Die Sonne stand längst warm und hell am Himmel, als
Jin an diesem Morgen aus dem Zelt trat. Für einen Herbsttag war es ungewöhnlich
heiß, befand er. Was wäre also besser, als die Abwesenheit ihres Stammesführers
für einen faulen Tag am Strand zu nutzen? Den ganzen Tag zu fischen oder in der
Sonne zu liegen, ab und an ins kühle Nass zu verschwinden, stellte er sich
jedenfalls spaßiger vor, als einen weiteren Tag im Lager zu versauern und
darauf zu warten, ob Enn sich jetzt endlich dazu entschied zu sterben oder gesund zu werden.
Doch
noch während er sich frohen Mutes Richtung Strand aufmachte, stach ihm etwas
ins Auge, das ihm die gute Laune sofort wieder vermieste. Es war etwas, oder
besser gesagt jemand, der ihm schon seit geraumer Zeit immer mehr auf die
Nerven ging: Lu, das mit Abstand nutzloseste Mitglied ihres Stammes. Er tat nichts
anderes, als den ganzen Tag irgendwo Farbe draufzuschmieren und Jin war sich auch
sehr sicher, dass er sich insgeheim über seinen fruchtlosen Versuch, bei dieser
eigensinnigen Dana zu landen, lustig machte. Oder warum versuchte er es nicht
mal bei ihr, damit er etwas zum Lachen hatte?
Vielleicht sollte er Tanns Abwesenheit doch lieber dazu
nutzen, Lu endlich einen Tritt in den Hintern zu verpassen. Ohne lange zu
fackeln, stand er im nächsten Moment vor dem Subjekt seines Unmutes. Er schob
sich zwischen Lu und seine Schmierereien und brachte den anderen Jungen dazu,
seine Werkzeuge fallen zu lassen und wie ein aufgeschrecktes Huhn vor ihm
zurückzuweichen. Dann jedoch schien der Feigling seine Fassung
wiederzuerlangen.
„Kannst
du nicht wenigstens einmal was nützliches machen?“, ging er seinen Gegenüber
barsch an. „Als Mann solltest du jagen und fischen gehen, anstatt hier deinen
doofen Unsinn zu machen oder mit den Frauen sammeln zu gehen!“
Lu
war zunächst zu überrumpelt, um etwas zu sagen. Und als er sich schließlich
wieder gefangen hatte, wusste er nicht einmal, was er sagen sollte. Er hatte
schon lange darauf gewartet, dass Jin ihm gegenüber wieder ausbrechen würde. Er
hatte sich die letzte Zeit immer wieder bei Tann über ihn und seine
Nutzlosigkeit beschwert, wie er mitbekommen hatte. In Jins Weltbild hatte ein Mann nichts anderes zu tun
als zu jagen, zu fischen und sich fortzupflanzen. Und er wusste, dass es mehr
als vergebliche Liebesmüh war, Jin erklären zu wollen, dass dies nicht
unbedingt das Leben aller Männer dieser Welt ausmachte.
Letztendlich
blieb Lu deshalb stumm. Jin war zu engstirnig, um etwas zu verstehen, das nicht
in seine Vorstellungen passte. Aber er hatte ja auch ein bisschen recht. Lu
hatte sich lange vor der Jagd gedrückt, aber er wusste auch, dass er das nicht
ewig tun konnte. Es konnte eine Zeit kommen, in der es vielleicht
unabdingbar war, dass er ebenfalls mit auf die Jagd ging. Und selbst die Frauen
konnten, wenn es darauf ankam, ein Tier erlegen. Nur er nicht.
Also
beschloss er an diesem Tag, den ersten Schritt zu gehen. Obwohl er sich
besseres vorstellen konnte, als ausgerechnet mit Jin fischen zu gehen, wusste
er auch, dass sein jüngerer Bruder ungeschlagen darin war, Fische aus dem
Wasser zu holen. Außerdem hoffte er, sich endlich genug beweisen zu können,
damit er ihn in Zukunft in Ruhe ließ.
Doch trotz seiner eigenen Vorhaltungen, war es
ausgerechnet Jin, der zuerst seine Fellwickel von sich warf und freudig grölend
ins Wasser sprang. Lenn folgte ihm und kurz darauf konnten sie beide Jungen
beim fröhlichen Planschen beobachten. Vom Fischen war keinerlei Rede mehr. Lu
verkniff sich einen Kommentar dazu. Er fühlte sich schon unbehaglich genug. Nur
Tanna konnte es nicht lassen, sich über die beiden Müßiggänger zu empören. Wie
üblich spielte sie den Spielverderber.
„Also
wirklich! Wir können nicht einfach den ganzen Tag verplempern! Es ist schon
Herbst und wir müssen Vorräte anlegen!“, rügte sie die beiden Anderen. Selber
schien sie aber auch nicht daran zu denken, einen Finger zu krümmen. Lediglich Lulu war inzwischen
unbeirrt beim Angeln.
„Ach, lass uns doch auch mal Spaß haben!“, wehrte Jin ab.
„Ich hab schon genug Vorräte besorgt. Jetzt seid ihr mal dran.“
‚Allen voran Lu‘, dachte er sich. Doch er behielt seine Gedanken lieber für sich. Stattdessen wurde er jetzt auf einen feuerroten Schopf aufmerksam, der sich ihnen näherte. „Na, hallo! Was haben wir denn da?“
‚Allen voran Lu‘, dachte er sich. Doch er behielt seine Gedanken lieber für sich. Stattdessen wurde er jetzt auf einen feuerroten Schopf aufmerksam, der sich ihnen näherte. „Na, hallo! Was haben wir denn da?“
Das
war seine Chance. Seine Chance, endlich bei einer exotischen Schönheit zu
landen. Oder zumindest, sich vor den anderen zu beweisen. Sein Blick glitt zu
Lu hinüber, der Schlimmes ahnte, und er grinste herausfordernd.
Tannas bösen Blick ignorierend, trat er an Lu heran und
forderte ihn heraus: „Siehst du die da hinten? Die mit den roten Haaren? Die
werde ich mir jetzt schnappen! Also schau mal lieber ganz genau zu und lerne, damit
du auch mal irgendwann eine Frau abkriegst!“
Lu
hatte ein schiefes Lächeln aufgesetzt, das Jin nur zu gerne als Unsicherheit
auffasste, das in Wahrheit jedoch bemitleidend gemeint war. Sie alle wussten,
wie das wohl enden würde.
„Vielleicht solltest du dir aber vorher was anziehen“, riet er Jin jedoch nur.
„Vielleicht solltest du dir aber vorher was anziehen“, riet er Jin jedoch nur.
Der
lachte bloß. Ließ sich dann aber doch dazu hinab, seine Lenden wieder mit Fellen zu bedecken. „Ich will sie ja nicht gleich umhauen.“ Er grinste
überheblich.
Dann konnten sie alle mit ansehen, wie Jin zu der
feuerroten Schönheit namens Ana hinüberging und eindrucksvoll von ihr
abgewimmelt wurde. Ja, mehr noch, schien das Subjekt seiner Begierde überhaupt
nicht glücklich über seine Anmache zu sein. Lu wollte gar nicht wissen, was Jin
diesmal wieder gesagt hatte. Er hatte schon genug von Dana mitbekommen, worüber er nur den Kopf schütteln konnte.
Ana jedenfalls machte ihn gerade gehörig zur Schnecke, während Jin immer
kleiner wurde und wäre es nicht so mitleiderregend gewesen, hätte Lu sicherlich
lauthals gelacht.
Doch als Jin kurz darauf wieder zu ihnen zurückkehrte, war
von Einsicht keine Spur zu sehen. „Die hat genauso wenig Ahnung wie Dana!“ Er
machte ein abfälliges Geräusch. Dann kehrte das blöde Grinsen auf sein Gesicht
zurück und Lu wusste sofort, dass das nicht gut für ihn ausgehen würde. „Also,
dann bist du jetzt dran!“
Davon
war nie die Rede gewesen! Aber für Jin war es wohl offensichtlich klar, dass Lu
sich jetzt bei dem angeblich schwierigen Mädchen versuchen würde, an dem er
zuvor noch gescheitert war. Wahrscheinlich wollte er sich nur über ihn lustig
machen, wenn Ana ihn ebenfalls zur Sau machte.
Doch Lu kam nicht einmal dazu, seine Meinung kundzutun.
Im nächsten Moment brach Jin in schallendes Gelächter aus. „Du traust dich
nicht, was? Hast wohl Angst vor Frauen! Feigling!“
Er
lachte noch eine ganze Weile und auch Tanna schien nichts mehr von ihm zu
erwarten. Sie gähnte genüsslich und verkündete dann, nach Hause zu gehen.
Soviel dazu, dass sie Vorräte brauchten. Auch Lenn hatte sich inzwischen von
ihnen abgewandt und zu fischen begonnen. Unter Jins schadenfrohem Lachen machte
sich Tanna davon.
Sie alle erwarteten nichts anderes von Lu, als dass er kniff. Und das ärgerte ihn. Er war kein Feigling! Er hatte keine Angst vor Frauen! Er wollte nicht jagen gehen, ja, wollte sich nicht paaren, aber er hatte vor nichts davon Angst!
Sie alle erwarteten nichts anderes von Lu, als dass er kniff. Und das ärgerte ihn. Er war kein Feigling! Er hatte keine Angst vor Frauen! Er wollte nicht jagen gehen, ja, wollte sich nicht paaren, aber er hatte vor nichts davon Angst!
„Fein! Ich werde dir zeigen, wie man es richtig macht!“,
verkündete er also genervt.
Doch
sein Mut bekam sogleich einen Dämpfer, als Jin das so überhaupt nicht zu
kümmern schien. „Bitte! Versuch dein Glück!“ Er nahm ihn nicht ernst.
Er glaubte nicht einmal daran, dass er es schaffen würde. Und plötzlich war da
doch eine merkwürdige Angst in Lu.
Als
Jin ihn ansah, setzte Lu seine wütende Maske wieder auf, aber innerlich
war er nach wie vor zerrüttet. Was war nur los mit ihm? Er hatte nie Probleme
damit gehabt, mit Frauen zu reden. Vor
allen Dingen, da er kein Interesse daran hatte, sich mit ihnen zu paaren. Das
war nach wie vor so, aber seine Beine waren dennoch weich, als er zu Ana
hinüberging. Er musste unterwegs ein paarmal schwer schlucken, um den Kloß in
seinem Hals herunter zu bekommen. Doch es war vergeblich.
Als Ana ihn aber erblickte, sah sie ihm unwillig entgegen
und das beruhigte Lu merkwürdigerweise so weit, dass er wieder sprechen
konnte. Aber was sollte er sagen?
Also stellte er sich erst einmal vor und sagte dann: „Ich wollte mich für meinen Bruder entschuldigen.“ Wie sich herausstellte, hatte er anscheinend immer noch keine Probleme, mit Frauen zu reden. „Ich weiß nicht, was er zu dir gesagt hat, aber wie ich ihn kenne, war es sicherlich etwas total Dämliches und Unpassendes.“ Er konnte es aber auch nicht lassen, Jin ein wenig in Misskredit zu bringen. Dafür hatte der Jüngere ihn einfach zu sehr geärgert. „Er ist nicht der Hellste, weißt du.“
Also stellte er sich erst einmal vor und sagte dann: „Ich wollte mich für meinen Bruder entschuldigen.“ Wie sich herausstellte, hatte er anscheinend immer noch keine Probleme, mit Frauen zu reden. „Ich weiß nicht, was er zu dir gesagt hat, aber wie ich ihn kenne, war es sicherlich etwas total Dämliches und Unpassendes.“ Er konnte es aber auch nicht lassen, Jin ein wenig in Misskredit zu bringen. Dafür hatte der Jüngere ihn einfach zu sehr geärgert. „Er ist nicht der Hellste, weißt du.“
Ana legte daraufhin ihre Angel zur Seite und begann zu
kichern. Lu war erleichtert.
„Ja, das war wirklich blöd. Aber ist nicht weiter schlimm. Ich kenne solche Kerle schon.“
„Ja, das war wirklich blöd. Aber ist nicht weiter schlimm. Ich kenne solche Kerle schon.“
Dann
plötzlich stemmte sie eine Hand in die Hüfte und begann, ihn von oben bis unten
zu mustern. Jetzt fühlte sich Lu wieder unbehaglich.
„Aber du bist mir schon bei eurem Fest letztens aufgefallen. Du scheinst in Ordnung zu sein.“
Oh, ja, jetzt war er beunruhigt.
„Also gegen dich hätte ich ja nichts.“
Nein, ihm gefiel überhaupt nicht, in welche Richtung dieses Gespräch ging.
„Aber du bist mir schon bei eurem Fest letztens aufgefallen. Du scheinst in Ordnung zu sein.“
Oh, ja, jetzt war er beunruhigt.
„Also gegen dich hätte ich ja nichts.“
Nein, ihm gefiel überhaupt nicht, in welche Richtung dieses Gespräch ging.
Sie wandte sich ihm vollends zu. „Du suchst nicht gerade
zufällig jemanden, oder?“
Lu
ging auf Abstand. Er wollte alles andere, als jetzt tatsächlich auch noch
Erfolg bei Ana zu haben. Sicher, er hatte sich vorhin noch groß aufgespielt,
aber momentan wollte er doch lieber später Jins Hohn über sich ergehen lassen,
als plötzlich eine Frau an der Backe zu haben.
Doch noch während er sich überlegte, ob er Ana einfach
anlügen oder sie vorsichtig abweisen sollte, geriet Jin in sein
Blickfeld. Und zu seiner unendlichen Genugtuung konnte Lu feststellen, dass
Jin doch tatsächlich überrascht war. Ja, er sah sogar aus, als würden ihm
beinahe die Augen vor Ungläubigkeit aus dem Kopf fallen. Er hatte überhaupt
nicht damit gerechnet, aber Lu, den er immer nur verhöhnt hatte, hatte Erfolg
gehabt, wo er versagt hatte. Das konnte Lus große Stunde werden. Seine Chance,
es Jin heimzuzahlen.
Also wandte er sich wieder an Ana und sagte etwas so
Dummes, das es fast schon von Jin hätte kommen können: „Bei dir sage ich nicht
nein.“
Schon
als es seinen Mund verlassen hatte, wollte Lu nichts lieber, als die Zeit
zurückzudrehen und sich selber dafür eine saftige Ohrfeige zu verpassen. Er
konnte nicht fassen, was er gerade gesagt hatte. Auf was hatte er sich da nur eingelassen?
Natürlich
war Ana geschmeichelt. Ein Lächeln breitete sich auf ihrem Gesicht aus und sie
kam näher. Viel zu nahe, für Lus Geschmack. „Wie wäre es, wenn wir zwei uns
dann vielleicht eine ruhige Ecke suchen würden?“
Ja, er konnte nicht fassen, was er da losgetreten hatte.
Aber was sollte er tun? Er konnte jetzt nicht einfach kneifen. Jin würde ihm
das ewig vorhalten und Ana wollte er auch nicht verletzen. Aber es musste sein.
Nur nicht hier. Nicht vor all den anderen.
Also
folgte er Ana, die ihn zum anderen Ende des Strandes führte. Der Weg dorthin
kam ihm viel zu kurz vor und es war, als sei er unterwegs, um sich mit einem
Rudel hungriger Wölfe anzulegen. In seiner eigenen Panik bemerkte er nicht
einmal, wie Jin ihnen in nicht sehr sicherem Abstand folgte. Doch Ana schien
ihn auch nicht zu bemerken.
Als sie schließlich eine einigermaßen sichtgeschützte
Ecke erreicht hatten, blieb Ana wieder stehen und Lus Herz tat es ihr beinahe
gleich. Sie drehte sich um und erwartete ihn. Sah ihn an. Wartete. Und Lu
konnte nichts anderes tun, als auf seine Füße zu starren und angestrengt zu
überlegen, was er nun tun, was er sagen sollte.
Und
dann schließlich fasste er einen Entschluss. Er hatte sie abweisen wollen, aber
tief drinnen wusste er, dass es irgendwann geschehen musste. Seine Mutter
hatte noch nicht angefangen, ihn zu drängen, aber er hatte schon das ein oder
andere Mal gehört, wie sie mit jemandem darüber gesprochen hatte, dass sie sich
Sorgen machte. Sorgen, dass Lu überhaupt keine Anstalten machte, sich zu
paaren. Er wusste, dass es falsch war. Er wusste, dass er es irgendwann tun
musste. Aber er hatte sich bislang nie dazu überwinden können. Es war wie mit
der Jagd. Etwas, das ihn anders machte als alle anderen. Und er wollte das
nicht mehr. Er war es leid. Die Blicke, die Worte. Jin, der ihn andauernd
bedrängte.
Also ging er Ana entgegen, als die schließlich auf ihn
zukam. Der Kloß in seinem Hals war verschwunden und in seinen Magen gerutscht,
aber er ignorierte ihn nach besten Willen. Die Stimme, die in seinem Kopf
unaufhörlich schrie, dass es falsch war. Dass er aufhören sollte. Er griff nach
Anas Armen, ließ sie wieder los. Dann machte sie den ersten Schritt und ihre
Lippen trafen sich. Es fühlte sich so falsch an.
Trotzdem
lächelte er. Er lächelte auch noch, als sie ihn weiter berührte. Als sie
anfing, sich auszuziehen. Warum nur konnte sie nicht warten? Er wollte die
Stimme in seinem Kopf niederschreien, aber er blieb stumm und versuchte,
weiter zu lächeln. Doch sein Lächeln wurde immer schiefer, immer falscher. Es
war zum Heulen.
Und als sie schließlich nackt vor ihm stand, war es vorbei.
Er konnte nicht mehr. Er wollte das nicht mehr. Wollte nicht mehr sich oder sie
belügen. Er wollte sie abweisen, wollte es erklären, aber alles, was er tun
konnte, war, sie anzustarren.
Dann
stand sie wieder vor ihm und hatte die Arme um ihn gelegt. Sie küsste ihn
erneut, aber es fühlte sich an, als hätte sie ihn im Schwitzkasten. Als würde
sie ihm jegliche Luft zum Atmen nehmen.
Als er ihre Finger an seiner Hose spürte, stieß er sie
schließlich von sich. „Ich…
kann nicht. Tut mir leid!“, war alles, was er herausbekam.
Dann war er herumgewirbelt und war gerannt, als wären zehn Bestien hinter ihm her. Er hatte sie einfach stehen gelassen. Er konnte nicht fassen, dass er das getan hatte.
Jin derweil zuckte ertappt zusammen, als Lu splitterfasernackt direkt an ihm vorbeilief. Er hatte es sich gerade bequem gemacht, um ein wenig zu spannen, als es schon wieder vorbei gewesen war.
Doch anscheinend schien Lu ihn nicht gesehen zu haben. Zumindest rannte er geradewegs an ihm vorbei. Er hatte Ana, die noch immer ohne Kleider an Ort und Stelle stand, und die gerade überaus wütend aussah, stehen gelassen und war davongelaufen. Und Jin konnte nicht glauben, dass er das getan hatte. Er hätte alles getan, um endlich eine Frau zu kriegen und Lu, der Vollidiot, lief einfach kurz vor der Paarung davon.
Dann war er herumgewirbelt und war gerannt, als wären zehn Bestien hinter ihm her. Er hatte sie einfach stehen gelassen. Er konnte nicht fassen, dass er das getan hatte.
Jin derweil zuckte ertappt zusammen, als Lu splitterfasernackt direkt an ihm vorbeilief. Er hatte es sich gerade bequem gemacht, um ein wenig zu spannen, als es schon wieder vorbei gewesen war.
Doch anscheinend schien Lu ihn nicht gesehen zu haben. Zumindest rannte er geradewegs an ihm vorbei. Er hatte Ana, die noch immer ohne Kleider an Ort und Stelle stand, und die gerade überaus wütend aussah, stehen gelassen und war davongelaufen. Und Jin konnte nicht glauben, dass er das getan hatte. Er hätte alles getan, um endlich eine Frau zu kriegen und Lu, der Vollidiot, lief einfach kurz vor der Paarung davon.
Jin konnte nicht verstehen, warum Lu das getan hatte. Er
hatte lange nachgedacht und einfach keine Antwort gefunden. Also war er Lu
nachgelaufen, um es herauszufinden. Da er noch immer der Schnellste war, hatte
er den Fliehenden bald wieder eingeholt. Als er ihn fand, sah Lu so aus, als
könnte er selber nicht glauben, was er gerade getan hatte. Er hatte sein
Gesicht in den Händen verborgen und reagierte nicht.
„He,
Blödmann! Was sollte das denn gerade?“ Doch Lu ignorierte ihn weiterhin.
Das ärgerte Jin. Also trat er an den Anderen heran und
schubste ihn. Daraufhin erwachte Lu endlich aus seiner Starre und wandte sich
ihm zu. In seinem Gesicht stand eine Wut geschrieben, die Jin dort, ehrlich
gesagt, nicht erwartet hätte. Nicht, dass ihn das auch nur im Geringsten
kümmerte.
„Ich
hab dich was gefragt, also antworte gefälligst! Warum rennst du denn weg, wenn das Mädchen bereit war, sich mit dir zu paaren? Bist du bescheuert?“ Es machte ihn so unglaublich wütend, dass Lu etwas mit
Füßen trat, was er haben wollte.
Lu war bislang immer ruhig geblieben. Wenn er ihn
angegangen war, hatte er höchstens mal verängstigt reagiert. Wenn überhaupt.
Doch diesmal war das anders. Diesmal war etwas ganz anders. Lu starrte ihn an,
als würde er ihm jeden Moment den Hals umdrehen.
„Was
ist eigentlich dein Problem, hä?“, fragte er schließlich. „Kannst du dich nicht
einfach um deinen eigenen Dreck kümmern und mich in Ruhe lassen?“
Sollte
das echt eine Frage sein? „Wenn du mal anfängst, dich wie ein normaler Mann
aufzuführen, dann lass ich dich auch in Ruhe.“
„Das
geht dich alles nichts an!“, gab Lu aufgebracht zurück. Es reichte ihm. Er
wurde immer lauter. „Und wenn ich den ganzen Tag nur auf der faulen Haut liegen
würde, geht dich das nichts an! Du bist nicht unser Stammesführer! Also bleib
mir endlich vom Leib und kümmere dich um deinen eigenen Kram, du dämliche Nervensäge!“
Damit
war Lu aber schließlich zu weit gegangen. Nicht, dass es wirklich viel brauchte, um
Jin gegen sich aufzubringen. „Sag mal, willst du dich etwa mit mir anlegen?“
„Ich
will mich nicht mit dir anlegen, ich will, dass du mich, verdammt noch mal, in Ruhe lässt!“
Jin
ballte seine Hand zur Faust. „Ich glaube eher, dass du mal ein bisschen Prügel
vertragen könntest, um normal zu werden!“
Etwas in Lu brannte durch, als er das hörte. Bevor er
wusste, was er tat, war er vorgetreten und hatte Jin die flache Hand ins
Gesicht geschlagen. Der war selber so überrascht davon, dass sie einen Moment
nichts anderes taten, als sich anzustarren.
Und dann ging Jin auf ihn los. Lu ging unsanft zu Boden
und er hatte keine Chance gegen das Gewicht des Anderen, als der sich auf ihn
setzte. Er hob seine Hand, um sich zu verteidigen, aber er wusste, dass es
sinnlos war.
Also
schloss er die Augen und erwartete den Schlag. Es war ihm alles so egal. Alles
war plötzlich so nebensächlich geworden. Der Knoten in seinem Bauch schwelte
noch immer und pochte ab und an widerlich. Aber dann war da nur noch Wärme. Er
entspannte sich. Wollte vergessen. Vielleicht war das nur ein Traum. Vielleicht
würde er bald erwachen und alles wäre wieder normal. Er hätte Ana nicht
abgewiesen und Tann wäre wieder da. Er wollte so sehr, dass Tann wieder da war
und ihn beschützte. So wie damals. Die Wärme breitete sich in ihm aus, lullte
ihn ein und er wurde schläfrig.
Plötzlich verschwand das Gewicht, das ihn niederdrückte. Die
Wärme erlosch und es blieb nichts, außer Kälte und einem dumpfen, schmerzhaften
Pochen an seiner Wange. Als er die Augen wieder öffnete, stand Jin mit weit
aufgerissenen Augen über ihm. Er hatte ihn geschlagen.
Aber
da war keine Genugtuung in seinem Blick. Keine Wut mehr. Nur Verunsicherung.
War das Angst in seinen Augen? Er starrte ihn an. Starrte hinab.
Dann hob er abwehrend die Hände und Ekel erschien auf
seinem Gesicht. „Bleib mir bloß vom Leib! Ich bin doch keine Frau!“, sagte er
nur.
Und
da kehrte der Knoten in Lus Magen zurück. Es durchfuhr ihn eiskalt, als die
Erkenntnis ihn traf. Als er endlich verstand, was los war. Er zog die Beine an
den Körper, versuchte es zu verstecken, auch wenn das nicht länger nötig war.
Der Schrecken hatte bereits dafür gesorgt.
Im nächsten Moment war Jin auf und davon. Als er ihm
nachsah, war es ihm beinahe so, als sehe er sich selber vor Ana davonlaufen. In
jeder anderen Situation hätte er über diese Ironie bestimmt gelacht, aber das
Lachen war ihm im Halse stecken geblieben.
Momentan schien es ihm eher so, als würde er nie wieder
lachen können. Er hatte schon bemerkt, dass etwas mit ihm nicht stimmte. Es
waren nicht die Frauen, die ihn nicht interessierten, sondern die Momente, in
denen er mit Tann am Strand gewesen war. Als der andere Junge sich ausgezogen
hatte. Das hatte etwas mit ihm gemacht. Etwas in ihm bewirkt, was keine Frau
bei ihm auslösen konnte. Und er wusste, dass das nicht normal war. Warum nur
war er so anders? Warum war er immer nur anders als alle anderen? Was nur
stimmte nicht mit ihm?
______________
Hier weiterlesen -> Kapitel 13
Menschen, die anders sind. Minderheiten. Sie wurden leider schon immer von anderen ausgeschlossen, verfolgt, gequält und getötet. Das war damals so und das ist sogar, trotz unserer angeblichen Aufgeklärtheit, heute noch viel zu oft so.
Ich könnte seitenlange über dieses Thema schreiben, aber da ich das schon in meiner Geschichte noch zur Genüge tun werde, bleibe ich gleich mal dabei und stelle die Fragen in den Raum: Was wird Lu jetzt tun? Wird er sich verleugnen und ein Leben in Lüge führen oder wird er zu sich stehen? Vor allen Dingen in einer Zeit, in der das wichtigste Überleben und Fortpflanzung zu sein scheint.
Menschen, die anders sind. Minderheiten. Sie wurden leider schon immer von anderen ausgeschlossen, verfolgt, gequält und getötet. Das war damals so und das ist sogar, trotz unserer angeblichen Aufgeklärtheit, heute noch viel zu oft so.
Ich könnte seitenlange über dieses Thema schreiben, aber da ich das schon in meiner Geschichte noch zur Genüge tun werde, bleibe ich gleich mal dabei und stelle die Fragen in den Raum: Was wird Lu jetzt tun? Wird er sich verleugnen und ein Leben in Lüge führen oder wird er zu sich stehen? Vor allen Dingen in einer Zeit, in der das wichtigste Überleben und Fortpflanzung zu sein scheint.
Dieses Kapitel war ziemlich schwierig für mich, zu schreiben. Ich finde es ja schon schwierig genug, aus Sicht des anderes Geschlechtes zu schreiben. Dennoch liegt mir dieses Kapitel am Herzen, wie mir auch Lu am Herzen liegt. Ihr wisst ja, dass er mein Lieblingssim ist. Leider gehen meine Lieblingscharaktere oft durch schwere Zeiten. Ich möchte echt nicht von mir gemocht werden...
Ich hoffe jedenfalls, dass ich gut rüberbringen konnte, was ich rüberbringen wollte.
Ana tut mir auch leid, aber ich mache es wieder gut bei ihr. Und was Jin angeht: Es bricht mir echt immer wieder das Herz, die beiden Brüder so zu sehen =(.
Ana tut mir auch leid, aber ich mache es wieder gut bei ihr. Und was Jin angeht: Es bricht mir echt immer wieder das Herz, die beiden Brüder so zu sehen =(.
Viel mehr möchte ich heute auch nicht dazu schreiben. Hab die nächste Zeit auch keine Outtakes. Passierte einfach nichts erwähnenswertes.
In dem Sinne, verabschiede ich mich und bis zum nächsten Mal!
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen