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Sonntag, 17. Juli 2022

Das bessere Leben - Kapitel 14


Der Winter war plötzlich angebrochen und hatte das Land in seine weiße Decke gehüllt.
Alles war ruhig und verlassen. Ein seichter Wind strich durch die kahlen Friedhofsbäume und ließ die verbliebenen Blätter rascheln. Die wenigen Anwesenden auf ihrem Begräbnis wirkten wie schwarze Punkte in der Landschaft. Es herrschte Stille, nur das gelegentliche Schluchzen ihrer Mutter war zu hören.
     Schnee fiel sanft auf den schlichten, grauen Grabstein. In verschnörkelten Lettern prangte ihr Name darauf.
     Stefan blickte betrübt in den wolkenverhangenen Himmel. Ihr Vater setzte zu einem zweiten lauten Gebet an.
     "...Miriam..."
     Ihr Name hallte tausendfach in seinen Ohren wider. Die Tränen waren immer schwerer zurückzuhalten. Jetzt erst begriff er, dass sie wirklich von ihnen gegangen war.​


Lange hatte er ihren Tod verdängt; hatte es nicht wahrhaben wollen. Doch jetzt stand er vor ihrem frischen Grab. Und, dass ihre Asche ein paar Meter unter ihnen vergraben lag, das war eine Tatsache, die er nun nicht mehr leugnen konnte.
     Miriam Constat. Ihr Name auf dem grauen Stein brannte sich in sein Gedächtnis. Er hatte sie wirklich geliebt, doch hatte es ihr niemals gesagt. Und jetzt war es zu spät dazu.
     Er konnte ihren Namen nicht mehr sehen. Mit einem Mal brach alles aus ihm heraus. Trauer, Wut, Verzweiflung. Schluchzend vergrub er sein Gesicht in den Händen.​


"Es tut mir Leid, dass ich dich nicht beschützt habe! Es tut mir Leid, dass ich nicht rechtzeitig für dich da war, als du mich am meisten brauchtest..."
     Es gab so vieles, das er ihr nun hätte sagen wollen. Vieles, dass auf ewig ungehört bleiben würde.
     Die Stimme seiner Mutter weckte ihn aus seinen Gedanken. "Du holst dir noch eine Lungenentzündung."
     Sie hatte ihm seine Zet zum Trauern gegeben. Tagelang hatte er sich eingeschlossen, hatte kaum gegessen. Der Schock saß sicher noch tief, aber was brachte es, wenn er sich jetzt auch noch den Tod holte?
     "Ich liebe dich, Miriam", flüsterte er.
     Mit einem letzten Blick zurück auf den Stein, der ihren Namen trug, nahm er Abschied und folgte seiner Mutter.


Oft hatte er sich gefragt, was wohl aus Doreens Eltern geworden war. Wie er später hörte, erlitt Doreens Mutter einen Nervenzusammenbruch, als sie das Grab ihrer leiblichen Tochter, eine bloße Nummer auf einer grünen Wiese, das erste Mal besuchte.

     Die Ehe hatte wohl auch ganz schön unter ihrem späteren Nervenklinikaufenthalt zu leiden gehabt. Denn drei Jahre später waren sie geschieden und jeder war seine eigenen Wege gegangen.​


Ihr Bild prangte groß auf der Titelseite, Seite an Seite mit dem ihrer Mörderin. Ihre kalten Augen waren unkenntlich gemacht worden, da sie noch ein halbes Kind war. Stefan starrte ihr Foto lange an. Obwohl sie vieles erleiden hatte müssen, konnte er seine Wut auf sie dennoch nicht leugnen.
     "Kindermörder: Vier Morde gehen auf ihr Konto"
     Immer und immer wieder las er die Überschrift über den Fotos. Ihre Augen mit einem schwarzen Balken unkenntlich gemacht. Um sie zu schützen! Stefan musste lachen. Wer hatte denn bitte Miriam oder die kleine Doreen vor ihr beschützt?
     Man hatte sie für schuldunfähig erklärt und sie hatte gerade einmal ein paar Jahre Psychiatrie für all das, was sie getan hatte, bekommen. Lachhaft!
     Das plözliche Klingeln schreckte ihn aus seiner Wut auf. Er knüllte die Zeitung wütend zusammen und ließ sie auf dem Sofa zurück.​


Miriams Lachen vor seinem geistigen Auge, schlenderte er zur Tür und öffnete sie, mit einer komischen Mischung aus Wut und Verwirrung in seinem Bauch.
     Die Fäuste in die Hüften gestemmt, die Reisetasche neben ihren Füßen, sah sie ihn mit einem halb anklagenden, halb bemitleidenden Blick an. Dann winkte sie.
     "Ich dachte schon, du hättest mich vergessen. Doch dann habe ich das in der Zeitung gelesen", begrüßte sie ihn und hielt diesselbe Zeitung hoch, die bereits zerknüllt auf dem Sofa lag.
     Sein Name hatte auch in dem Artikel gestanden.
     "Viola..."​


Sie lächelte mitfühlend, nahm ihre Tasche und trat ein. Im Wohnzimmer holte er sie wieder ein.
     "Deine Mutter meinte, ich solle ruhig vorbeikommen, als ich anrief und nach dir fragte."
     Plötzlich nahm sie ihn in den Arm.
     "Wenn ich darf, bleibe ich ein paar Tage. Ich hörte, dass das Mädchen, das getötet wurde, mit dir befreundet war."
     Und dabei wusste sie ja noch nicht einmal alles über Miriam und ihn.
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