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Mittwoch, 12. September 2018

Kapitel 64 - Wolken vor der Sonne



‚Was für ein wunderbarer Morgen‘, dachte Tanja, als sie an diesem Tag, wie üblich, als Letzte erwachte. ‚Endlich mal keine doofe Diana, die einen gleich früh morgens mit ihrem nervigen Geschwätz empfängt. Gestern auf dem Fest hat sie mich glücklicherweise ja auch in Ruhe gelassen. Klebte die ganze Zeit über an Rahn. Vielleicht hat sie es ja endlich geschafft und er hat sie jetzt am Hals und ich bin sie endgültig los.‘


‚Nur schade, dass der blöde Elrik zu geizig war, um Alin zum Fest einzuladen. Dann wäre es wenigstens auch für mich interessant geworden. Stattdessen musste ich mir die ganze Zeit Mutters Genörgel anhören.‘ 
     Bei der Erinnerung daran wurde ihre Laune doch ein ganz kleines bisschen schlechter. Da half auch der strahlend blaue Himmel nicht, der sie erwartete, als sie nach draußen trat.        
     ‚Und Vater stand die ganze Zeit über da und hat uns angeglotzt wie so ein Blödmann. Das kotzt mich voll an, dass er so ein elender Feigling geworden ist, dass er sich nicht mal traut, mit uns zu sprechen. Kein Wunder, dass Mutter nichts mehr von ihm wissen will. Er ist so schwach geworden.‘
     Jetzt war ihre Laune doch wieder dort angelangt, wo sie für gewöhnlich war. Der Anblick von Elrik, dem sie die Schuld daran gab, dass ihr Vater so ein Feigling geworden war, machte es auch nicht besser. Im Gegenteil. Plötzlich war sie wütend. So sehr, dass sie vergaß, auf ihre Schritte zu achten und böse auf dem Knöchel aufkam, der ihr schon Monate wehtat. Ihr Blick glitt zu Elriks nervendem Freund, dem sie wiederum die Schuld für ihr verletztes Bein gab, das einfach nicht heilen wollte, und damit war ihr Tag gelaufen.


Sie fluchte innerlich über den dämlichen Mistköter der dämlichen Nachbarn, als sie plötzlich auf etwas anderes aufmerksam wurde. Ein blauer Fleck in all dem Weiß des saukalten Schnees. Sie hasste Schnee. Das einzig Gute daran war, dass er ihren Fuß kühlte.
     Es war Diana, die da auf der Schaukel saß, die an dem abgestorbenen Baum bei den Pinkelbüschen hing. Seitdem sie denken konnte, hatte sie nie jemanden darauf sitzen oder damit schaukeln sehen. Kein Wunder, wenn man bedachte, wie widerlich es vor allen Dingen im Sommer hier riechen konnte. 
     Sie richtete ihre Gedanken wieder auf Diana, die aussah wie drei Tage Regenwetter. Eigentlich interessierte es Tanja nicht, was jetzt schon wieder mit der Nervensäge los war, aber es war wohl besser, wenn sie nachsehen ging.
     ‚Hat sich wohl nicht getraut, Rahn anzumachen‘, mutmaßte sie. ‚Dabei frage ich mich, was daran so schwer sein kann. So alt wie der ist, ist der doch froh, wenn der überhaupt noch eine Frau abkriegt.‘


„He, was ist denn mit dir los?“, fragte sie nicht wirklich aufrichtig interessiert, als sie ihre Halbschwester erreicht hatte.
     Diana zeigte zuerst überhaupt kein Anzeichen dafür, dass sie gehört hatte und auch als sie dann sprach, waren ihre Augen zu Boden gerichtet. „Ich hab was Blödes gemacht.“
     „Und was?“, fragte Tanja gereizt nach, als nichts mehr von Diana kam.
     „Ich hab… mit ihm geschlafen.“
     „Na das ist doch super!“ ‚Eklig trifft es wohl eher.‘
     Diana seufzte. „Nein, ist es nicht! Ich hab ihm was von Sens Kräutern ins Trinken gegeben und er hat nicht mitbekommen, wie ich…“
     Sie brach ab und einen Moment glaubte Tanja, dass sie anfangen würde zu heulen. Sie hätte es zumindest erwartet. Doch Dianas Augen blieben trocken.
     „Na und?“
     Dianas Blick zuckte überrascht zu ihr. „Jetzt ist er sauer auf mich!“, jammerte sie.
     „Der wird sich schon wieder einkriegen! Und dann probierst du es einfach noch mal, ihn zu verführen, wenn er es auch mitbekommt.“


Diana nahm sich die Zeit, aufzustehen, bevor sie antwortete. Ein Ruck ging protestierend durch die Schaukel und sie baumelte noch eine Weile leer vor und zurück. Noch immer fixierte Diana den Boden mit ihrer Trauermiene, die Tanja tierisch auf die Nerven ging.
     „Ich werde es nicht mehr bei ihm probieren“, verkündete sie plötzlich. „Ich gebe ihn auf. Das hätte ich schon von Anfang an tun sollen.“
     ‚Och nö!‘, lamentierte Tanja innerlich. ‚Dabei dachte ich, sie endlich von der Backe zu haben. Ich kann es gar nicht gebrauchen, dass sie mir wieder bei Alin in die Quere kommt.‘
     „Ach was, du darfst doch jetzt nicht aufgeben! Jetzt musst du erst recht rangehen! Ich kann dir ja auch Tipps geben, wenn du willst“, erklärte Tanja sich widerwillig bereit.


Plötzlich schob sich eine Wolke vor die Sonne und ließ es dunkel werden.
     „Nein. Dein doofer „Tipp“ hat ja erst dazu geführt, dass ich so was Dummes gemacht habe. Nur deswegen hasst Rahn mich jetzt“, erwiderte Diana bissig. Hörte sie da wirklich Vorwurf in Dianas Stimme?    
     „Ich dachte immer, dass du Ahnung von sowas hast“, fuhr sie fort, „aber das hast du anscheinend überhaupt nicht, nicht wahr? Du weißt überhaupt nichts von Männern!“
       Sie machte ihr tatsächlich Vorwürfe! Tanja brauchte einen Moment, bevor sie diese Frechheit verdaut hatte und zurückschießen konnte: „Ich habe sehr wohl Ahnung von Männern!“
      „Ach ja? Und deswegen hast du Wirt letztens ja auch stundenlang vollgemeckert. Das hat ihn bestimmt total beeindruckt!“, meinte Diana ironisch.


 „Ich will den ja auch gar nicht beeindrucken. Der interessiert mich gar nicht. Der kann sonst wo bleiben. Ich will keinen so langweiligen und potthässlichen Typen wie den, sondern einen richtigen Mann wie Alin.“
       Kaum, dass Tanja ihre Schimpftirade begonnen hatte, war Diana darauf aufmerksam geworden, dass sich ihnen jemand näherte und dass das ausgerechnet derjenige war, von dem sie gerade sprachen. Für einen Moment kam sie sich wie in einer schlechten Geschichte vor und sie wollte das gar nicht glauben, aber es war tatsächlich Wirt, der da jetzt hinter Tanja stehenblieb. Sein Gesicht war zwar so ausdruckslos wie eh und je, aber er hätte schon taub sein müssen, um nicht zu hören, was Tanja über ihn sagte. Und die achtete auch gar nicht auf die hektischen Gesten, die Diana nun vollführte, um ihr zu sagen, dass sie lieber die Klappe halten sollte.


Doch als Wirt im nächsten Moment kommentarlos an ihnen vorbeizog, wurde auch sie endlich auf ihn aufmerksam. Nicht, dass es sie sonderlich gestört hätte, dass Wirt ihre Worte gehört hatte. Im Gegenteil. Als sie ihn erblickte, schlich sich ein angewiderter Ausdruck in ihr Gesicht.
     „Du solltest ihm lieber nachlaufen und dich entschuldigen, Tanja“, sagte Diana, als Wirt schon den halben Weg zu seinem Haus zurückgelegt hatte.
     „Wieso sollte ich das denn tun? Dieser Idiot kann ruhig wissen, was ich über ihn denke. Das ist es schließlich, was auch alle anderen Frauen über ihn denken. Er sollte sich also lieber daran gewöhnen und akzeptieren, dass er allein verenden wird.“


Als Diana Tanja nun ansah, war es ihr, als würde sie einer Fremden ins Gesicht sehen. Als würde sie ihre Halbschwester in diesem Moment das erste Mal tatsächlich sehen. Das Gesicht arrogant und wutverzerrt, das war Tanja, wie jeder sie kannte, aber wie Diana sie bislang nie gesehen hatte. Für sie war Tanja immer ein Vorbild gewesen, ihre große Schwester, zu der sie aufgesehen hatte und der sie hatte nacheifern wollen. Doch jetzt erkannte sie, dass sie das gar nicht mehr wollte. Tanja war gemein, selbstverliebt und sie hatte eine widerliche Persönlichkeit.


Im nächsten Moment war Diana vorgetreten und hatte Tanja eine Ohrfeige verpasst, die so laut schallte, dass sie bestimmt noch von den Nachbarn gehört worden war. Es war genug. Es war einfach alles zu viel für Diana. Die Dinge, die geschehen waren, Rahn, der sie abgewiesen hatte und jetzt Tanja, die so widerlich und gemein war.


„Ich dachte immer, dass du ein guter Mensch wärst. Andere haben mir immer gesagt, dass du selbstsüchtig und wütend bist, doch ich wollte das nicht glauben. Aber anscheinend habe ich mich in dir getäuscht. Du bist einfach nur hässlich allen anderen gegenüber. Mit so jemanden will ich wirklich nicht befreundet sein.“ Sie wandte sich ab. „Du solltest wirklich mal darüber nachdenken, wie du bist, sonst bist du es nämlich, die allein verenden wird.“


Dann ließ sie Tanja, deren geschocktes Starren inzwischen wieder unverhohlener Wut gewichen war, einfach stehen. Auch wenn sie es nicht gewesen war, die ihn beleidigt hatte, würde sie gehen, um sich bei Wirt zu entschuldigen. Wut, Enttäuschung, Trauer, das alles begleitete sie dabei, während Schneeflocken begonnen hatten, sanft um sie herum zu Boden zu fallen. Aber für dieses schöne Schauspiel hatte sie heute überhaupt keine Augen mehr.


‚Ich frage mich, was es ist, das Rahn nicht an mir mag. Er war doch angeblich mal hinter Mama her und alle sagen mir, dass ich aussehe wie sie‘, wunderte sich Diana mit Blick auf ihre Mutter, die neben ihr gerade das Mittagsessen zubereitete. Wie oft in letzter Zeit war Diana zugegen, um von ihr zu lernen. Da Tanja und Jana überhaupt kein Interesse daran zeigten, das Kochen zu lernen, war sie die einzige Hoffnung für die kulinarische Zukunft des Stammes geworden.
     Doch heute waren ihre Gedanken woanders. Anstatt dabei zuzusehen, wie Dana das eingeweichte Einkorn mit den geschnittenen Kräutern vermengte, konnte sie nicht aufhören, die Gesichtszüge ihrer Mutter zu studieren und sie mit ihren eigenen zu vergleichen, indem sie ab und an einen verstohlenen Blick in den Wasserbottich warf, der sich neben ihr befand.


Als sie sich gerade fragte, ob Rahn die hellere Haut ihrer Mutter bevorzugte, wandte die sich aber plötzlich ab. Diana folgte ihr mit den Augen und sah, dass Akara des Weges kam. Dana fing sie ab und stellte sich ihr in den Weg, woraufhin Akara augenblicklich ein bisschen unbehaglich aussah. Das tat sie oft, wenn sie mit anderen zu tun hatte, war Diana schon aufgefallen.
     „Ich habe gehört, dass du heute wieder zum Händler gehst. Kannst du bitte schauen, ob er Kümmel im Angebot hat? Elrik hat gesagt, dass du ein bisschen Honig dafür nehmen kannst. Oh, und tu mir einen Gefallen und sag Rahn Bescheid, dass du gehst.“ Sie trat plötzlich einen Schritt an Akara heran, legte ihr eine Hand auf die Schulter und wiederholte: „Tu mir und ihm bitte den Gefallen, ja?“
     Dianas Magen verkrampfte sich bei diesem Anblick, nachdem ihr Herz sich bei der Erwähnung von Rahns Namen schon in ihre Kniekehlen verabschiedet hatte. Sie wusste, warum ihre Mutter darum bat. Sie alle hatten noch nicht vergessen, was Jana widerfahren war und sie wusste, wie vor allen Dingen Rahn sich deswegen noch immer Vorwürfe machte. Alin vertraute man zwar inzwischen allgemein, weshalb ein Beschützer überflüssig war, aber dennoch bestand Rahn noch immer darauf, die Frauen zu begleiten, wenn sie den Hof verließen. 
     Akara erwiderte Danas Bitte mit großen Augen, gleich einem erschrockenen Hasen, der jede Sekunde die Flucht ergreifen würde, dann nickte sie aber.


Das war dann die Gelegenheit für Diana, sich ins Gespräch einzuklinken. „Kann ich auch mitkommen?“ Als Akara sich ein Lächeln abrang, an ihre Mutter gewandt: „Darf ich?“
     Dana, die noch immer dachte, dass ihre Tochter sich in den jungen Händler verguckt hatte, nickte wohlwollend und sie konnte sich ein Grinsen dabei nicht verkneifen.


Also fand sich Diana kurz darauf warm eingepackt wieder draußen in der Kälte vor. Akara kam gerade aus dem Vorratsschuppen, unter ihrem Überwurf klimperten zwei Töpfe mit Honig und Gebräu gegeneinander. Und ihr folgte Rahn, bei dessen Anblick der Schrecken durch Dianas gesamten Körper jagte, bevor er sich in ihrem Magen zu einem festen Knoten verband. Sie wagte es kaum, ihm in die Augen zu sehen. Nicht, dass er sie auch nur eines Blickes gewürdigt hätte. Seitdem sie ihm am Morgen gestanden hatte, was sie getan hatte, war es ihr, als wäre sie Luft für ihn.
     Diana stand einen Moment wie angewurzelt und sie überlegte ernsthaft, einfach wieder umzudrehen. Sie beobachtete, wie Rahn zu Akara aufholte, ihr die Töpfe abnahm und die Beiden sich von ihr entfernten.
      ‚Ich muss es aber tun! Egal, ob es mir gefällt oder nicht‘, schalt Diana sich.
     Also holte sie tief Luft und lief den Beiden nach. Während sie zusammen zum Händler gingen, konnte sie ihren Blick dann schon wieder nicht mehr von Rahn nehmen.


Alin hatte sich inzwischen in der Nähe des Strandes, unweit des Hell-Hauses, niedergelassen. Man musste nur den Hügel hinabgehen und schon waren die beiden Zelte zu sehen, die beinahe über Nacht aus dem Boden gewachsen zu sein schienen. 
     Als sie den Platz vor den Zelten erreichten, wehte ihnen ein rauer, salziger Wind entgegen, der nach Meer und Feuer roch. Über besagtem Feuer briet ein junger Kerl mit blondem Haar, den sie hier noch nie zuvor gesehen hatten, gerade sein Mittagessen.
     Alin kam ihnen schon aus einem der Zelte entgegen und er empfing Akara und Rahn. Diana jedoch entschied sich, lieber im Hintergrund zu bleiben. Noch immer traute sie sich nicht, zu nah an Rahn ranzugehen.


Dafür stand aber plötzlich der blonde Junge vor ihr, während sie gerade begonnen hatte, die merkwürdig bunten Vögel zu beobachten, die aufgeregt gackernd durch den Schnee tapsten.
      „Hey, Schönheit! Wie wäre es denn mit uns? Ich bin zufällig noch auf der Suche nach einer netten Frau.“ Seine Stimme war so hoch, dass Diana sich sicher war, dass er sogar jünger noch war als sie. Dennoch zierte schon der Anfang eines Bartes sein Gesicht.
     „Ähm, nein danke, ich habe kein Interesse.“
     Er verzog den Mund, unterließ es aber zum Glück, sie weiter zu bedrängen „Schade! Aber wenn du es dir überlegst, weißt du ja, wo du mich finden kannst.“
     Dann ging er wieder an seinen warmen Platz am Feuer zurück. Er schien nicht wirklich an das kalte Wetter gewöhnt zu sein, wenn man seine leichte Kleidung so sah.


Diana war jedenfalls auch froh, als sie wenig später im Zelt Schutz vor dem kalten, feuchten Wind suchen konnte, der ihr glatt unter ihre dicke Kleidung zu kriechen schien. Aber dennoch war ihr auch ohne den Wind kalt. Da Akara damit beschäftigt war, sich von Alin die Stoffe zeigen zu lassen, die zu kaufen sie ursprünglich hergekommen war, war sie mit Rahn im Hintergrund allein zurückgeblieben. 
     Der ließ gerade den Blick über die zahlreichen Waren schweifen, von denen Diana kaum Notiz nahm. So, wie er von ihr keine Notiz nahm. Den ganzen Tag schon. Während Diana nur neben ihm stand und ihr dabei so elend zumute war, dass sie am liebsten auf der Stelle einfach umgefallen wäre. Ein Loch im Boden hätte es auch getan.


Aber schließlich erinnerte sie sich daran, weshalb sie hergekommen war. Sie seufzte und dann zwang sie sich, wie so oft die letzte Zeit, Rahn anzusprechen.
     „Rahn? Wegen vorhin… können wir darüber reden?“
     „Nein, Diana. Dazu habe ich dir bereits alles gesagt, was es zu sagen gab“, kam umgehend zurück. Er sah sie nicht einmal an, während er mit ihr sprach und das tat ihr so unglaublich weh.


 „Aber… aber…“ Plötzlich kamen ihr die Tränen. „Ich weiß, dass es falsch war, was ich gemacht habe, aber es tut mir doch leid!“
     Sie konnte nicht verhindern, dass die Tränen über die Ufer traten. Auch wenn sie ihren Kummer still und leise kundtat, waren ihre Worte versiegt. Sie hatte es versucht – sie hatte es wirklich versucht – aber sie wusste einfach nicht mehr, was sie noch sagen oder tun sollte, damit er ihr verzieh. Sie konnte es nicht ertragen, dass er sie hasste.
      Und ihre Tränen erreichten schließlich, dass Rahn sie nun doch noch ansah und er nachdenklich wurde. Wie sie da neben ihm stand und weinte, sah er in ihr das Kind, das er immer gesehen hatte. Damals, als sie kaum die Arme ihrer Mutter ausgefüllt hatte, als sie die ersten Schritte getan und die ganze Zeit mit ihrem hellen Lachen hinter ihrem Vater hergelaufen war. Das war es, wie er Diana immer gesehen hatte und das hatte sich auch nicht geändert. Deswegen hatte er sie schließlich abgewiesen. Weil sie ein Kind für ihn war. Aber obwohl er das alles wusste, behandelte er sie gerade überhaupt nicht so. Sie war noch so jung und hatte einen Fehler gemacht. Wie viele Fehler nur hatte er in ihrem Alter begangen? Wie viele Fehler beging er selbst jetzt noch? Gerade eben?


Er seufzte schwer. „Hör zu, Diana! Wenn du mir versprichst, so etwas nie wieder zu tun, werde ich dir verzeihen, in Ordnung?“, bot er schließlich an.  
     Diana schluchzte noch einmal, wischte sich über die Augen und dann nickte sie. Ihr Gesicht war noch immer umnebelt, aber das würde vergehen und die Sonne würde zu ihr zurückkehren. Da war er sich sicher.


Bevor er aber weiter über Diana nachdenken konnte, sah er plötzlich, dass Akara scheinbar von dem Jungen bedrängt wurde, der bislang draußen am Feuer gestanden hatte. Rahn hatte schon mitbekommen, dass Alin weggegangen war, kaum, dass Diana zu sprechen begonnen hatte. Scheinbar hatte der Junge die Chance genutzt, um sich an Akara ranzumachen.


Er gab Diana also ein Zeichen und ging zu den Beiden hinüber. Demonstrativ stellte er sich zwischen Akara und den Jungen. „Gibt es hier ein Problem? Belästigt er dich?“, fragte er die verängstigt aussehende Frau.
     Der Junge sah unschuldig drein und auch die Angesprochene hob nun beschwichtigend die Hände. „N-nein, es ist alles gut!“, log sie ganz offensichtlich.
     „Was hör ich da?“, schallte plötzlich Alins volltönende Stimme vom Zelteingang her.


Im nächsten Augenblick hatte er sich vor dem Jungen aufgebaut und ihm mit der flachen Hand einen Klaps auf den Hinterkopf verpasst. „Hör gefälligst auf, unsere Kunden zu belästigen und scher dich an die Arbeit! Nach dem Schneesturm gestern hast du genug damit zu tun, den Schnee von den Waren zu fegen!“
     Der Junge zog den Kopf ein und sah zu, dass er davonkam.


Als er fort war, wandte sich Alin mit einem entschuldigenden Blick an Akara. „Das tut mir wirklich leid! Der Junge weiß nicht, wohin mit seiner ganzen Energie. Ich hoffe nur, dass ich seinem Vater die Idee ausreden kann, dass er Händler werden soll. Dazu ist er nämlich überhaupt nicht geeignet. Er sollte lieber sesshaft werden und sich eine Frau suchen.“
     Auch der Lehrling musste sich im Folgenden entschuldigen und dann bekamen sie mehr Tuch als ausgemacht war, bevor es wieder Richtung Heimat ging.


Kurz bevor sie den Hügel erklommen, der zum Hell-Haus hinaufführte, rief Rahn jedoch Akaras Namen und brachte sie dazu, anzuhalten.
     „Und er hat dich wirklich nicht belästigt?“, fragte er erneut.
     Akara antwortete nur mit einem Kopfschütteln, aber ihr eingeschüchterter Gesichtsausdruck strafte ihrer Antwort Lügen.
     „Er hat es auch bei mir versucht“, sprang Diana ein, „aber ich habe ihm gleich gesagt, dass das nichts wird. Da ist er dann gegangen.“
     „Hast du ihm denn nicht gesagt, dass du nicht interessiert bist?“
     Akara zögerte einen Moment, bevor sie antwortete: „Ich… wollte nicht unhöflich sein.


„Das hat nichts mit unhöflich sein zu tun!“, erwiderte Rahn plötzlich so inbrünstig, dass Akara unwillkürlich zusammenzuckte. „So etwas kann gefährlich sein, Akara! Wenn du es nicht sagst, weiß es dein Gegenüber schließlich nicht, was du willst oder was du nicht willst! Du solltest so etwas deswegen immer sagen!“


Dann ließ er sie einfach stehen. Und Akara war ein wenig erschrocken von seiner heftigen Reaktion.
     „Habe ich... ihn verärgert?“, fragte sie vorsichtig an Diana gewandt, als Rahn schon halb den Hügel hoch verschwunden war.
     Doch Diana antwortete ihr nicht sofort. Stattdessen sah sie Rahn eine Weile schweigend nach und in ihrem Blick lag so viel Bedauern, dass Akara schlagartig etwas bewusst wurde.
     „Es macht ihn nur immer noch fertig, dass er Jana nicht beschützen konnte und deshalb will er verhindern, dass es noch einmal passiert“, antwortete Diana schließlich, bevor sie Rahn nachlief. Der war inzwischen stehengeblieben, um nachzusehen, wo seine beiden Begleiterinnen geblieben waren.


‚Diana ist also in Rahn verliebt‘, dachte Akara nur, bevor auch sie den Aufstieg den Hügel hinauf in Angriff nahm.  
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Diana hat also (endlich! endlich! endlich!) erkannt, dass Tanja nicht so gut und toll ist, wie sie immer angenommen hat. Das wurde auch allerhöchste Zeit. Nicht umsonst haben sich nach und nach alle Freunde (naja, zumindest der eine "Freund", den sie in Luis hatte) von ihr losgesagt. Und Rahn hat Diana verziehen, auch wenn das natürlich auch nicht einfach für ihn war/ist/sein wird.

Alin siedelt sich in der Gegend an, also habe ich ihn bei den Charakteren hinzugefügt und ich habe ich noch ein, zwei lustige/niedliche Bilder bei den Outtakes für euch.      

Nächstes Mal dann jagt Anya Diana einen gehörigen Schrecken ein und wir erfahren, ob die Geburt/en gut ausgehen werden.

Bis dahin, danke fürs Vorbeischauen und ich verabschiede mich! 

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