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Mittwoch, 17. Oktober 2018

Kapitel 69 - Sonnenuntergang



„Hol alle Tücher, die du finden kannst! Schnell!“, rief Armin, seine Stimme klang sorgenschwer und gehetzt.
    Rahn hörte die Worte, aber er verstand sie nicht. Sie drangen nicht zu ihm vor.


Alles, was er sah war Dianas schmerzverzerrtes Gesicht, das einfach nicht aufhören wollte, die Schmerzen der Geburt zu zeigen. Doch die Wehen waren längst vorüber, das Kind längst geboren. Aber das Blut, das gleich nach dem kleinen, schreienden Bündel in einem Schwall aus ihr herausgekommen war, wollte einfach nicht stoppen.
     Plötzlich entspannten sich die gequälten Gesichtszüge, wurden fahl und blass. Sie sah aus, als würde sie jeden Moment einschlafen, aber da öffneten sich die müden Augen wieder.
     „Wo ist mein Kind?“ Obwohl ihre Stimme schwach und leise war, war es, als hätte sie geschrien. Sofort erstarrten alle Bewegungen um sie herum. Armin hörte auf, Tücher auf die Blutung zu drücken und Tann fielen die Stoffballen aus der Hand, die er gerade geholt hatte. Nur ihre Mutter war noch immer an Ort und Stelle festgefroren. Hielt nur den kleinen Säugling in den Armen und starrte auf ihre Tochter hinab. Die Schreie des Kindes waren alles, was zu hören war.
    Schließlich drangen Dianas Worte auch zu Dana vor und sie kam, um das Kind vorsichtig an die Mutter zu übergeben. Sofort schlossen sich zwei Arme um das kleine Bündel, die müden Augen begannen zu funkeln.


 „Da bist du ja“, entwich es Dianas Lippen. „Wir… haben alle so lange auf dich gewartet, aber jetzt… bist du ja da. Ich bin so froh, dass es… dir gut geht… So glücklich, dass du da bist.“
     Sie drückte das Kind an sich, schloss die Augen und einen Moment hatten sie Angst, dass sie entschlafen war.
     „Du bist mein Herz!“, sagte sie schließlich. „Sei dir gewiss, dass ich dich… immer lieben werde!“
     Dann öffneten sich ihre müden Augen erneut und als sie Rahn trafen, sah er, dass es sie alle Kraft kostete, um wachzubleiben. Er zuckte zusammen, als sein Name fiel. Sofort hatte er die kleine Hand ergriffen, die sich so fürchterlich kalt anfühlte.


 „Unser Kind“, begann sie, „was ist es? Ein… Mädchen oder ein… Junge?“
     „Ein Junge“, hörte er sich erstickt sagen.
     „Wie… wollen wir… ihn nennen?“
     „Wie möchtest du ihn denn nennen?“, zwang er sich zu sagen.
     Sie schwieg einen Moment und er wünschte sich, dass sie weiter zu ihm sprechen würde. Dass sie nicht damit aufhörte. Damit sie nicht verstummte. Nicht einschlief. Sie durfte einfach nicht einschlafen!
     „Was… hältst du von… Nero?“
     Das Sprechen fiel ihr immer schwerer, ihr Atem ging nur noch stoßweise. Armin hatte inzwischen mit seiner Arbeit aufgehört und sie alle wussten, dass es zu Ende gehen würde mit ihr. Aber nur einen Moment noch, einen kurzen Moment, zwang er sich, tapfer zu sein. Ihr die Angst, die in ihn tobte, nicht zu zeigen.
     „Das ist ein schöner Name“, erwiderte er sanft.
     Ihr Gesicht verzog sich voller Schmerzen. „Ich… ich bin froh… dass er… da ist“, wiederholte sie. Plötzlich drückte sie seine Hand. Ein schwacher Druck, der ihn dennoch zusammenfahren ließ. „Rahn… bitte… versprich mir… dass du… dass du…“ Sie brach ab und wurde von einem erneuten Krampf durchgeschüttelt.
     „Sprich nicht Diana! Alles ist gut!“ Es war nichts gut. Nichts würde gut werden.
     „Nein!“, rief sie aus. Dann, ein letztes Mal, hatte er ihre blauen Augen auf sich gerichtet. Ein letztes Mal sah er das Leben in ihnen. Die Inbrunst, mit der sie ihn ansah. „Bitte!... Du musst… du musst mir versprechen… auf ihn…. aufzu…aufzupassen, Rahn… bitte… pass auf ihn auf… beschütz ihn… bitte… bitte… mein Kind… unser... Kind… Nero….“


Nero hörte auf zu weinen. Er hatte schon aufgehört zu weinen, als Diana ihn an sich gedrückt hatte. Aber auch jetzt, als die Hand, die ihn gehalten hatte, locker wurde und drohte, von ihm zu rutschen, weinte er nicht. Als das Leben aus Dianas Augen wich, huschten die Augen ihres Sohnes zu ihr, als hätte er es bemerkt. Aber er blieb still. Kurze Zeit später war er eingeschlafen.


Kaum, dass die klamme Hand, die er hielt, schlaff wurde, brach die Erkenntnis über die Umstehenden herein. Mit einem Aufschrei war Dana zu ihrer Tochter gestürzt, Tann erschien ebenfalls, und Rahn wurde zur Seite gestoßen. Er kam taumelnd auf die Beine, aber während er die Verzweiflung und die Tränen auf den Gesichtern der Anderen sah und hörte, erreichte es ihn nicht. Dianas Augen waren noch immer auf ihn gerichtet, auch wenn sie jetzt leer und leblos erschienen und er konnte es einfach nicht begreifen, dass das Leben nie wieder in sie zurückkehren würde. Dass Diana nie wieder mit ihm sprechen, lachen und weinen würde. Dass sie ihren Sohn nie würde aufwachsen sehen. Er war noch immer von der Erkenntnis verschont geblieben.


Doch als sie schließlich wie eine Welle brutal über ihn hereinbrach, fuhr ihm ein ungeheurer Schmerz mitten durch die Brust. Ein Knoten, der sich in seinem Herzen bildete, ihn kribbelnd heiß und kalt durchfuhr und bis in seine Arme strahlte. Er wankte, versuchte, auf den Beinen zu bleiben, aber die Sicht verschwamm ihm vor Augen. Er wollte Diana nicht gehen lassen, hatte Angst, dass er sie nie wieder sehen würde, wenn er die Augen schloss.
     Doch der Schmerz war zu groß. Die Luft wurde ihm genommen und dann überwältigte die Dunkelheit ihn. Er ging zu Boden.


Als er die Augen wieder aufschlug, befand er sich in einem vollkommen weißen Raum. Zuerst dachte er, draußen im Schnee zu sein, aber dann erinnerte er sich daran, dass er nicht draußen gewesen war und dass sie gerade gar keinen Schnee hatten. Er ließ den Blick schweifen, suchte nach einem Ausgang oder einem Anhaltspunkt, aber da war einfach nichts.
     Plötzlich wurde der ganze Raum blendend hell und dann hörte er jemanden hinter sich rufen. Sein Name fiel.


Er drehte sich um und da stand sie hinter ihm. Diana. Er war erleichtert, sie zu sehen und da erinnerte er sich auch wieder daran, was geschehen war, obwohl er es lieber vergessen wollte.
     „Diana!“ Mit einem Satz war er bei ihr und er hätte sie am liebsten an sich gedrückt, aber das tat er nicht. In ihrem Arm hielt sie ein merkwürdiges Ding, das vage an einen Bären erinnerte.
     „Da bist du“, sagte er erleichtert. „Die Götter seien gepriesen, dass ich dich gefunden habe! Du musst wieder mitkommen! Nero wartet auf dich.“


Doch sie schüttelte, zu seinem Entsetzen, den Kopf. „Das kann ich nicht. Ich bin tot.“ Sie zeigte auf den Bären. Aber ich habe Nero ein Geschenk mitgebracht.
     „Diana! Das…“, er ließ den Kopf hängen, „es tut mir so leid! Ich konnte dich nicht beschützen!“
     Da zerfurchte ein Lächeln Dianas junges Gesicht. Sie hatte nie aufgehört zu lächeln. „Sei nicht albern! Wie hättest du mich denn vor dem Tod beschützen können?“
      Er hatte keine Antwort darauf, aber er hatte eine Idee. „Ich weiß! Du gehst einfach zurück ins Leben und ich bleibe dafür hier!“
     Doch Diana sagte entschieden: „Nein.“
     „Warum nicht? Ich bin viel älter als du. Ich habe lang genug gelebt. Du aber hast noch dein ganzes Leben vor dir.“


„Ich bin aber tot. Du nicht. Und so soll es sein. Du kannst nicht hierbleiben, und ich will das auch nicht. Du musst zurückgehen. Nero braucht dich. Deshalb bin ich hier.“ Sie entfernte sich, stellte er mit Schrecken fest. „Du musst leben, Rahn! Deine Zeit ist noch nicht gekommen, als stirb mir nicht, hörst du? Versprich mir, dass du lebst und für Nero da bist, ja? Denn ich kann das nicht mehr. Er hat nur noch dich. Also liebe ihn für uns beide und pass auf ihn auf!“
     Sie war so weit weg. Entfernte sich immer weiter. Und er konnte sie einfach nicht mehr erreichen.   


Als er wieder erwachte, brauchte er einen Moment, bis er erkannte, dass er in seinem Bett lag. Doch er brauchte keine Sekunde, um sich daran zu erinnern, was geschehen war. Trotzdem blieb er noch eine Weile liegen und starrte einfach an die Decke über sich, die er in der Düsternis kaum ausmachen konnte, froh über jede Sekunde, die seine Gedanken nicht dahin zurückkehren würden, was geschehen war.
     „Oh, du bist wach!“, hörte er eine Stimme sagen und da war es vorbei. Er kehrte in die Wirklichkeit zurück. Als er den Kopf drehte, sah er, dass Akara neben ihm am Bett saß. In ihrem Schoß Nero, der gerade friedlich schlief.


 „Den Göttern sei Dank! Wir dachten schon, dass du gar nicht mehr aufwachst“, hörte er sie sagen, während er die Decke zurückschlug und die Beine über den Rand des Bettes schwang. Er fühlte sich vollkommen ausgelaugt. So, als wäre er gerade lange Zeit gerannt. Sein Kopf schmerzte fürchterlich.
     „Armin sagt, dass dein Herz schwach schlägt. Du solltest dich vielleicht noch etwas ausruhen.“
     „Es geht schon wieder. Wie lange habe ich geschlafen?“
     „Fast einen ganzen Tag.“


Er zögerte lange zu fragen: „Und Diana?“
     „Sie bereiten sie gerade auf die Totenfeier vor“, erzählte Akara unglücklich.
     Nur einen Moment erlaubte er sich, den Schmerz darüber erneut in sich aufflammen zu lassen, dann aber riss er sich zusammen und wandte sich Akara und seinem Kind zu.


 „Wie geht es ihm?“, wollte er wissen.
    „Oh, gut. Er ist ein liebes Kind.“
     Er streckte die Arme aus und Akara verstand und übergab Nero an seinen Vater. Es war merkwürdig, seinen eigenen Sohn in den Armen zu halten. Er hatte gewusst, dass der Tag wahrscheinlich kommen würde, seitdem Diana ihm gesagt hatte, dass sie schwanger war, aber es war trotzdem alles noch immer so irreal. Das kleine, wärme Bündel, das leicht und gleichmäßig atmete und einen ganz eigentümlichen Geruch von sich gab.
     „Danke, dass du dich um ihn gekümmert hast“, sagte er schließlich.
     „Lulu hat sich die meiste Zeit um ihn gekümmert.“
     Lulu hatte erst selber vor ein paar Tagen ihren Sohn Ragna entbunden. Er war froh, dass es dadurch wenigstens noch eine Frau gab, die Nero würde füttern können.


„Ich kann nicht so gut mit Kindern, aber…“, plötzlich würde Akaras Stimme schmerzvoll, „Diana war meine Freundin… Ich wollte auch etwas für sie tun…“
     Rahn wusste nicht, was er dazu sagen sollte. Er wusste nicht, was er zu irgendwem sagen sollte, dass Diana tot war. Dass sie tot war wegen ihm. Also schwieg er und sie schwiegen eine ganze Weile, bis sich Akara schließlich erhob.


„Ich sage dann besser Bescheid, dass du wach bist“, verkündete sie.
     „Ehrlich gesagt, wäre ich dir sehr dankbar, wenn du es noch für dich behältst. Ich gehe dann selber raus, sobald es mir etwas besser geht.“
     Akara nickte und sie ließ sich nicht zweimal bitten, die Chance zur Flucht zu ergreifen. Er war ja schon erstaunt, dass sie bislang so ausgeglichen gewesen war. Normalerweise sah sie immerzu verängstigt aus, wenn sie mit anderen zu tun hatte.


Er sah ihr noch einen Moment nach, schüttelte dann aber den Kopf, um die Gedanken loszuwerden, als die Tür hinter ihr ins Schloss fiel. Er konnte nicht ewig davor davonlaufen. Vor dem, was geschehen war. Also sah er auf sein Kind hinab. Das erste Mal, seitdem Nero geboren worden war, nahm er ihn in Augenschein. Betrachtete die feinen, schwarzen Wimpern und Härchen auf dem noch beinahe kahlen Kopf. Behutsam, damit er ihn nicht weckte, strich er über die Decke, die den Säugling einhüllte und ihn warm hielt.  
     „Tut mir leid, dass ich dich gleich allein gelassen habe“, sagte er schließlich leise zu seinem Sohn. „Aber ab jetzt werde ich dich nicht mehr allein lassen. Ich werde auf dich aufpassen und ich werde dich nach allen Kräften beschützen. Das verspreche ich dir! Ich wünschte nur… deine Mutter könnte dich jetzt sehen… könnte sehen, wie du aufwächst…“


Die Tränen kamen so unvermittelt, dass er keine Chance hatte, sie aufzuhalten. Als würde er ihn trösten wollen, schloss Nero da die Fingerchen um seinen Daumen. Er war noch so klein. Und während sein Sohn friedlich in seinen Armen schlief und ihn tröstend festhielt, gab sich Rahn schließlich seinen Tränen hin. 
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Hier weiterlesen -> Kapitel 70 

2 Kommentare:

  1. Ehrlich...du musst doch Rahn hassen. Seit dem du ihn eingeführt hast trittst du ihm literarisch nur in seine vier pixeligen Buchstaben. Waaaaaaaruuuum xD ???
    Demnächst geht er noch an eim Herzfehler oder so ein...am besten noch wegen dem Umtrunk dem ihm Diana gegeben hat um ihn abzuschleppen gegen seinen Willen. So frage ich dich, wirst du ihm auch einmal einfach Glück ham lassen? Vielleicht ihn selig & zufrieden mit Nero eine Familie sein lassen? Oder wird Nero ihn bei lebendigem Leibe abfackeln oder so xP !?

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    1. Grüß dich!

      Eigentlich hasse ich Rahn nicht, nein. Im Gegenteil. Ich hatte zwar etwas Startschwierigkeiten, mit ihm warm zu werden, aber inzwischen mag ich so gern, wie alle anderen auch. Finds aber spannend, dass du scheinbar der einzige meiner Kommentatoren bist, der sich mehr um Rahn, als um die verstorbene Diana Gedanken macht. Aber Rahn gegenüber hab ich auch ein bisschen ein schlechtes Gewissen, dass ich ihm all das antue :(, nachdem er so lange von mir missachtet worden ist.
      Ob ich ihn jetzt in Ruhe lasse, kann ich dir natürlich nicht verraten, ohne zu spoilern. Nur soviel, dass Rahn nicht wieder so einfach in der Versenkung verschwinden wird. Er wird mehr Screentime bekommen, als vor der Diana-Sache zumindest.
      Und nein, Nero hat weder vor, seinen Vater abzufackeln, noch werde ich ihn in die Nähe von Rom lassen, keine Sorge ^^'.

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