr kommen? Warum konnte er nicht sehen, was geschehen war? Sie hasste ihn. Sie hasste sich. Und sie hasste die Vorstellung, dass sie von ihm schwanger sein könnte.  
     Und während ihr schlecht wurde, war es die Angst, die erneut Besitz von ihr ergriff und sie von der Hitze der Wut in eine unschöne Eiseskälte warf.


Was nur sollte sie tun?


Trotz Danas Worten, wurde die Sache zwischen Greta und Jin nicht besser.


Obwohl Jin sich Hilfe von Dana erwartet hatte, war es Lu, der als erstes auf Greta zuging, um mit ihr zu reden. Er hatte ihre schlechte Laune natürlich mitbekommen – jeder hatte es – aber nur er sah, dass es nicht nur Wulfgars Fortgang war, der sie betrübte. Auch wenn das vielleicht seine Hauptmotivation war, an diesem Tag auf sie zuzugehen. Er konnte nicht verleugnen, dass er sich ein wenig schuldig ihr gegenüber fühlte.


Doch Greta wollte nichts von ihm wissen. Kaum, dass er Jins Namen in den Mund genommen hatte, explodierte sie.
      „Ihr Männer seid doch alle gleich! Ihr rennt kopflos durch die Gegend und denkt nicht eine Sekunde darüber nach, dass ihr vielleicht jemanden verletzen könntet!“, schnappte sie und im nächsten Moment hatte er einen Finger anklagend auf sich gerichtet. „Du bist auch nicht besser! Nur wegen dir ist Wulf weggegangen! Also komm mir bloß nicht damit, dass du mir helfen willst und lass mich bloß mit deinem dummen Bruder in Ruhe!“


Es war gemein und ungerechtfertigt, was sie sagte. Zumindest war es das, was er dachte, als sie ihn stehen ließ. Doch als er sie kurz darauf bei den Pinkelbüschen stehen und weinen sah, war da nur wieder Schuld in ihm.
     Sie hatte ja recht. Er hatte die letzte Zeit so viele Fehler gemacht, dass er sie gar nicht alle aufzählen konnte. Vor allen Dingen, was Wulfgar anging. Sicher, seine Einstellung ihm gegenüber war nach wie vor die Gleiche, aber dennoch hätte er auf dessen Offenbarung besser reagieren können, als dass er es getan hatte. Stattdessen hatte er sich nicht besser benommen, als es Jin damals getan hatte, als er sein Geheimnis erfahren hatte.
     Er bereute das. Er bereute es zutiefst, dass er sich so verhalten hatte. Dass er sich nicht mit Wulfgar deswegen ausgesprochen hatte. Sie hätten ja keine Freunde sein müssen, aber sie hätten dennoch nicht mit so viel bösem Blut zwischen sich auseinandergehen müssen. Doch jetzt würde er vielleicht nie mehr die Gelegenheit bekommen, sich für sein Verhalten zu entschuldigen.


Deswegen hatte er sich vorgenommen, denselben Fehler nicht zu wiederholen. Er wollte niemanden mehr verletzen, aber wie er jetzt feststellen musste, war er anscheinend dabei, es schon wieder zu tun. Gretas Worte waren vielleicht hart gewesen, aber sie entsprachen der Wahrheit.
      Lulu war noch nie ein Mensch großer Worte gewesen und er wusste das. Genauso, wie er wusste, dass sie ihre Gefühle für gewöhnlich nicht zu zeigen pflegte. Für die meisten anderen schien sie deswegen gefühlskalt zu sein, aber er wusste, dass sie es nicht war. Sie zeigte ihre Gefühle nur nicht so offen wie andere.
     Das änderte aber nichts daran, dass sie da waren. Und dass er sie vielleicht schon längst verletzt hatte. Das hatte er nie gewollte. Er hatte die letzte Zeit natürlich über ihre Bitte nachgedacht, aber er hatte es nie wirklich zugelassen, es sich vorzustellen. Seine Antwort war für ihn unterbewusst schon immer klar gewesen.
     Doch würde es ihm wirklich so wehtun, ihr zu geben, was sie wollte? Was würde er verlieren? Also fasste er an diesem Tag einen Entschluss und anstatt fischen zu gehen, war er es, der heute auf Lulus Rückkehr wartete.


Und als sich ein Lächeln auf ihrem Gesicht ausbreitete, helle Aufregung zu sehen war, nachdem er ihr seinen Entschluss mitgeteilt hatte, wusste er, dass es die richtige Entscheidung gewesen war. Er wusste nicht, ob er ein guter Vater sein würde, aber er wusste, dass er von nun an sein Bestes geben würde, um nicht noch einmal jemanden zu verletzen.
     „Keine Sorge! Wenn du willst, brauchst du dich nicht einmal um unser Kind kümmern“, sagte sie ihm nach seiner Zusage.
     Aber das war, trotz allem, das Letzte, was er tun wollte.


Derweil hatte auch Dana einen Entschluss gefasst. Es war inzwischen klar, dass sie tatsächlich schwanger war. Und das brachte sie natürlich in eine Bredouille.
     Sie hatte sogar kurz darüber nachgedacht, es Jin zu sagen, den Gedanken jedoch sofort wieder verworfen. Egal, wie sie es drehte und wendete, sie wollte – sie konnte – es ihm nicht sagen. Schon allein wegen Greta nicht. Wenn er es wüsste, da war sie sich sicher, würde er nämlich bestimmt erst recht nicht mit ihr gehen wollen.
     Aber Greta mochte ihn. Und das hatte sich auch nicht geändert, wie sie erfuhr, als sie sie einmal, rein aus Neugier heraus, noch einmal auf Jin ansprach, nachdem klar war, dass sie von ihm schwanger war. Dana hatte es ja schon davor gewusst. Sie hatte es gewusst und es trotz allem dazu kommen lassen, dass sie nun von dem Mann ein Kind erwartete, der eigentlich derjenigen versprochen war, die wie eine Schwester für sie war.


Sie hatte daraufhin hin und her überlegt, was sie deswegen nun tun sollte. Das Kind war da und daran würde sich auch nichts ändern. Natürlich würde da bald schon die Frage nach dem Vater aufkommen und auch wenn sie keinerlei Verpflichtung hatte, irgendeinen Namen preiszugeben, würde man ihr vielleicht auf die Schliche kommen. Immerhin würde das Kind nicht nur wie sie, sondern auch wie Jin aussehen.


Also brauchte sie einen anderen Vater. Einen, der Jin und damit auch dem Kind ähnlich sah. Und da kamen eigentlich nur Jins Brüder in Frage. Und davon wiederum nur einer. Einer, der bereits in festen Händen war und der deswegen auch nicht an irgendeiner Partnerschaft interessiert sein würde. Oder allzu sehr an dem Kind, wenn sie Glück hatte.


Deswegen ging sie an diesem Tag zum Strand hinunter und bat Tann um ein Gespräch unter vier Augen.
     „Erinnerst du dich noch daran, dass ich mal sagte, dass ich nur dem Stammesführer ein Kind schenken würde?“, begann sie, als sie allein waren. Tann zog die Augenbrauen zusammen, nickte dann aber. „Ich denke, dass der Zeitpunkt gekommen ist, dass ich Mutter werden will.“
      Sie wollte alles andere als das, aber sie würde es werden. Ob sie nun wollte oder nicht.


„Nun, wie ich mitbekommen habe, ist Rahn ja sehr an dir interessiert. Warum fragst du ihn denn nicht?“, schlug Tann jedoch vor.
     Dana verschränkte die Arme vor der Brust und spielte die Genervte. Rahn wäre eine einfache Alternative, aber er sah Jin leider so überhaupt nicht ähnlich. 
     „Ich möchte keinen Gefährten, ich möchte ein Kind!“
     Jetzt war es an der Zeit, nett zu sein. Also setzte sie ihr freundlichstes Lächeln auf und sagte: „Du bist der Stammesführer und damit bist du der beste Vater für mein Kind. Ich möchte keinen anderen. Bitte, Tann! Du sagtest doch selber, dass du für alle im Stamm da bist.“
      Das hatte er. Und er würde sein Wort nicht zurücknehmen. Es änderte aber trotzdem nichts daran, dass er es nicht mochte. „Nun gut, wenn es das ist, was du möchtest…“


Dana lächelte noch einmal, bedankte sich erleichtert und ließ Tann mit einem miesen Gefühl in der Magengegend allein zurück.


Natürlich war Tanna später auch überhaupt nicht begeistert von der Ankündigung, dass er jetzt doch noch der Vater für Danas Kind werden würde.


Auch Dana fühlte sich schlecht. Obwohl sie Tann darum gebeten hatte, wollte sie alles andere als mit ihm zu schlafen. Ihn anzulügen und ihm vorzumachen, dass sie sein Kind austragen würde, das eigentlich das seines Bruders war. Der niemals etwas davon wissen würde.


Der einzige Trost für sie war, dass Jin wahrscheinlich bald schon selber Vater von vielen Kindern sein würde. So, wie er es sich immer gewünscht hatte. Es änderte aber dennoch nichts daran, dass sie sich noch elender fühlte, als er kurze Zeit später dann tatsächlich den Stamm verließ.


Als er letztendlich doch noch mit Greta ging und einen Großteil des Stammes traurig darüber zurückließ.


Dass er sie und ihr Kind allein zurückließ. Und sich Dana danach so einsam fühlte, wie noch nie zuvor in ihrem Leben.
______________

Hier weiterlesen -> Kapitel 30

Jins Weggang kam jetzt doch etwas plötzlich. Dana hätte mal lieber mit ihm reden sollen, aber sie lässt es ja nicht einmal zu, zu erkunden, warum sie sich überhaupt so merkwürdig ihm gegenüber benimmt. Wie man sieht, scheint sein Weggang sie bereits jetzt schwer mitzunehmen. (Ich hab den Jin-Sim nach seinem Weggang übrigens auch vermisst :'( ... ) Ganz zu schweigen davon, dass es natürlich total falsch ist, jetzt auch noch Tann mit reinzuziehen und ihm vorzumachen, dass sie sein Kind erwartet.
Auch bei Lu bleibt nur zu hoffen, dass er seine Entscheidung nicht irgendwann bereut. Auch wenn ich da, zu seiner Verteidigung, sagen muss, dass ich wohl Schuld an dieser doch etwas zu schnellen Entscheidung hatte.
Man kann sich das in etwa so vorstellen:
Ich: Lu ist echt niedlich! Also muss er gaaanz viele niedliche Kinder bekommen :) !
Lu: *Entwickelt das Merkmal "Mag keine Kinder"*
Ich: -.- ... Egal, er kriegt trotzdem welche! Mindestens eins!
Lu: -.-
Tja, so war das ^^'. Ich bin anscheinend ziemlich sadistisch meinen armen Sims gegenüber ö.ö... Außerdem mag ich es, Geburtstage an einem Stück zu feiern.

Ich hatte diesmal echt einen kleinen Schreibhänger. Bin auch nicht so zufrieden mit dem Endergebnis  :/ ....

Nächstes Mal dann bekommt der Stamm Zuwachs und Tann trifft eine schwere Entscheidung.

Bis dahin, danke fürs Vorbeischauen und ich verabschiede mich!

Samstag, 24. Februar 2018

Kapitel 28 - Danach



Der Alkohol schaffte es leicht, den Großteil des Stammes schnell einschlafen zu lassen. Kaum, dass Mitternacht vorübergegangen war, hatte sich Stille über das Haus gelegt. Selbst diejenigen, die am nächsten Morgen nicht mit einem bösen Kater erwachen sollten, schliefen in dieser Nacht fest und selig. Sogar, als die Sonne ihren Aufstieg begann und den Himmel in ein leuchtendes Orange tauchte, lag der Stamm noch immer im Tiefschlaf.


Auch Dana schlief noch immer. Sie hatte einen merkwürdigen Traum, in dem Jin vorgekommen war. Er hatte sie gewärmt, während sie ohne Kleider in eiskaltem Wasser gestanden hatte. Die Sonne hatte über ihnen geschienen, aber ihre Strahlen hatten keine Wärme gebracht und sie hatten die Welt um sie herum stattdessen nur in ein flackerndes Zwielicht getaucht. Gleich einer Flamme, die in einem dunklen Raum tanzte.
     Sie erinnerte sich daran, dass sie gestern bei einem Tanz zugesehen hatte. Aber sie wusste nicht mehr, wer getanzt hatte.


Noch während sie darüber nachdachte, versuchte, sich zu erinnern und sich gleichzeitig an die einzige Wärme klammerte, die sie vom Frieren abhielt, kam plötzlich Licht in die Sache. 
     Zuerst war es nur ein vager Schimmer und sie brauchte eine ganze Weile, bis sie überhaupt verstand, dass sie sah. Dass sie wach war. Ihre Füße waren eiskalt, als stünde sie noch immer in Wasser. Doch da war auch noch die Wärme. Ein herber, süßlicher Geruch. Es roch nach Rauch und dem Gebräu, das sie gestern getrunken hatte.


Als sie sich schwerlich auf einen Arm stützte, jagte sofort ein böser Schmerz durch ihren Kopf. Ihr Magen rebellierte und sie fühlte sich taub und stumpf. 
     Doch das alles war im nächsten Moment vergessen, als sie sah, auf wen sie sich gerade abgestützt hatte. Wer da die ganze Zeit über neben ihr gelegen und sie gewärmt hatte. Es war Jin.


Wie gestochen fuhr sie zurück und wurde dafür von einem weiteren Schmerz bestraft. Sie brauchte einen Moment, bis das dumpfe Klopfen abgeklungen war, um sich dann wieder ihrem Schrecken zu widmen.
     Warum nur war Jin dort und warum war er nackt? Warum war sie es? Was hatten sie nur gemacht?


Dana jedenfalls erinnerte sich nicht mehr daran. Sie wusste, dass es das Gebräu gewesen war, das ihr die Sinne vernebelt und ihr die Erinnerungen an den gestrigen Abend genommen hatte. Sie wusste es, sie kannte es ja schon, aber dennoch hatte sie zu viel davon getrunken. Weil es sie geärgert hatte, dass Greta angekommen und ihr Jin weggenommen hatte.
     Nur, warum hatte sie das so sehr geärgert? Und da war immer noch die Frage, warum jetzt plötzlich Jin bei ihr war und was sie gestern Abend getan hatten, an das sie sich nicht mehr erinnerte. Dass sie beide keine Kleider mehr anhatten, ließ sie jedenfalls schlimmes ahnen.
     Und wenn das stimmte, war der Kater, den sie hatte, momentan ihr kleinstes Problem.


Jin verschlief es, wie Dana sich anzog. Und er verschlief es auch, wie sie mit sich haderte und darüber nachdachte, was sie nur tun sollte. 
     Letztendlich erwachte er allein und nackt, aber in seine eigenen Kleider eingerollt, und sein Kater war an diesem Morgen wohl der Schlimmste von allen. Selbst Lenn, der am Abend zuvor seinen Rausch schon ausgeschlafen hatte, als er noch fleißig getrunken hatte, schien nicht so sehr darunter zu leiden wie er.
     Er erinnerte sich jedenfalls nur noch daran, wie er mit Greta gestritten hatte, aber nicht daran, wie er nach draußen gekommen, sich ausgezogen und mit seinen Kleidern wieder zugedeckt hatte. Er wusste nur, dass er dieses verfluchte Zeug nie wieder anfassen wollte, wenn es ihn so merkwürdige Dinge tun ließ. Das nächste Mal brachte es ihn noch dazu, im Meer schwimmen zu gehen, und da war es auch egal, ob er seine Kleider anbehielt oder nicht. 
     Naja, zumindest vorerst würde er es nicht mehr anrühren.


Kurze Zeit später dann fand sich ein Großteil des Stammes am Strand wieder. Wulfgar hatte bislang vermieden, sich auf einen genauen Tag festzulegen, wann er abzureisen gedachte. Vor allen Dingen, um Gretas und seine Nerven zu schonen. 
     Doch nach dem gestrigen Abend hatte er beschlossen, die Gunst der Stunde zu nutzen, dass die Meisten verkatert waren und sich wahrscheinlich gerade nur noch wünschten, dass er möglichst schnell verschwand und sie sich wieder hinlegen konnten. Er hoffte es zumindest. Er hasste Abschiede und er wollte das so schnell wie möglich hinter sich bringen.


Dennoch fiel der Abschied natürlich tränenreich aus. Vor allen Dingen auf Gretas Seite. Sie klammerte sich an ihn, murmelte immer wieder etwas davon, dass es unfair sei und schluchzte dabei ungehemmt. Die anderen Gesichter waren da gefasster, auch wenn er hier und da Bedauern sehen konnte. 
     Sie alle waren gekommen, um ihn zu verabschieden. Nur Lu war zu Hause geblieben. Aber Wulfgar hatte auch gar nicht damit gerechnet, dass er auftauchen würde.


Auch er hatte inzwischen damit abgeschlossen. Und das musste er auch. Abschließen mit ihm, mit sich, mit seinem bisherigen Leben. Als er sich ins Boot setzte und losfuhr, wusste er, dass er vielleicht nie wieder hierher zurückkehren würde. Er wusste, dass die Chancen gut standen, dass er diese Reise nicht überleben würde.
     Dennoch fühlte er sich betäubt. Weder Gretas Tränen, noch die vielen Menschen, die er die letzten Monate ins Herz geschlossen hatte, ließen ihn bedauern. Aber da war auch keinerlei Freude oder Aufregung in ihm. Nein, momentan fühlte es sich eher so an, als wäre er nur ein Zuschauer. Als wäre es nicht er, der gerade ruderte. Er spürte die Kälte, die an ihm nagte und die Anstrengung des Ruderns, aber es drang nichts davon zu ihm vor.


Es war alles so unwirklich. Als würde er nur eine kleine Runde drehen und dann wieder kehrtmachen, um nach Hause zu gehen. Aber so war es nicht.
     Und er fragte sich schon jetzt, ob es nicht ein Fehler gewesen war. Ob er nicht bald schon bereuen würde, was er getan, was er gesagt hatte.


Die nächste Zeit nach Wulfgars Abreise wurde geschäftig für den Stamm. Zwar hatten sie einen Teil der Vorräte wieder bergen können, aber dennoch war das noch längst nicht genug, um über den Winter zu kommen. 
     Doch Luma, die wie Tara inzwischen ebenfalls ergraut war, hatte inzwischen begonnen, täglich den Göttern zu huldigen, von denen Greta und Wulfgar ihnen so viel erzählt hatten. Geisterhafte Wesen, die das Feuer heiß und lebendig werden ließen und durch die das Wasser floss, ohne zu versiegen. Die in der Erde und allen Dingen um sie herum lebten.


Tann und Rahn hatten sich derweil zu den anderen Stämmen aufgemacht, um dort um Unterstützung zu ersuchen und sie fanden sie beim Zoth-Stamm. Als sie zurückkehrten, hatten sie zwei Schafe und neue Kleider bei sich und der Stammesführer war zudem um einiges in die Höhe geschossen. 
     Auch Greta, die zwar noch eine lange Zeit nach Wulfgars Abreise betrübt war, aber versprochen hatte, bis zum Frühjahr zu bleiben, half tatkräftig mit.
     Trotz der unsicheren Lage waren sie deshalb alle bester Dinge, dass sie den Winter überstehen würden.


Als das alte Jahr zu Ende gegangen und ein neues begonnen hatte, erinnerte sich Rahn an das Gespräch, dass er mit Lu am Abend vor Wulfgars Abreise gehabt hatte und er fing Lulu ab, als die gerade beim Säubern der Küche war.
     „Hey, Lulu, ähm…“ Er wusste nicht wirklich, wie er dieses Gespräch anfangen sollte. „Ich habe gehört, dass du noch keinen Gefährten hast…“
     Er erinnerte sich auch daran, dass es vielleicht besser war, sie nicht gleich mit seinem eigentlichen Anliegen zu überfallen, aber er spielte eben lieber mit offenen Karten. War von Anfang an ehrlich, was seine Absichten anging. Obwohl er anscheinend gut in diesen Romantik-Dingen war, war es ihm lieber so.


Doch Lulu lächelte nur und unterbrach ihn sogleich. „Oh, aber ich habe einen Gefährten“, sagte sie.
     „Tatsächlich?“
     „Ja, Lu.“
     Er konnte nicht von sich behaupten, auch nur irgendetwas über Lulu zu wissen, aber das kam selbst für ihn überraschend. Wahrscheinlich auch für Lu selber. 
     „Und… weiß er auch davon?“, fragte er vorsichtig nach.
     Lulu sah nun selber verwirrt aus. „Was meinst du?“
     „Naja, es ist so, dass er mir selber sagte, dass ich mal mit dir reden sollte, weil du noch keinen Gefährten hast.“
     Nachdem er das stille Mädchen die letzten paar Tage ein paarmal beobachtet hatte, war es das erste Mal, dass sie wirklich Emotionen zeigte. Sie war ehrlich erschrocken darüber. Zumindest ein bisschen.
     „Vielleicht solltest du mal mit ihm darüber reden“, schlug er vor, als sie still blieb.
     Lulu nickte nur wortlos und Rahn entschied, dass er besser gehen sollte. Er hatte sich, wenn er ehrlich war, ohnehin keine allzu großen Hoffnungen bei ihr gemacht. Denn was er so von ihr gesehen hatte, ließ ihn nicht glauben, dass sie beide gute Gefährten gewesen wären. Und solange Lulu das mit Lu noch nicht geklärt hatte, war es ohnehin vergebliche Liebesmüh, es bei ihr zu versuchen.


Da Lu beim Fischen war, musste Lulu bis zum Mittagsessen warten, bis sie die Gelegenheit bekam, mit ihrem gedachten Gefährten zu sprechen. Wie ihr Bruder Tann, war auch Lu die letzten paar Wochen gewachsen und als sie ihm nun gegenüberstand, war er beinahe einen halben Kopf größer als sie. Sie konnte nicht sagen, dass sie das sonderlich mochte. Sie hatte es immer bevorzugt, auf Augenhöhe mit ihm zu sein.
     „Rahn kam vorhin zu mir und er hat mir gesagt, dass du ihn zu mir geschickt hast“, begann sie ohne Umschweife. „Du sagtest ihm, dass ich keinen Gefährten habe, aber ich dachte, dass wir beide Gefährten sind.“


 Wie zuvor sie, sah jetzt auch Lu einen Moment lang erschrocken aus. Doch der Schrecken auf seinem Gesicht wich bald schon Scham. Er hatte anscheinend überhaupt nicht daran gedacht, jemals Lulu davon zu erzählen, dass er kein Interesse an Frauen hatte. Er hatte, wenn er ehrlich war, aber auch überhaupt nicht damit gerechnet, dass sie jemals Interesse an ihm haben würde. Das brachte ihn in eine ziemlich prekäre Lage. Obwohl Lulu distanziert und verschlossen war, war sie trotzdem seine Freundin und er wollte sie nicht verletzen.
     „Also, weißt du, deswegen habe ich Rahn ja zu dir geschickt.“ Wie sollte er das nur angehen, ohne, dass sie es falsch verstehen würde? „Weißt du, du bist ein tolles Mädchen und ich würde mich freuen, wenn wir Gefährten wären, aber die Sache ist die, dass ich keine Frau haben möchte. Ich möchte lieber einen Gefährten haben.“


Er hatte keine Ahnung, ob sie das verstand. Er war es inzwischen auch so leid, das immer wieder erklären zu müssen, dass er es vielleicht nicht mit der Ausführlichkeit erklärte, die dafür nötig war. Er musste sich auch ziemlich zusammenreißen, nicht genervt zu klingen. Die Sache mit Wulfgar hatte ihn einfach empfindlich werden lassen.
     Lulu jedenfalls sah nun aus wie ein getretener Hund und das brach ihm beinahe das Herz. Er hatte zwar keine romantischen Gefühle für sie, und würde es nie haben, aber sie war dennoch seine beste – seine einzige – Freundin und sie war auch wie eine Schwester für ihn. Mehr noch, als es seine eigene Schwester war.
     Doch momentan wusste er nicht einmal, was er noch dazu sagen sollte. Er wollte sich entschuldigen, aber es klang alles so falsch.


Dann jedoch fing sich Lulu plötzlich wieder und ein ungewohnt sicherer Ausdruck trat auf ihr Gesicht. „Ich sehe das Problem dabei nicht“, sagte sie. „Ehrlich gesagt, passt mir das sogar ganz gut. Ich habe nämlich kein Interesse daran, jemandes Gefährtin zu werden. Ich habe mir auch schon Sorgen gemacht, dass das bei uns ein Problem werden könnte, wenn du zu anhänglich wirst. Deswegen passt es mir ganz gut, dass wir keine Gefährten werden. Aber natürlich möchte ich Kinder haben. Und da kommst dann du ins Spiel.“
     Lu war viel zu überrumpelt von dieser Offenbarung, sodass er nichts anderes tun konnte, als sie sprachlos anzustarren. Und als er sich dann ein wenig gefangen hatte, fragte er: „Und wieso ich?“
     „Weil du mein Freund bist. Du bist der Einzige, dem ich vertraue. Deshalb.“
     „Trotzdem… Vielleicht findest du ja noch jemand anderen.“
     Doch Lulu schüttelte den Kopf. „Du weißt genauso gut wie ich, dass ich das nicht will. Ich war nie wirklich ein Teil dieses Stammes.“ Plötzlich ließ sie den Kopf hängen. „Die Anderen haben mich nie wirklich wahrgenommen. Auch wenn es für mich in Ordnung ist, für mich zu sein, war ich trotzdem einsam. Nur du hast immer versucht, mit mir auszukommen. Für mich da zu sein.“ Ein Lächeln machte sich auf ihrem Gesicht breit und als sie ihn damit traf, stach es ihn direkt in den Bauch. „Seitdem ist es gut so, wie es ist. Dafür bin ich dir dankbar. Und deshalb möchte ich, dass du der Vater meiner Kinder wirst. Und wenn du es nicht wirst, dann wird es eben niemand.“


Ohne Vorwarnung drehte sie sich um und ließ ihn stehen. Aber im Gehen sagte sie noch: „Bedenke außerdem, dass das auch für dich eine Chance ist, Vater zu werden, die du sonst vielleicht niemals erhalten wirst.“
     Es war nur nicht so, dass Lu unbedingt Kinder haben wollte. Er war sich eigentlich sogar ziemlich sicher, dass er keine haben wollte. Doch was sollte er nur dazu sagen? Was sollte er tun, wenn es Lulu so wichtig war? Er wusste es nicht. Alles, was ihm momentan durch den Kopf ging, war, dass er Lulu noch niemals so lange am Stück hatte reden hören. Und dass er sie wahrscheinlich ziemlich falsch eingeschätzt hatte.


Die nächste Zeit dann fiel Lu auf, dass Lulu auffällig oft bei ihm war.


Dass sie ihn beobachtete.


Ihn abwartend ansah.


Dass sie ihn überallhin folgte. Und das war, milde ausgedrückt, etwas beängstigend.


Auch Jin fiel derweil etwas auf.


Nämlich, dass Dana ihm anscheinend aus dem Weg ging.


Und wenn er sie ansprach, dann sah sie ihn nicht einmal an.


Vertröstete ihn auf später und ließ ihn stehen.


Immer und immer wieder.


Er hatte keine Ahnung, warum sie das tat.


Aber selbst ihm fiel auf, dass da irgendetwas faul war. Ihre Ausreden wurden jedenfalls immer hanebüchener.


Er fragte sich wirklich, was er jetzt schon wieder falsch gemacht hatte. Doch er hatte keine Chance, mit ihr zu reden und es zu erfahren. Und das nervte ihn. Er würde aus den Frauen niemals schlau werden. Und dabei hatte er gerade angefangen zu glauben, dass Dana vielleicht anders sein könnte. Aber da hatte er sich anscheinend geschnitten.
____________________

Hier weiterlesen -> Kapitel 29 

Tja, da ist diesmal (und auch letztes Mal im Hintergrund) so einiges passiert. 
Wulfgar ist jetzt letztendlich doch noch abgereist. Bleibt nur zu hoffen, dass Lu es nicht irgendwann bereut, ihn gehen lassen zu haben.
Und Jin und Dana: Wenn ich Jin gerade so sehe, tut er mir richtig leid. Er hat nicht einmal eine Ahnung, was passiert ist und wird jetzt von Dana gemieden, die überhaupt nicht weiß, wie sie mit der Situation umgehen soll.

Dann gab es (endlich!) mal wieder Geburtstage und die ersten Teenager sind (ENDLICH!) zu jungen Erwachsenen herangewachsen. Und ich muss sagen, dass Geburtstage echt blöd in die Geschichte reinzubringen sind. Ich will die Geburtstagskinder dann ja gern zeigen, aber hab da auch nicht jedes Mal eine Geschichte zu ihnen...

Was mich zu Lu und Lulu bringt: Lulu war ursprünglich mal als Lus Gefährtin gedacht, aber das hat sich dann ja anders entwickelt. Passend zu meinen Plänen, Lu trotzdem noch Vater werden zu lassen, hat der Lu-Sim dann das Merkmal "Mag keine Kinder" entwickelt (ich darf mir ja kein Merkmal aussuchen, weil seine Noten so schlecht waren, weil er nicht in die Schule gegangen ist). Argh, na danke -.- ! Lulu ist übrigens passenderweise inzwischen "Bindungsphobisch".
Was Planung angeht, das mit Jin und Dana war auch nie geplant. Aber manchmal hab ich einfach so meine Erleuchtungsmomente, wo ich mir denke: "Ja, DIE beiden sollten was miteinander haben." Was nicht heißt, dass aus den beiden auch was wird. Lu und Wulfgar waren schließlich auch so eine Ausgeburt eines solchen Momentes. Und wo die (vorerst) geendet sind, sieht man ja.
Ich hatte übrigens meinen Spaß, Jin und Dana zu zensieren. Vor allen Dingen, da meine Sims antomisch korrekt sind. Überall. Und alle beide. Und wo wir gerade bei Nacktheit sind: Die beiden wären draußen bei den Temperaturen die Nacht über erfroren, aber... naja... künstlerische Freiheit und so.... ^^'

Nächstes Mal geht es dann jedenfalls mit ihnen weiter und Jin sucht das Gespräch mit Dana und die hat derweil eine schlimme Befürchtung.

So, jetzt aber genug Blabla. Heute hat es mal wieder (seit langem) Outtakes. Und die Geburtstagskinder haben neue Bilder und einen neuen, kleinen Absatz bei ihrer Charakterbeschreibung bekommen. Wulfgar hab ich auch aktualisiert.

Dann verabschiede ich mich und danke fürs Vorbeischauen!