Elrik fackelte nicht lange. Bevor man ihn auf dem
elterlichen Hof entdecken konnte, war er auch schon wieder verschwunden. Im
Schutz des Dickichts, in dem seine Leute für gewöhnlich ihre Notdurft zu
verrichten pflegten, gelangte er zum angrenzenden Rastplatz, von wo aus er in den Schatten des Hell-Hauses schlüpfte.
Er wusste,
dass Akara sich zu dieser Tageszeit um den Garten kümmerte, denn sie hatten sich danach immer zusammen davongestohlen. Auch jetzt
war sie auf den Beeten vorm Haus ihrer Familie zu finden. Und glücklicherweise war sie allein.
Dennoch spähte er zuerst vorsichtig um die Hausecke,
bevor er die Hände an den Mund legte, um leise nach ihr zu rufen. Sie ließ
augenblicklich von ihrer Arbeit ab und drehte sich ihm zu, doch sie sah so
überhaupt nicht erfreut aus, ihn zu sehen.
„Was willst
du hier? Du hast hier nichts verloren!“, rief sie aus der Ferne.
Er gab ihr
zu verstehen, leiser zu sein und deutete hinter sich. Obwohl sie nicht
aussah, als wollte sie ihm folgen, tat sie es dennoch.
Er brachte sie zur Rückseite des Hauses, wo normalerweise weniger Leute vorbeikamen, um sie zu entdecken.
„Ich habe eine
Idee, wie du vielleicht doch bei uns leben könntest“, begann er.
Akara
begnügte sich damit, ihn in Grund und Boden zu starren. Er wusste, dass sie ihn
nicht verlassen hatte, weil sie ihn nicht mehr leiden konnte, aber dennoch
verletzte es ihn, wie sie ihn ansah. So tödlich. So absolut ablehnend.
„Wenn wir ein
Kind zusammen hätten...“, fuhr er deshalb verunsichert fort.
„Spinnst
du?“, ließ sie ihn nicht mal ausreden. „Sag mal, hast du mir vorhin überhaupt
zugehört? Ich will gar nicht mehr bei euch leben!“
„Aber wenn du bei uns lebst, könnten auch die Anderen aus deiner Familie zu uns
kommen. Ich weiß, dass du ein schlechtes Bild von meinen Leuten hast, aber sie wollen ja bloß ihre Familie schützen. Das hast
du ja selber gesagt. Und wenn wir erst einmal ein Kind zusammen haben, wirst du
auch zur Familie gehören, und deine Familie gehört dann natürlich auch dazu.“
„Das ist doch
bescheuert! Ich werde in dieser Situation ganz sicher kein Kind mit dir
bekommen! Du sagst das alles, aber weißt du auch sicher, dass es so ist? Was
ist, wenn sie nichts von dem Kind wissen wollen? Was ist, wenn sie anzweifeln,
dass es deines ist? Und hast du schon einmal daran gedacht, wie mein Vater
reagiert, wenn er sieht, dass ich schwanger bin? Und das vom Sohn seines
Feindes?“ Sie schüttelte den Kopf. „Nein, Elrik, das wird nicht passieren! Ich
werde nicht auch noch ein hilfloses Kind da mit reinziehen!“
„Aber Akara!” Er machte flehentlich einen Schritt auf sie zu, aber
sie wehrte ihn ab. „Ich will doch nur, dass du bei mir bist! Ich will dich doch
bloß beschützen! Ich liebe dich doch!“
„Ich brauche
deine Hilfe aber nicht! Halt dich gefälligst von mir fern oder du kannst mich
mal ganz anders kennenlernen!“
In ihren Augen war nur Ablehnung zu sehen, und die traf ihn mitten ins Herz.
In ihren Augen war nur Ablehnung zu sehen, und die traf ihn mitten ins Herz.
Er konnte nichts sagen, nichts tun, konnte sie nur gehen lassen, während sein Herz nun
endgültig in tausend Stücke zerbrach. Er hatte den Menschen, den er am meisten
auf dieser Welt liebte, verloren und er wusste nicht, was er noch tun konnte, um sie wiederzugewinnen.
Lu hatte Wulfgar seine bequeme Kleidung gegeben, während
die seine ausgebessert wurde, weshalb er an diesem Nachmittag in seiner Schamanentracht
unterwegs durch den Nebelwald zu den Blums war. Er hatte zwar die Bemalung aus
seinem Gesicht entfernt und den Hut abgelegt, aber die kostbare Tracht hatte er
notgedrungen anbehalten müssen.
Doch obwohl er
wusste, dass er vorsichtig sein musste, um sie nicht zu beschädigen, achtete er nicht einmal darauf,
wohin er trat. Schon das ein oder andere Mal war er deshalb an einem Gestrüpp oder einer Wurzel hängen geblieben. Denn seine Gedanken waren momentan ganz
woanders.
Plötzlich erschien jemand unmittelbar vor ihm, dass er beinahe mit ihm zusammenprallte. Es war Wulfgar, der
sich ihm in den Weg stellte und ihn damit zum Anhalten brachte.
„Hey, was ist denn los? Vorhin warst du noch so gesprächig, und jetzt sagst du plötzlich gar nichts mehr.“
„Hey, was ist denn los? Vorhin warst du noch so gesprächig, und jetzt sagst du plötzlich gar nichts mehr.“
Lu sah ihn überfordert an. Sollte er es ihm erzählen? Er hatte sich
die letzten Jahre über so sehr angewöhnt, sich niemandem mehr anzuvertrauen,
dass es ihm merkwürdig vorkam, seine Gedanken jetzt mit jemand anderem zu teilen.
Andererseits
hatten Wulfgars Worte ihm zuvor schon neuen Mut gegeben. Also fuhr er sich über
den Bart und erzählte: „Ich glaube, ich habe Elrik einen unglaublich dämlichen Rat
gegeben.“
Wulfgar
verbrachte einen Moment nur damit, ihn zu betrachten, dann sagte er: „Komm,
ich zeig dir meinen Lieblingsort hier. Da können wir uns hinsetzen und du
kannst mir alles erzählen.“
Lu wusste nicht, ob das überhaupt nötig war. Immerhin war
er nicht umsonst mit Wulfgar losgezogen, um dessen Elternhaus zu besuchen. Wulfgar
hatte ihm nämlich etwas Interessantes erzählt und das wollte er bestätigt wissen, bevor
er voreilige Schritte in die Wege leitete.
Dennoch folgte
er seinem Begleiter, als der abdrehte, um voranzugehen. Wenn Lu sich auf diese
unselige Sache konzentrieren wollte, musste er zuerst den Kopf von anderen
unnötigen Gedanken freibekommen. Und er war auch ein bisschen neugierig darauf,
Wulfgars Lieblingsort zu sehen. Zu hören, was er zu sagen hatte. Mit ihm allein
zu sein.
Es dauerte nicht lange, bis das Haus der Blums in der Ferne in Sicht kam. Doch anstatt darauf
zuzuhalten, bog Wulfgar nach links ab. Die Bäume standen hier immer weiter
auseinander, sie überquerten eine kleine Lichtung und erreichten
schließlich den Rand einer Klippe, die vor ihnen steil ins Meer abfiel. Der
Wind, der hier oben stark wehte, trug den Geruch von Salz und Fisch mit sich.
Als Lu an den
Rand trat, hatte er, trotz des trüben Wetters, eine atemberaubende Sicht übers Meer, das unter ihnen
unablässig gegen die Felsen peitschte und das von einem wolkenverhangenen
Himmel überspannt wurde. So wie es aussah, schienen Meer und Himmel kein Ende
zu haben, und Lu fragte sich, ob es nicht auch genau so war.
Ob Wulfgar wohl jemals ein Ende gesehen hatte?
Er konnte jedenfalls verstehen, dass sein Begleiter gerne hier oben war. Hier war es selbst ihm, als wäre er frei, als wären seine Sorgen so klein und unbedeutend im Vergleich zum Rest der Welt.
Er konnte jedenfalls verstehen, dass sein Begleiter gerne hier oben war. Hier war es selbst ihm, als wäre er frei, als wären seine Sorgen so klein und unbedeutend im Vergleich zum Rest der Welt.
Wulfgar hatte sich inzwischen im Gras niedergelassen und
er bedeutete Lu nun, ebenfalls Platz zu nehmen. Der Schamane zögerte erst, entschied sich dann aber dazu, dass ein paar Grasflecken es wert waren.
„Also, was ist
jetzt los? Was hast du Elrik geraten?“
Lu seufzte
schwer und schielte zu seinem Nachbarn. „Du hast ja inzwischen alles
mitbekommen, nehme ich an?“
Das hatte er. Während Lu mit Elrik gesprochen hatte, hatte er die Chance genutzt, von den Anderen auf den neuesten Stand gebracht zu werden. Das Meiste hatte er dabei von Lulu erfahren, während er ihr Essen gegessen hatte, das gar nicht so übel gewesen war. Ihre Erzählung war auf jeden Fall am objektivsten gewesen, soweit er das beurteilen konnt.
„Ich habe
Elrik geraten, dass er mit dem Mädchen, das er liebt und das sein Vater nicht
in seinem Haus sehen will, am besten ein Kind bekommen soll. Weil ich glaube,
dass Tanns Beschützerinstinkt seinem Enkel gegenüber größer sein wird, als sein
Hass auf die Nachbarn.“
Wulfgar schien
darauf zu warten, dass er fortfuhr und als er es nicht tat, fragte er: „Und?“
„Und?“ Lu hob
eine Augenbraue. „Nun, ich habe keinen Beweis dafür, dass es wirklich so sein
wird. Was ist, wenn Tanns Hass so groß ist, dass er das Mädchen lieber
umbringt, zusammen mit seinem Enkel, anstatt sie aufzunehmen und sie zu
beschützen? Nicht, dass ich das glauben würde, aber es wäre möglich. Nicht zu
vergessen, dass er einfach verweigern könnte, zu glauben, dass das Kind
von seinem Sohn ist. Und natürlich ist da nicht nur Tann, der ein
Problem darstellt, sondern auch der Vater des Mädchens. Der auch noch alles andere als gut zu seiner Familie zu sein scheint.“
„Tja, aber es
besteht auch die Möglichkeit, dass Tann sie aufnimmt und alle glücklich
werden.“
„Ja, aber
warum will ich nur nicht daran glauben, dass es so kommt?“, meinte Lu
unglücklich. „Ich hätte Elrik so etwas Riskantes niemals raten sollen. Wahrscheinlich gehen die beiden werdenden Großväter dann erst recht aufeinander los!“
Er verstummte und vergrub niedergeschlagen den Kopf zwischen den Knien.
Er verstummte und vergrub niedergeschlagen den Kopf zwischen den Knien.
„Du bist viel
zu pessimistisch. Weißt du, du kannst nicht immer wissen, wie etwas ausgeht.
Und manchmal muss man etwas wagen, um zu gewinnen. Sicher, manchmal
verliert man auch, aber es ist immer noch besser, als gar nichts zu tun.“
„Du sagst das
so einfach!“
„Ich sage das,
weil ich weiß, dass es so ist. Lass mich dir eine Geschichte darüber erzählen,
wie ich etwas riskiert habe und dabei mein neues Segelboot für mich entdeckte.“
Jetzt wurde Lu hellhörig. Es war ihm beinahe, als hätte
er das schon einmal erlebt. Und das hatte er auch irgendwie. Damals, als sie
zusammengesessen hatten und er Wulfgar gezeigt hatte, wie ein Boot aussah und
Wulfgar ihm dafür seine Geschichten erzählt hatte. Als er seine
Bestimmung als Schamane gefunden hatte.
„Als ich
damals von hier losgefahren bin, bin ich nicht sonderlich weit gekommen, wie du
dir vorstellen kannst“, begann Wulfgar und musste darüber selber lachen. „Du
kannst vom Strand aus sogar sehen, wo ich gleich wieder an Land bin. Ich bin deswegen dann viel über Flüsse, anstatt übers Meer, geschippert. Mein kleines
Ruderboot war einfach nicht für eine richtige Seereise geeignet.
Trotzdem habe
ich es immer wieder versucht. Und dabei strandete ich schließlich auf einer Insel. Ich hatte damals viel Glück. Mein Boot zerschellte an einem Riff, aber überlebte.
Die Insel
jedenfalls wurde von einem Stamm bewohnt. Die Leute waren gastfreundlich und
nahmen mich auf. Damals war der Häuptling des Stammes jedoch sehr
alt und es ging daran, seinen Nachfolger unter seinen Söhnen auszuwählen.
Traditionell wurde der nächste Häuptling durch ein Bootsrennen bestimmt. Auf
der Nachbarinsel, die unbewohnt war, wuchs eine Frucht, die es nur dort gab,
und wer sie zuerst zurückbrachte, wurde der nächste Häuptling des Stammes.
Der Häuptling
hatte zwei Söhne. Einer davon, der Ältere, war stark und mutig, aber nicht der Schlauste, und niemand traute ihm zu, dass er ein guter Häuptling sein würde. Der Jüngere wiederum, der schmächtiger war, war sehr erfinderisch, und die Leute mochten
ihn. Er hatte sogar ein neues Boot gebaut, an dem er ein großes Stück Stoff an
einer Stange befestigt hatte, damit es vom Wind übers Wasser getragen
wurde. Doch nach einem Unfall, hatte er es verworfen, es jemals wieder zu benutzen.
Dann geschah
es, dass der Vulkan auf der Nachbarinsel unerwartet ausbrach. Der Häuptling
entschied deshalb, das Rennen abzusagen und darauf zu warten, dass der Geist
des Vulkans sich wieder beruhigte. Doch der ältere seiner Söhne, der inzwischen das Segelboot des Jüngeren gesehen hatte, wusste, dass er verlieren würde. Also fuhr er
am eigentlichen Tag des Rennens heimlich los, um die Frucht von der anderen
Insel zu holen.
Natürlich war
das Wahnsinn. Schon allein die andere Insel zu erreichen, war beinahe
aussichtlos bei dem Feuerregen, der vom Vulkan niederging. Ganz zu schweigen
von dem Rauch, der einen kaum die eigene Hand vor Augen sehen ließ. Als wir
bemerkten, dass der Ältere fort war, ordnete der Häuptling deshalb bereits seine
Trauerfeier an, so sicher waren sie sich, dass er nicht lebendig zurückkehren
würde.
Da bin dann ich auf
den Plan getreten. Ich habe den jüngeren Bruder um sein Boot gebeten, und obwohl
mir alle davon abrieten, rüberzufahren, habe ich es trotzdem getan. Es war
natürlich schwierig und ich habe mehrmals gedacht, dass ich es nicht schaffen
würde, aber der Wind ging an diesem Tag so günstig, dass ich schnell in die
Rauchschwaden eintauchen, das Boot des älteren Sohnes finden und ihn retten
konnte. Und du wirst es nicht glauben; er hatte tatsächlich die Frucht bei
sich. Er war bis zur Insel gekommen und war auf dem Rückweg dann ohnmächtig geworden.“
Als Wulfgar
nicht weiter erzählte, fragte Lu gespannt: „Was ist dann passiert?“
„Ich habe ihn
natürlich zurückgebracht und sie haben ein Fest zu meinen Ehren veranstaltet. Und der
ältere Sohn ist dann der neue Häuptling geworden, auch wenn ich mir sicher bin,
dass sein jüngerer Bruder ihm mit Rat und Tat zur Seite stehen wird.
Aber das Wichtigste ist, dass ich etwas Riskantes gewagt habe und dadurch ein neueres und viel schnelleres Boot bekommen habe, das ansonsten wahrscheinlich niemals wieder zum Einsatz gekommen wäre. Ein Boot, mit dem ich sogar richtig übers Meer fahren konnte.“
Er hatte beim Erzählen bislang aufs Meer hinaus gesehen, aber jetzt sah er Lu wieder an und fügte hinzu: „Du siehst, dass es sich manchmal also auch lohnen kann, etwas zu tun, dass riskant oder total dämlich ist. Manchmal muss man einfach etwas wagen, um etwas zu gewinnen.“
Aber das Wichtigste ist, dass ich etwas Riskantes gewagt habe und dadurch ein neueres und viel schnelleres Boot bekommen habe, das ansonsten wahrscheinlich niemals wieder zum Einsatz gekommen wäre. Ein Boot, mit dem ich sogar richtig übers Meer fahren konnte.“
Er hatte beim Erzählen bislang aufs Meer hinaus gesehen, aber jetzt sah er Lu wieder an und fügte hinzu: „Du siehst, dass es sich manchmal also auch lohnen kann, etwas zu tun, dass riskant oder total dämlich ist. Manchmal muss man einfach etwas wagen, um etwas zu gewinnen.“
Lu betrachtete Wulfgar noch einen Moment länger, dann
riss er sich jedoch von seinem Anblick los und sah nun selber aufs Meer hinaus.
Er dachte eine Weile über Wulfgars Geschichte nach und kam schließlich zu
dem Schluss, dass er wohl ohnehin nichts weiter tun konnte, als abzuwarten, wie
es sich letztendlich entwickelte. Vielleicht geschah nichts, vielleicht würde
sein Ratschlag alles nur noch schlimmer machen, aber vielleicht würde er die Situation auch zum Guten wenden.
Dann jedoch
konnte er nicht verhindern, dass seine Gedanken abschweiften. Es
war schon zuvor das ein oder andere Mal geschehen, seitdem Wulfgar
zurückgekehrt war, auch wenn seine Sorgen ihn früher oder später immer wieder in die Realität zurückgebracht hatten. Dennoch war da eine Frage, die ihn einfach beschäftigte.
Er starrte nervös auf seine Hände. Durfte er so etwas überhaupt
fragen? Durfte er es überhaupt hoffen, nach allem, was er sich in der
Vergangenheit ihm gegenüber geleistet hatte?
„Du bist ja
ziemlich rumgekommen…“, hörte er sich selber sagen. „Hast du eigentlich nie
jemanden getroffen, für den du… nun ja… dableiben wolltest?“
„Naja, es gab
da diese eine Frau, mit der ich einmal versucht habe, ein Kind zu bekommen. Ich denke, wenn
sie schwanger geworden wäre, dann wäre ich dageblieben. Um mein Kind aufwachsen
zu sehen. Aber es hat nicht geklappt und da bin ich wieder fortgegangen.“ Er stockte. „Es ist eine ziemlich lange Geschichte,
musst du wissen.“
Lus Hände
wurden feucht. „Und was ist mit… anderen Männern? Hast du nie jemanden
getroffen, den du mochtest?“
Da war es
plötzlich so still, dass Lu den Wind pfeifen hören konnte. Er wagte nicht, zu
dem Anderen rüber zu sehen und so begnügte er sich damit, angestrengt auf seine
Hände zu starren und rot zu werden.
„Naja, ehrlich gesagt, bin ich nie irgendwo lange genug
geblieben, um das rauszufinden“, antwortete Wulfgar schließlich. „Es ist es ja
auch ziemlich schwierig, rauszufinden, ob ein anderer Mann an einem
interessiert ist oder nicht. Ich bin ja nicht der Beste in sowas, falls du
dich erinnerst.“
Lu war
erleichtert. Er wusste, dass er kein Recht dazu hatte, aber er war so unendlich
erleichtert, dass sich ein Lächeln auf seine Lippen setzte.
„Außerdem
hatte ich andere Dinge im Kopf.“
Jetzt konnte
Lu doch nicht verhindern, dass sein Blick irritiert zu Wulfgar huschte. „Du schienst
mir aber ziemlich daran interessiert zu sein, bevor du von hier weggegangen bist.“
„Habe ja auch
nicht gesagt, dass ich kein Interesse daran habe. Nur, dass ich anderes im Kopf
hatte.“ Wulfgar zuckte mit den Schultern und blickte zum Himmel hinauf.
„Vielleicht wollte ich mich auch nicht binden, um nicht bleiben zu müssen. Es
zog mich früher oder später immer wieder in die Ferne, egal, wo ich war.“
Als Lu das hörte, war es ihm, als hätte er ihm ins
Gesicht geschlagen. Sein Hals fühlte sich plötzlich zu eng an, um überhaupt zu
atmen, und für einen Moment war er sich sicher, dass sein Herz stehenbleiben
wollte.
Bedeutete das etwa, dass Wulfgar nicht bleiben würde? Dabei war er doch gerade erst wieder hergekommen! Lu wollte nicht, dass er wieder ging. Dass er ihn allein ließ. Er wollte, dass er hierblieb. Bei ihm. An seiner Seite. Er konnte sich nicht einmal vorstellen, dass er jemals ohne ihn gewesen war.
Bedeutete das etwa, dass Wulfgar nicht bleiben würde? Dabei war er doch gerade erst wieder hergekommen! Lu wollte nicht, dass er wieder ging. Dass er ihn allein ließ. Er wollte, dass er hierblieb. Bei ihm. An seiner Seite. Er konnte sich nicht einmal vorstellen, dass er jemals ohne ihn gewesen war.
Bevor ihm die
Tränen kommen konnten, hatte Lu seinen Blick wieder auf seine Hände gerichtet. Doch
obwohl er verhindern konnte, dass er weinte, wütete der Schrecken noch immer
ungehemmt in seinen Eingeweiden. Was sollte er nur tun, wenn Wulfgar wirklich
wieder gehen würde?
Da erschien das narbengegerbte Gesicht von Wulfgar plötzlich
vor ihm. Sein langes Haar, das inzwischen nicht mehr von der salzigen
Meeresluft kraus war, fiel ihm über die Schulter.
„Also, ich
weiß ja, dass du damals nicht wolltest, aber… naja… es sind inzwischen einige
Jahre vergangen und ich will nur sichergehen, also frage ich dich noch einmal…Nur
einmal und wenn du nicht willst, weiß ich Bescheid und werde nie wieder
fragen... Also…“ Er stockte und Lu musste erstaunt feststellen, dass er
verlegen aussah. „Ist deine Meinung immer noch dieselbe oder würdest du
inzwischen mit mir schlafen?“
Lu war
von dieser Frage vollkommen überrumpelt. Es war nicht so, dass er sich nicht
gewünscht hatte, dass Wulfgar noch immer Interesse an ihm hatte; es war nur so,
dass er nicht gerade jetzt damit gerechnet hatte. Jetzt, wo er noch immer mit
der Angst zu kämpfen hatte, dass Wulfgar wieder weggehen könnte. Deswegen war
ihm momentan auch alles andere als danach, mit ihm zu schlafen.
Dennoch
wusste er, dass, wenn er wollte, dass Wulfgar blieb, er ihm einen Grund dafür
geben musste. Etwas, wofür es sich zu bleiben lohnte. Lu wollte, dass Wulfgar
bei ihm blieb. Er liebte ihn, das war ihm inzwischen auch klar. Und wenn er
Wulfgar für sich gewinnen konnte, indem er mit ihm schlief, dann würde er das
eben tun.
Also schluckte er seine Angst runter, die seinen Magen
trotzdem weiterhin zum Rebellieren brachte, zwang sich ein Grinsen aufs Gesicht
und sagte: „Ich dachte schon, du würdest nie mehr fragen.“
Wulfgar sah
ihn nun mit großen Augen an. „Wirklich?“, fragte er.
Lus Stimme versagte, also blieb er still, um
sich nicht zu verraten, und nickte bloß.
Dann war ihm Wulfgar plötzlich so nahe, wie er ihm noch
nie zuvor gewesen war. Er spürte sein Herz schneller schlagen, spürte, wie ihm
das Blut in die Wangen schoss, aber dennoch ließ sich das flaue Gefühl in
seinem Magen einfach nicht ignorieren.
Als Wulfgar ihn schließlich küsste, versuchte er sich
darauf zu konzentrieren, aber er schaffte es nicht, den Gedanken loszuwerden,
dass er wieder gehen würde, und das ärgerte ihn.
Es war so anders, als damals mit Tann, der sich nur auf ihn eingelassen hatte, um ihn einen Gefallen zu tun. Das wusste er inzwischen auch. Wulfgar jedoch wollte es. Er wollte ihn. Aber Lu konnte es nicht einmal genießen. Er konnte es nicht genießen, den Menschen zu küssen, den er liebte. Er konnte seine Nähe nicht genießen. Nicht, in seinen Armen zu liegen. Als er das Gras unter sich spürte, und er konnte es auch nicht genießen, nach all den Jahren schließlich doch mit ihm zu schlafen.
Es war so anders, als damals mit Tann, der sich nur auf ihn eingelassen hatte, um ihn einen Gefallen zu tun. Das wusste er inzwischen auch. Wulfgar jedoch wollte es. Er wollte ihn. Aber Lu konnte es nicht einmal genießen. Er konnte es nicht genießen, den Menschen zu küssen, den er liebte. Er konnte seine Nähe nicht genießen. Nicht, in seinen Armen zu liegen. Als er das Gras unter sich spürte, und er konnte es auch nicht genießen, nach all den Jahren schließlich doch mit ihm zu schlafen.
Die Wolken hatten sich gelichtet und einen wunderschönen
Sternenhimmel preisgegeben, als Wulfgar und Lu sich schließlich wieder
voneinander gelöst hatten. Sie hatten kaum miteinander gesprochen und auch
jetzt sprachen sie nicht.
Lu schlüpfte in seine Sandalen. Er hörte, wie Wulfgar sich anzog, doch er wagte es nicht, ihn anzusehen. Es fühlte sich alles so irreal an.
Lu schlüpfte in seine Sandalen. Er hörte, wie Wulfgar sich anzog, doch er wagte es nicht, ihn anzusehen. Es fühlte sich alles so irreal an.
Erst, als er schließlich selber angezogen war und es
keinen Grund mehr gab, seine Hände anzustarren, zwang er sich dazu, Wulfgar
anzusehen. Und wie er befürchtet hatte, war da auch kein Lächeln auf dessen
Gesicht zu sehen. Er stand nur da, rieb sich unbehaglich die Hände und starrte
auf seine Füße. Und der Schrecken über diesen Anblick jagte ein weiteres Messer in Lus Herz.
„Hat es… dir
etwa nicht gefallen?“, wagte Lu nach einer Weile zu fragen.
Da schreckte
Wulfgars Blick nach oben und ein Grinsen zerfurchte sein Gesicht, das Lu schon eher erhofft hatte, da zu sehen.
„Doch, klar. Es
war klasse.” Dann verschwand das Grinsen jedoch wieder und Ausdruckslosigkeit kehrte
auf sein Gesicht zurück, auch wenn Lu sah, dass er versuchte, es zu verstecken. „Wir
sollten jetzt lieber nach Hause gehen. Es ist schon spät.“
Und er drehte sich um und ging davon. Während
Lu sich fragte, was gerade geschehen war. Was hatte er falsch gemacht? Hatte es
überhaupt mit ihm zu tun oder sah er nur Gespenster? Hatten sie nicht
eigentlich noch zum Hof seiner Eltern gewollt?
Und das
Allerwichtigste: Würde Wulfgar nun bei ihm bleiben oder würde er wieder gehen und ihn allein lassen?
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Hier weiterlesen -> Kapitel 44
Dieses Kapitel war für mich etwas schwierig, weil die Szene mit Wulfgar und Lu eigentlich ein bisschen anders laufen sollte, ich mich dann aber umentschieden habe. Ich hatte auch schon alle Bilder, musste nun aber den Text an die Bilder anpassen und das war ein wenig umständlich. Deswegen diesmal weniger Bilder mit mehr Text (zumindest für meine Verhältnisse).
Mittendrin hat mich dann auch noch eine riesige Schreibflaute frontal getroffen, dann war ich nicht zufrieden mit meinem Schreibstil (und bin's immer noch nicht), und so ist es gekommen, dass dieses Kapitel ein bisschen später als sonst kam. Ich hoffe auch, dass ich die folgenden Kapitel wieder regelmäßiger hinbekomme, aber seid gewarnt, dass meine Flaute noch immer meint, da sein zu müssen.
So, jetzt aber genug gejammert. Dafür gibt es jetzt ein paar Outtakes, die eigentlich noch von Elriks Fest stammen, das ich im Spiel aber erst zu diesem Zeitpunkt gefeiert hatte.
Da nächstes Mal mein Spiel meinte, ein unangekündigtes Ereignis mitten in meine Planung zu werfen (und mich dann auszulachen), weiß ich noch nicht so ganz, wie ich das nächste Kapitel aufziehe. Kann nur sagen, dass nächste Mal jemand zurückkehrt, dafür aber auch jemand geht.
Bis dahin verabschiede ich mich und danke fürs Vorbeischauen!
Hier weiterlesen -> Kapitel 44
Dieses Kapitel war für mich etwas schwierig, weil die Szene mit Wulfgar und Lu eigentlich ein bisschen anders laufen sollte, ich mich dann aber umentschieden habe. Ich hatte auch schon alle Bilder, musste nun aber den Text an die Bilder anpassen und das war ein wenig umständlich. Deswegen diesmal weniger Bilder mit mehr Text (zumindest für meine Verhältnisse).
Mittendrin hat mich dann auch noch eine riesige Schreibflaute frontal getroffen, dann war ich nicht zufrieden mit meinem Schreibstil (und bin's immer noch nicht), und so ist es gekommen, dass dieses Kapitel ein bisschen später als sonst kam. Ich hoffe auch, dass ich die folgenden Kapitel wieder regelmäßiger hinbekomme, aber seid gewarnt, dass meine Flaute noch immer meint, da sein zu müssen.
So, jetzt aber genug gejammert. Dafür gibt es jetzt ein paar Outtakes, die eigentlich noch von Elriks Fest stammen, das ich im Spiel aber erst zu diesem Zeitpunkt gefeiert hatte.
Da nächstes Mal mein Spiel meinte, ein unangekündigtes Ereignis mitten in meine Planung zu werfen (und mich dann auszulachen), weiß ich noch nicht so ganz, wie ich das nächste Kapitel aufziehe. Kann nur sagen, dass nächste Mal jemand zurückkehrt, dafür aber auch jemand geht.
Bis dahin verabschiede ich mich und danke fürs Vorbeischauen!
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