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Mittwoch, 6. November 2019

Teil 1 - Tannaharahna



Tara knetete nervös ihre Finger, lief auf und ab wie ein Luchs auf der Pirsch, und sandte unentwegt Blicke zur Feuerstelle hinüber, wo ihre Anführerin Luma vorm Feuer saß. Sie war die Einzige, der sie sich anvertraut hatte. Die Einzige, die es wusste. Konnte sie sie also jetzt um Hilfe bitten? Durfte sie das überhaupt, nachdem sie all die Jahre nicht für ihn dagewesen war?
     Sie war so auf die Gestalten vorm Feuer fokussiert, dass sie beinahe geschrien hätte, als sich ihr plötzlich eine Hand auf die Schulter legte. Es war Sen, dem sie nun ins Gesicht blickte.


„Was ist denn mit dir los? Du tigerst schon seit Stunden hier hinten herum.“
     Tara hatte keine Ahnung, was tigern bedeutete, aber sie war sowieso mehr um eine Antwort verlegen, als dass sie das hätte kümmern können. „Oh, es ist nichts! Es ist alles gut“, log sie schließlich.
     „Ist es wegen deinem Jungen?“, riet Sen jetzt, und ihr Herz blieb beinahe stehen.
     „Nein, mit Lu ist doch alles gut.“
     „Ich weiß. Ich habe gerade erst mit ihm geredet“, merkte er an. „Ich meine deinen anderen Jungen. Wie hieß er noch gleich? Tucks Sohn.“ Er überlegte. „Rahn, glaube ich.“
      Tara erstarrte augenblicklich, als der Name fiel, den sie vor so vielen Jahren selber vergeben hatte und der doch so lange schon ihren Mund nicht mehr verlassen hatte. Und dabei hatte er sie immer beschäftigt. Es hatte keinen Tag gegeben, an dem sie nicht an ihren ersten Sohn gedacht hatte. An dem sie nicht bereut hatte, ihn damals zurückgelassen zu haben.
      „Ich… ich weiß nicht, was du meinst“, versuchte sie mit einem schlechten falschen Lächeln. „Da musst du etwas falsch verstanden haben. Ich bin nicht Rahns Mutter.“
      „Du weißt schon, dass ich damals bei der Geburt dabei war, oder?“


Da fielen Taras Schultern schließlich mutlos herab und das immerzu fröhliche Lächeln, das sie schon all die Jahre über wie eine Maske trug, zerbrach. Für ihren Sohn Lu und ihre Tochter Tanna hatte sie stets gelächelt, aber es war niemals ganz echt gewesen. Denn seitdem sie ihren ersten Sohn verloren hatte, war nie wieder alles in Ordnung gewesen. Es hatte immer etwas gefehlt. Er hatte immer gefehlt.
      „Warum verleugnest du ihn denn?“, hörte sie Sen jetzt fragen, aber sie antwortete ihm nicht. „Er ist ein guter Junge, dein Rahn. Tapfer und ehrgeizig. Du schienst mir auch nie wie jemand, der sein Kind einfach so zurücklässt.“
      Damals hatte ihn das auch nicht gekümmert, aber jetzt war das anders. Jetzt, wo sie eine Familie waren. Das wusste auch Tara und deshalb sagte sie nun: „Es ist… kompliziert, aber wenn du mir versprichst, es für dich zu behalten und dich nicht einzumischen, werde ich es dir erzählen.“
     Vielleicht würde er auch wissen, was zu tun ist.


Denn sie hatte so eine Angst um Rahn. Jetzt, wo Dala gestorben war, und niemand mehr ihn würde schützen können vor ihm
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Es geschah viele Jahre zuvor...


„Wir haben das Ganze noch einmal besprochen, Tuck und ich“, sagte Dala, und endlich einmal hielt sie an. „Wir können dich nicht aufnehmen, so leid uns das auch tut, wenn du uns nicht sagst, woher du kommst und warum du von dort weggegangen bist. Das wirst du sicherlich verstehen.“
     Sie warf der anderen Frau, die erst am vorigen Tag in ihre Höhle gekommen war, einen bohrenden Blick zu, dass sie sich noch erbärmlicher fühlte, als sie es ohnehin schon tat.
     „Also?“
     Doch die Angesprochene schwieg, zog die Schultern nach oben und richtete den Blick zu Boden. Sie hatte nicht einmal ihren Namen verraten.


Dala setzte es nun fort, wie ein Raubtier um ihre bedrängte Beute herumzuschleichen. „Du kannst gern von hier fortgehen, aber ich sage dir, dass du da draußen niemanden findest, der dich aufnehmen wird. Nicht, wenn du tatsächlich etwas getan hast, um Minos zu verärgern.“
     Da erschrak die Andere gewaltig, und Dala lächelte berechnend.
     „Ja, ich weiß, dass du von seinem Stamm kommst. Was hast du also getan, hm? Bist du eines seiner Kinder? Oder eine seiner Frauen?“ Plötzlich erschien das Gesicht des Raubtieres direkt vor ihr. „Wenn du willst, dass wir dich aufnehmen, musst du uns schon die Wahrheit sagen. Du weißt, dass Minos ein… gefürchteter Mann ist.“
      Es stimmte. Minos war überall nur als „der Stier“ bekannt. Er war riesig und kräftig, und er trug den gewaltigen Schädel eines gehörnten Stieres als Trophäe auf dem Kopf, den er einst mit bloßen Händen bezwungen hatte. Sein Stamm war groß, und ebenso die Schar seiner Frauen und Kinder. Aber am größten war sein Jähzorn. Wenn er sie fand, würde er nicht milde mit ihr umspringen, das wusste sie. Deshalb war sie auch in diese abgelegene Gegend geflohen, in der Hoffnung, dass er sie hier nicht finden würde.


Dala zog sich nun wieder zurück. Ihr Gesicht lag im Schatten, aber dennoch konnte man die Enttäuschung in ihrer Stimme hören. „Wenn du nicht sprichst, dann musst du gehen.“
     Sie wandte sich ab, ließ sie zurück, und es erzielte genau die Wirkung, die sie sich erhofft hatte. Die Eingeschüchterte begann zu sprechen. „Ich sollte Feuerwache halten, aber ich habe nicht aufgepasst und das Feuer ist mir ausgegangen“, gestand sie.
     Das war in der Tat eine schlimme Sache. Das Feuer war überlebenswichtig und deshalb musste immer jemand da sein, der es mit Holz fütterte und darauf aufpasste, dass es nicht ausging, weil niemand wusste, wie man neues machen konnte. Erlosch es doch einmal, musste man neues Feuer von einem anderen Stamm besorgen, aber Minos hatte sich alle umliegenden Stämme zum Feind gemacht. Und selbst wenn sie irgendwie neues Feuer besorgt hätte, wäre es schon zu spät gewesen. Minos hätte ihr Vergehen längst bemerkt, und sie wusste, wie schrecklich seine Bestrafungen sein konnten. Flucht war die einzige Möglichkeit gewesen.


Dala sah sie eine ganze Weile lang schweigend an, bevor sie sagte: „Da hast du ganz schön Mist gebaut. Minos wird nicht erfreut darüber sein. Dich aufzunehmen bedeutet für uns alle Gefahr.“
     „Bitte! Du hast doch gesagt, ihr nehmt mich auf, wenn ich die Wahrheit sage!“
     „Ich sagte nichts dergleichen, aber sowieso: Minos ist mächtig. Und sein Stamm ist groß. Wenn du willst, dass wir dich schützen, muss sich das auch für uns lohnen.“
     Die Andere zog sich zurück. „Was wollt ihr, dass ich tue?“, fragte sie vorsichtig.
     „Ich will ein Kind“, offenbarte Dala unverblümt. „Und wenn du es mir austrägst, kannst du bleiben.“
     Da war die Flüchtige erstmal eine Weile still. Sie dachte nach, während Dala immer ungeduldiger wurde. Für die Frau eines Stammesführers war es eine Katastrophe, keine Kinder bekommen zu können. Das war allgemein bekannt.


„Ich will aber keine Kinder“, gab sie trotzdem zur Antwort.
     „Du sollst ja auch nicht die Mutter sein!“, fauchte Dala gereizt. „Ich werde es sein, und du wirst dich gefälligst davon fernhalten und so tun, als hättest du es nicht geboren!“
     „Na schön“, willigte die Flüchtige ein. Hauptsache, sie konnte bleiben.
     Da machte sich wieder ein zufriedenes Lächeln auf Dalas Gesicht breit. „Wie ist dein Name?“, fragte sie.
     „Tannaharahna.“
     „Von heute an wirst du Tara sein. Wir schneiden dir die Haare und du bekommst neue Kleider, und dann hältst du dich schön im Hintergrund.“
      Tara nickte zaghaft, dann fragte sie: „Und wer soll der Vater für das Kind sein?“
     „Mein Mann Tuck natürlich. Aber du wirst ihm nichts von unserer Abmachung erzählen, verstanden? Er will schon jetzt nicht, dass du bleibst, und ich muss zusehen, dass ich ihn überrede, dass du doch bleiben kannst.“


Das stimmt natürlich nicht. Tuck hatte sie freundlich empfangen, auch wenn er vorsichtig gewesen war. Er war schließlich das Oberhaupt des Zoth-Stammes und hatte die Verantwortung für alle anderen in seinem Stamm, und sie hatte sich über ihren Hintergrund ausgeschwiegen wie ein Grab. Sie hätte sonst wer sein können. Eine Diebin oder Mörderin gar.
      Aber trotzdem hatte Tuck sie über Nacht bleiben lassen und er hätte sie auch aufgenommen, wenn sie weiter geschwiegen hätte. Er war ein herzensguter, tapferer Mann, wie sie bald schon herausfinden sollte, und manches Mal sollte sie sich fragen, ob es nicht besser gewesen wäre, bei ihm zu bleiben. Nicht, dass Dala das zugelassen hätte.
     Dala, die das eigentliche Biest im Stamm war. Sie konnte freundlich, warm und liebevoll sein, aber auch gnadenlos und kaltherzig. Sie war eine berechnende Person, die andere, inklusive Tuck, nach ihrem Willen manipulierte, und Tara fiel an diesem Tag das erste Mal auf sie herein.


Auch tat Dala die nächste Zeit alles in ihrer Macht stehende, damit die andere Frau nicht ihren Platz an Tucks Seite einnahm. Sie sorgte dafür, dass Tara eine Außenseiterin im Stamm blieb.
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