Dana war gegangen, um Jin die Wahrheit zu sagen. Doch
obwohl sie auf dem Weg zu den Blums immer wieder mit sich gehadert hatte und
mehr als nur einmal hatte umdrehen wollen, war sie in ihrem Entschluss
standhaft geblieben. Mit schmerzenden Beinen und kneifendem Kreuz hatte sie
sich durch den Nebelwald gequält, nur, um Jin dann letztendlich doch nicht
anzutreffen.
Wie sie
erfuhr, entschwand er die letzte Zeit des Öfteren in den Wald und blieb teilweise bis zum nächsten Morgen verschwunden, wenn etwas auf dem Hof
passierte, mit dem er nicht zurechtkam. Meistens also, wenn er mit Greta stritt. Oder es
zumindest versuchte, gegen sie anzukommen.
Letztendlich
hatte Dana deshalb nur die Blums getroffen und sie hatte nur die Möglichkeit
gehabt, mit Greta zu sprechen. Doch die war derart von der bevorstehenden
Geburt eines Kälbchens abgelenkt gewesen, dass Dana sie mehrmals darum hatte
bitten müssen, Jin am Folgetag zu ihr auf den Hof zu
schicken.
Seitdem
wartete sie. Seit Stunden. Vergeblich. Ihre Angst war inzwischen dabei, sich zu
überlegen, in Sorge umzuschlagen, als Tann neben ihr erschien. Er
war es auch, der schließlich aussprach, was sie befürchtete: Jin würde heute
nicht mehr kommen.
Derweil hatte Luma beschlossen, es auf eigene Faust zu
versuchen, das Problem mit den Nachbarn zu lösen, das ihren Sohn derart
belastete.
Tann war nach wie vor nicht bereit, das Gespräch mit ihnen zu suchen und Lu hatte es bislang nur geschafft, raren Kontakt mit dem alten Mann namens Cain zu halten. Doch seitdem der anscheinend krank war, war auch dies zum Erliegen gekommen. Von den anderen Männern wollte jedenfalls keiner mit ihm sprechen.
Tann war nach wie vor nicht bereit, das Gespräch mit ihnen zu suchen und Lu hatte es bislang nur geschafft, raren Kontakt mit dem alten Mann namens Cain zu halten. Doch seitdem der anscheinend krank war, war auch dies zum Erliegen gekommen. Von den anderen Männern wollte jedenfalls keiner mit ihm sprechen.
Also hatte
Luma beschlossen, es bei den Frauen zu versuchen. Wenn selbst eine Auszeit nicht half, die Gemüter zu beruhigen, musste sie das Problem eben an der
Wurzel angehen. Sie war schließlich einmal Stammesführerin gewesen und es war
an der Zeit, dass sie wieder etwas mehr Verantwortung für ihren Stamm übernahm.
Doch leider lief es überhaupt nicht wie geplant. Sie
hatte sich natürlich zuerst an die älteste der Frauen gehalten; mutmaßlich war
sie die Frau von diesem Dia. Doch anstatt mit ihr
zu reden, hatte die merkwürdige Frau sie nur ignoriert und weiter Löcher in die
Luft gestarrt.
Luma war
daraufhin etwas ungehalten geworden und als sie es anschließend etwas eindringlicher
versucht hatte, war das Ganze schnell zu einer waschechten Keilerei geworden. Sie hatte sich noch nie mit jemandem geprügelt, aber an diesem Tag, in ihrem
hohen Alter, verlor sie ihren ersten Kampf.
Natürlich bekam Tann später Wind davon und natürlich
ließ er das nicht auf sich sitzen. Er marschierte schnurstraks zu den unwillkommenen Nachbarn und legte
sich sogleich mit Dia an. Er hatte das
schon öfter getan, aber dass man
seine Mutter angriff, ging eindeutig zu weit, und die Situation wäre höchstwahrscheinlich auch eskaliert, wenn
nicht Lu wieder auf den Plan getreten wäre.
Doch anstatt zu intervenieren, hatte er eine Nachricht für den Stammesführer: Dana lag in den Wehen. Da Tann wusste, dass sich eine Geburt
dennoch hinziehen konnte, wollte er das erst nicht ernst nehmen, doch als er
das blasse Gesicht des Schamanen gesehen hatte, war auch er alarmiert
gewesen.
Also war er doch gegangen und er war froh darüber gewesen. Die Geburt zog sich über
Stunden hinweg und es war eine schwere Geburt. Und nicht nur einmal sah es
danach aus, dass Dana es nicht überleben würde. Man hatte sogar den
ortsansässigen Kräuterkundigen Armin, der seit einer Weile in der Gegend
wohnte, zu Hilfe holen müssen, und vielleicht war es nur seinem Wissen zu verdanken,
dass es Dana letztendlich doch schaffte.
Was man lange nicht über das kleine Mädchen sagen konnte,
das sie geboren hatte. Es brauchte viel zu lange, um überhaupt den ersten
Atemzug zu tun. Doch als es dann schließlich doch noch, wenn auch mit
schwacher Stimme, schrie, standen die Chancen gut, dass es überleben würde.
So hatte die
Geburt der kleinen Diana die erste, handfeste Auseinandersetzung zwischen dem
Uruk-Stamm und deren Nachbarn zu einem friedlichen Ende gebracht.
Dennoch ging dieser Zwischenfall an niemandem vorbei.
Nicht nur Luma war von dem Tag an, an dem sie mit der Frau der Hells
aneinandergeraten war, überzeugt, dass die neuen Nachbarn Böses im Schilde führten.
Endlich hatte Tann damit auch die Unterstützung seiner Leute, und er begann, Wachposten aufzustellen und sie im Kampf auszubilden.
Endlich hatte Tann damit auch die Unterstützung seiner Leute, und er begann, Wachposten aufzustellen und sie im Kampf auszubilden.
Die nächste Zeit wurde deshalb geschäftig und niemand
dachte mehr an die Sache mit Jana und Jin, weshalb das kleine Mädchen unbeschwert
heranwachsen konnte. Und als sie schließlich alt genug war, um mit den größeren
Jungs mithalten zu können, war sie Feuer und Flamme, sich zu beweisen.
Während Tann
mit Elrik und Aan zusammenstand, um über den ersten Jagdausflug zu sprechen, ging sie dazwischen und mischte sich ein. „Wann gehen wir denn
los?“, fragte sie, als wäre sie selber eingeladen worden.
„Wir? In nächster Zeit gehen wir wegen der Nachbarn erst einmal
nirgends hin, aber du bist sowieso
noch zu klein, um uns zu begleiten, Jana“, vertröstete Tann sie.
Er hatte sein
Lächeln aufgesetzt, das Jana schon von ihm kannte. Er benutzte es immer, wenn
er zu den Kleinen sprach. Zu denen, die er nicht ernst nahm. Doch Jana war kein kleines Kind mehr. Sie war sehr
wohl groß genug, um mit auf die Jagd zu gehen.
Doch bevor sie ihm das sagen konnte, hatte Tann ihr den
Kopf getätschelt, was Jana hasste, und war davongegangen, weil er ja noch so
beschäftigt war. Das war er dauernd. Er gab ihr gar nie die Chance, sich zu
beweisen.
Zurück blieb
sie mit den beiden Jungen. Aber sie hatte noch lange nicht aufgegeben.
Sie wandte sich also an Elrik, der ja der nächste Stammesführer sein würde, und sagte: „Gut, dann gehen wir einfach allein auf die Jagd.“
Sie wandte sich also an Elrik, der ja der nächste Stammesführer sein würde, und sagte: „Gut, dann gehen wir einfach allein auf die Jagd.“
Elrik sah so aus, als würde er nicht verstehen und Aan
lachte darüber nur.
„Du willst
jagen gehen?“, fragte er belustigt. „Du bist ein Mädchen! Du kannst nicht jagen gehen!“
Jana drehte
sich zu ihm um. Ihr Gesicht sprach Bände, was sie von seiner Aussage hielt, aber Aan
war noch immer zu sehr mit Lachen beschäftigt, um es zu merken. Und wie sehr
sein Lachen sie ärgerte.
Also schubste sie ihn, damit er aufhörte und holte dann
mit der Faust aus.
„Ich zeig dir gleich, was ein Mädchen alles tun kann, Blödmann!“, drohte sie.
„Ich zeig dir gleich, was ein Mädchen alles tun kann, Blödmann!“, drohte sie.
Der Junge,
der davon vollkommen überrumpelt war, stolperte erschrocken zurück und hob abwehrend die Hände, bevor sie noch auf die Idee kam, ihn wirklich zu schlagen.
„Ist ja gut!
Ist ja gut!“, beschwichtigte er. „Ich hab’s nicht so gemeint! Du kannst alles, was wir auch können,
in Ordnung?“
Jana trat zurück und bedachte Elrik mit einem Blick, ob
der nicht auch noch etwas Blödes dazu zu sagen hatte. Doch der sah eher so aus,
als hätte er gerade seine Zunge verschluckt.
„Gut, da wir
uns ja jetzt einig sind, werd ich meine Mama fragen, ob sie mit uns geht.“
Jana war zwar
mutig, aber nicht blöd. Sie wusste, dass es im Wald gefährlich war. Nichts, was
sie nicht schaffen konnte, aber sie traute es, ehrlich gesagt, den Jungs nicht
zu.
Und von ihrer Mutter wusste sie, dass sie selber schon
einmal auf der Jagd gewesen war. Dafür bewunderte Jana sie. Sie hielt große
Stücke auf ihre Mutter, die keinen Mann brauchte, um zurechtzukommen.
„Ich kann nicht mit euch jagen
gehen. Ich muss auf Diana aufpassen“, erteilte sie ihr jedoch auch eine Abfuhr.
Jana wusste
ja, dass ihre Mutter jetzt einen kleinen Schreihals mehr hatte und auch, dass
die Geburt sie ziemlich entkräftet hatte, aber dennoch war sie enttäuscht.
„Frag doch
mal Tann, ob er mit euch geht“, schlug Dana vor. Wenn sie mit Jana allein war, nannte sie Tann nie ihren Vater. Nur, wenn andere dabei waren, tat sie es.
Da konnte
Jana jedenfalls lange warten. Immerhin hatte Tann, den sie auch nie Vater
nannte, sie gerade eben ja schon auf irgendwann anders vertröstet. Wenn
überhaupt. Wahrscheinlich würde er sie auch nicht jagen gehen lassen. Weil sie
ein Mädchen war und so.
Also nahm es Jana selber in die Hand. Und Elrik konnte
sich schon denken, was los war, als Aan eines Tages aufgeregt zu ihm kam, während er gerade bei der Feldarbeit war. Nachdem er Jana
einmal ausgelacht hatte, war Aan derjenige gewesen, der am meisten dahinter
gewesen war, dass sie zusammen jagen gingen. Er war inzwischen hellauf von Jana
begeistert.
„Jana ist
fertig! Komm!“, verkündete er und Elrik wusste nicht, ob er sich darüber freuen
sollte oder nicht.
Aan war schneller wieder weg, als er gucken konnte, und
Elrik schaffte es erst, ihn bei den Pinkelbüschen einzuholen. Jana
wartete dort bereits auf sie.
„Es ist
fertig!“, rief Aan aufgeregt. „Los, zeig her!“
Jana ließ
sich nicht aus der Ruhe bringen. Unbeeindruckt ging sie zu dem großen Heuhaufen
hinüber, den sie für die Schafe angelegt hatten, und verschwand darin.
Und als sie wieder hervorkam, hatte sie doch tatsächlich
einen Bogen in der Hand. Einen Bogen in Miniaturausgabe zumindest. Und sie sah
mächtig stolz aus.
Elrik wusste,
dass Jana die letzte Zeit jede Möglichkeit mitgenommen hatte, um etwas über Waffenbau zu lernen. Natürlich hatte sie niemandem gesagt,
was sie vorhatte, aber letztendlich hatte sie dann Rahn dazu überreden können,
sie zu den Zoths zu bringen. Wie sie gehört hatte, waren sie Meister im
Bogenbau, und dort hatte sie auch, rein interessehalber versteht sich, gelernt,
wie man einen Bogen baute. Was sie dann klammheimlich natürlich auch gemacht
hatte.
Während sich
Aan noch immer einen Keks darüber freute und beeindruckt bis zum geht nicht
mehr darüber war, dass Jana tatsächlich einen Bogen gebaut hatte, war Elrik
zwiegespalten. Er wusste, dass das, was sie vorhatten, verboten war. Die
Erwachsenen würden jedenfalls nicht darüber begeistert sein, wenn sie heimlich
und allein auf die Jagd gingen. Andererseits konnte er seine Freunde auch nicht
einfach hängen lassen. Er konnte sie nicht verraten. Und er musste sich zudem
auch noch beweisen. Immerhin würde er eines Tages der neue Stammesführer
werden.
Also wandte er sich an Jana, die den Bogen inzwischen
geschultert hatte und sagte: „Da ich der Älteste bin, sollte ich den Bogen
tragen.“
„Ganz sicher
nicht! Ich hab den gebaut, also ist's meiner! Du darfst vielleicht mal mit
schießen, wenn du nett fragst, aber ich werd ihn tragen!“
Natürlich. Er
hatte nichts anderes erwartet. Aber Elrik wusste, im Gegensatz zu Aan, wie er
mit ihr umgehen musste.
„Hör mal,
wenn du mir den Bogen gibst, werde ich dich zu meiner Oberjägerin machen, wenn
ich erstmal Stammesführer bin, einverstanden?“
„Wirklich?“
Jana war skeptisch, aber als Elrik sein vertrauenswürdigstes Lächeln aufsetzte und nickte, lenkte sie ein.
Jana war skeptisch, aber als Elrik sein vertrauenswürdigstes Lächeln aufsetzte und nickte, lenkte sie ein.
Letztendlich bekam Elrik den Bogen und sie gingen
klammheimlich zum Nebelwald, um zu jagen. Wie Jana gehört hatte, war es dort
zwar etwas gefährlicher, aber das Wild war besser.
Doch schon nach
einer kurzen Weile hielt Aan an und stellte fest: „Hier waren wir schon
mal. Weißt du überhaupt, wo es langgeht?“
„Natürlich
weiß ich das!“, behauptete Jana beleidigt.
Bevor Aan noch
etwas sagen und es wieder schlimmer machen konnte, mischte sich Elrik ein:
„Dann geh weiter vor und wir folgen dir. Als zukünftige Oberjägerin weißt du
bestimmt, wo es langgeht, nicht wahr?“
Jana war
zufrieden und drehte sich wieder um, doch anstatt weiter zu gehen, schnellte
ihr Finger nach vorne.
„Da!“, rief sie und als sie nachsahen, waren auch die
Jungs alarmiert.
Da hatte
sich doch tatsächlich einer von den Nachbarn nach draußen gewagt. Und nicht nur
irgendeiner, sondern der Jüngste von ihnen, der gerade mitten in der Bewegung erstarrt war.
Die Kinder
hatten noch niemals etwas miteinander zu tun gehabt. Eigentlich hatten die
Uruk-Kinder die Nachbarn bislang noch nicht einmal aus der Nähe gesehen, da
Tann deswegen überaus vorsichtig gewesen war, aber dennoch stand für sie alle
fest, dass die Hells allesamt böse waren. Immerhin war es das, was ihre Eltern
immer wieder sagten.
Deswegen war es für sie selbstverständlich, dass sie
sofort auf die Jagd gingen, als Jana: „Hinterher!“, rief.
Der Junge der
Hells, deutlich in der Unterzahl, ließ sich daraufhin natürlich nicht zweimal bitten und sah zu, dass er weglief. Doch er kam nicht weit.
Er stolperte und die drei Uruk-Kinder, die daraufhin
aufholten, sahen sich schon als Sieger, als sie sich plötzlich Aug in Aug mit
einem waschechten wilden Ungetüm von einem Wolf wiederfanden. Einen Augenblick lang waren sie alle erstarrt, während der Hell-Junge immer noch vergeblich versuchte, auf die
Beine zu kommen.
Und dann, mit einem Mal, kehrte das Leben in sie zurück, sie stoben kopflos auseinander und rannten in unterschiedliche Himmelsrichtungen davon. Jeder auf eigene Faust.
Auch Elrik tat das. Er hatte zwar einen Bogen, aber er
dachte nicht eine Sekunde daran, ihn auch zu benutzen. Seine Angst hatte viel zu sehr
die Oberhand gewonnen.
Doch er
war kaum die ersten Schritte gegangen, da hörte er plötzlich eine Stimme, die ihm nicht
vertraut war und die zu dem Hell-Jungen gehören musste. Der Junge fluchte laut und als
Elrik einen Blick über die Schulter riskierte, war er noch immer am Boden. Während der Wolf hinter ihm immer näher kam.
Elrik erstarrte auf der Stelle.
Elrik erstarrte auf der Stelle.
Was sollte er
tun? Sollte er dem Anderen helfen, obwohl er zu den bösen Nachbarn gehörte? Was
würden seine Eltern tun? Was war richtig und was war falsch?
Elrik wusste es nicht und er wusste auch nicht, was er
als nächstes tun sollte, aber er wusste, dass es um den anderen Jungen
geschehen sein würde, wenn er ihm nicht half.
Bevor er sich davon abhalten konnte, war er also umgedreht und hatte im nächsten Moment nun doch auf den Wolf angelegt.
Bevor er sich davon abhalten konnte, war er also umgedreht und hatte im nächsten Moment nun doch auf den Wolf angelegt.
Er sah das Ungetüm und er wusste, dass er schießen
musste. Doch als es sich zu ihm umdrehte und ihm in die Augen sah, war plötzlich
jegliche Entschlossenheit entschwunden.
Er konnte es nicht. Er wollte es nicht. Er hörte den anderen Jungen rufen, aber er konnte nichts tun. Er hatte so eine unbändige Angst und alles, was er tun konnte, war zu zittern wie Espenlaub.
Er konnte es nicht. Er wollte es nicht. Er hörte den anderen Jungen rufen, aber er konnte nichts tun. Er hatte so eine unbändige Angst und alles, was er tun konnte, war zu zittern wie Espenlaub.
Und diese Chance nutzte der Wolf, um zum Sprung anzusetzen.
Plötzlich erschien der andere Junge vor ihm. Er
stellte sich zwischen ihn und den springenden Wolf, und im nächsten Moment
schallte ein erbärmliches Jaulen durch den Wald, das Elrik durch Mark und Bein
ging.
Als das Tier
sich wieder zurückzog, sah er, dass es die Augen zusammengekniffen hatte. Da erst bemerkte er das Messer, das der Hell-Junge in der Hand hielt, und ihm wurde angst und bange deswegen.
Dann jedoch hatte der andere Junge ihn unvermittelt an der Hand gepackt und zog
ihn hinter sich durch den Wald. Während sie durch die angrenzenden Büsche
brachen und Heil in der Flucht suchten, war das Wimmern des Wolfes und das
Rasen seines Herzens alles, was Elrik hörte.
Jana hatte derweil bemerkt, dass sie nicht nur den Wolf
losgeworden war, sondern auch ihre Begleiter verloren hatte. Und sie würde
ja niemals zugeben, dass sie sich verlaufen hatte, aber irgendwie sah alles so
gleich aus, dass es schwierig werden würde, zurückzufinden.
Nicht, dass es sie aufhielt, weiterzugehen. Irgendwann
würde sie schon irgendwo rauskommen. Und tatsächlich erreichte sie kurz darauf
etwas, das wie ein Waldrand oder zumindest eine Lichtung aussah. Aber das
Beste daran war, dass da ein Haus war.
Sie hatte es geschafft! Natürlich hatte sie es geschafft! Sie war ja schließlich die Größte!
Sie hatte es geschafft! Natürlich hatte sie es geschafft! Sie war ja schließlich die Größte!
Noch während sie stolz über ihre eigenen Leistungen grinste,
kam sie auf einem Hof an, den sie nicht kannte. Hätte sie ihrer
Mutter zugehört, hätte sie gewusst, wo sie war, aber stattdessen sah sie sich
kurz darauf einer Fremden gegenüber. Die Frau in dem blauen Kleid arbeitete
gerade auf dem Feld, als sie ankam.
„Hey, ähm,
ich bräuchte irgendwie ein bisschen Hilfe, bevor meine Freunde im Wald vom Wolf
gefressen werden“, kam sie gleich zum Punkt.
Die Frau
erhob sich und sah irgendwie erschrocken aus.
Vielleicht auch nicht. Das konnte Jana nicht so genau sagen. Jedenfalls war sie
jetzt wütend.
„Geh nach
Hause und hör auf, wilde Geschichten zu erzählen, Kind!“, maßregelte sie sie streng.
Von der konnte sie sich keine Hilfe erwarten. Sie musste
sich selbst helfen, bevor es für die Anderen zu spät war. Sie war schließlich die einzige Rettung für die Jungs!
Also ging sie einfach an der Frau vorbei Richtung Haus. Irgendwo hier musste es ja Waffen geben.
Also ging sie einfach an der Frau vorbei Richtung Haus. Irgendwo hier musste es ja Waffen geben.
Jin war bei den Kühen, als er lautes Geschrei
aus dem Haus vernahm. Als er nachsehen ging, fand er einen kleinen, fremden Eindringling vor, der gerade von Greta davon abgehalten wurde, sich an ihren Waffen zu vergreifen. So ernst die Situation vielleicht auch sein mochte, er
konnte nicht anders, als über diesen Anblick zu lachen.
„Was denn hier los?“, griff er ein und gesellte sich zu den beiden Streitenden.
Greta stellte
das sichtlich aufgebrachte Mädchen in sicherer Entfernung ab und baute
sich schützend vor den Waffen auf. Statt ihrer war es auch das Kind, das ihm antwortete. Er glaubte, sie schon einmal gesehen
zu haben. War das nicht Danas? Sie war ziemlich groß geworden.
„Die da will
mir keine Waffen geben!“, sagte sie anklagend in Gretas Richtung. „Und das, obwohl meine Freunde im Wald sonst vom Wolf gefressen werden!“
Jin bedachte Greta mit einem Blick, den diese einfach nur
hasste. Er setzte ihn immer auf, wenn er der Meinung war, dass sie etwas Irrationales tat. Es brachte sie zur Weißglut, wenn er sie so ansah. Gerade er, der nicht einmal wusste, was irrational eigentlich bedeutete.
Doch er sagte nichts dazu, sondern bot dem Kind stattdessen an: „Ich werd mit dir gehen und deinen Freunden helfen. Aber nur,
wenn du nicht mehr in fremde Häuser einbrichst, ja?“
Das Mädchen
klatschte erfreut in die Hände und setzte ein Lächeln auf, das selbst
Steine erweichen konnte. „In Ordnung!“, versprach sie.
Dann war sie schon wieder rausgestürmt und als Jin ihr, trotz
Gretas Protest, folgte, war er froh, mal wieder vom Hof zu kommen. Auch wenn er
sich einen fröhlicheren Anlass dafür gewünscht hätte.
Der Hell-Junge hatte inzwischen angehalten,
und so musste auch Elrik es notgedrungen tun. Und davor hatte er sich gefürchtet. Denn er wusste nicht, was er jetzt sagen oder tun sollte. Ob er dem Anderen trauen konnte oder nicht. Aber seinem Gegenüber schien es wenigstens genauso zu gehen.
Also standen die beiden Jungen sich eine ganze Weile nur schweigend und überaus skeptisch gegenüber. Der andere Junge beäugte ihn so vorsichtig wie er es tat. Und doch war es schließlich er, der auf ihn zukam.
Also standen die beiden Jungen sich eine ganze Weile nur schweigend und überaus skeptisch gegenüber. Der andere Junge beäugte ihn so vorsichtig wie er es tat. Und doch war es schließlich er, der auf ihn zukam.
„Du hast mir
geholfen“, sagte er. „Ich hätte nicht gedacht, dass du mir hilfst. Deswegen…
danke!“
„Naja,
eigentlich warst es ja du, der mich gerettet hat…“, merkte Elrik kleinlaut an.
Er war noch
immer nicht sonderlich stolz darauf, dass er im entscheidenden Moment gekniffen
hatte. Er wusste auch, dass er dem Wolf niemals ins Auge hätte stechen können. Dazu wäre er viel zu feige gewesen.
„Ich dachte immer, ihr seid böse“, gab der Hell-Junge zu
und rieb sich dabei unbehaglich die Hände. „Papa hat immer gesagt, ihr wärt
böse.“
Bevor Elrik
es verhindern konnte, rutschte ihm raus: „Meiner hat das auch über euch
gesagt.“
Und was der Andere dann sagte,
würde Elrik nie vergessen: „Vielleicht haben sie ja unrecht. Du bist jedenfalls
nicht böse. Sonst hättest du mir nicht geholfen.“ Er streckte ihm die Hand hin,
zog sie aber sofort wieder unsicher zurück. „Ich heiße übrigens Wirt.“
„Ich bin
Elrik.“
Bevor einer von ihnen noch etwas sagen konnte, schallte plötzlich Elriks Name laut durch den Wald. Und als der
sich umdrehte, konnte er, zu seiner unendlichen Erleichterung, Jana auf sich
zukommen sehen.
Doch seine
Freude wurde gleich darauf wieder gedämpft, als sie ihm zur Begrüßung die Faust
gegen die Schulter schlug.
„Warum hast
du den Wolf nicht erschossen? Ich hab drauf gewartet!“, stellte sie ihn wütend zur Rede. „Ich wusste, dass ich den Bogen selber hätte behalten
sollen!“
Er konnte
nichts dazu sagen, weil er wusste, dass er versagt hatte. Als Ältester, als
zukünftiger Stammesführer. Er hatte es mit der Angst zu tun bekommen und war
wie ein Feigling weggerannt.
Dann wurde
Jana auch noch auf Wirt aufmerksam und sofort schoss ein Finger anklagend in seine
Richtung. „Stattdessen bist du mit dem hier? Hast du dich jetzt mit dem Feind verbündet, oder was?“
Wirt wich erschrocken zurück, doch glücklicherweise kam in diesem Moment noch jemand hinzu, der von ihm ablenkte. Es war Jin.
„Elrik! Ich
hatte schon befürchtet, dass ihr das seid“, sagte er.
Da wurden die
Kinder daran erinnert, dass da ja noch jemand war, der fehlte.
„Was ist los?“, fragte Jin, als er die
erschrockenen Gesichter sah.
„Aan!“,
antwortete Jana ihm. „Er muss noch immer irgendwo im Wald sein!“
„Dann sollte
ich ihn lieber suchen gehen. Geht ihr derweil zurück nach Hause! Und keine
Umwege! Verstanden?“
Doch davon
wollte Jana natürlich nichts wissen. Und, zu ihrer Überraschung, erklärte auch Elrik, mit auf die Suche nach dem verschwundenen Freund gehen zu wollen.
Und Jin, der den Mut der Kinder schätzte und der davon überzeugt war, sie alle auch
vor einer Horde Wölfe schützen zu können, verbot es ihnen nicht.
„Ich geh dann aber lieber nach Hause“, erklärte Wirt.
„Sonst wird Vater böse. Aber wenn ich euren Freund sehe, sag ich ihm, dass ihr
ihn sucht.“
Jana verzog
angewidert das Gesicht, doch sie verkniff sich, etwas dazu zu sagen. Sie hatte nichts
anderes erwartet, als dass der Junge von den Hells ein Feigling war.
Letztendlich trafen sie keine wilden Tiere mehr. Aan war
danach sogar ziemlich schnell gefunden, aber dafür war er es, für den die ganze
Geschichte weniger gut ausging. Er hielt sich das
rechte Auge und klagte über Schmerzen.
Jin brachte die Kinder schnellstmöglich nach Hause, wo sie
bereits von besorgten Eltern und Großeltern erwartet wurden.
Tanna war erleichtert und schloss ihren unversehrten Sohn in die Arme, aber Luma war das nicht vergönnt. Als Aan die Hand das erste Mal vom Auge nahm und erklärte, nichts mehr darauf sehen zu können, war sie zutiefst erschrocken.
Tanna war erleichtert und schloss ihren unversehrten Sohn in die Arme, aber Luma war das nicht vergönnt. Als Aan die Hand das erste Mal vom Auge nahm und erklärte, nichts mehr darauf sehen zu können, war sie zutiefst erschrocken.
Und sie hatte schnell einen Schuldigen für das Unglück ihres Sohnes gefunden. Aufgebracht
wandte sie sich an Jana, die inzwischen den Bogen von Elrik abgenommen hatte
und trug.
„Du warst
das! Du bist dafür verantwortlich! Weil du den Jungs Flausen in den Kopf
gesetzt hast, ist das passiert!“
Luma war Jana
gegenüber nie ausgebrochen. Sie hatte immer versucht, sie fair zu behandeln,
trotz dem, wer ihre Mutter war und was sie getan hatte. Doch jetzt konnte sie nicht
anders. Jana hatte zu viel angerichtet.
Doch da mischte sich plötzlich Elrik ein. „Ich bin schuld daran“, gestand er. „Ich hatte den Bogen und als es dann
drauf ankam, konnte ich nicht schießen…“
Er ließ den
Kopf hängen und wartete auf eine Standpauke, aber stattdessen blieb es ruhig.
Scheinbar hatte es allen die Sprache verschlagen. Schließlich hatte er sich
bislang nie etwas zu Schulden kommen lassen.
„Er hatte vielleicht den Bogen, aber ich hab ihn
gebaut und ich hatte die Idee, jagen zu gehen“, rief Jana jedoch aufgebracht, die nichts davon wissen wollte, dass er die Schuld auf sich nahm.
Und dann stellte sie sich direkt vor Aan und sagte:
„Hörst du, ich bin schuld! Ich wollte das nicht, aber wenn du auf jemanden
sauer bist, dann sei auf mich sauer!“
Elrik würde
diesen Mut, den Jana an diesem Abend an den Tag legte, nicht vergessen. Er
war zutiefst beeindruckt von etwas, das er vielleicht niemals besitzen würde.
Während Aan kurz darauf von ihrem Neuzugang, Medizinmann Armin, versorgt
wurde, ging Jin zu dem Mädchen, dessen Aufrichtigkeit auch ihn beeindruckt
hatte.
„Hey, das war
echt mutig von dir vorhin“, sagte er. „Wenn du größer bist, dann komm doch mal
vorbei und dann bring ich dir richtig Jagen bei, ja?“
Es war das
einzig Gute, das an diesem Tag für sie wohl geschehen war.
Sie hatte jedenfalls ziemlichen Ärger bekommen. Sie alle
hatten das. Und als Dana später von der Suche, auf die sie und einige der
Anderen gegangen waren, zurückkam, durfte sie sich auch noch von ihrer Mutter
eine Standpauke anhören.
Doch letztendlich war Dana einfach nur froh, ihre Tochter
unbeschadet wiederzuhaben.
Aans Augenlicht auf dem rechten Auge kehrte nicht wieder
zurück. Weil er sich für sein trübgewordenes Auge schämte, nähte Luma ihm eine
Augenklappe, die er von da an immerzu trug. Was genau ihm im Wald widerfahren war, darüber schwieg er aber beharrlich.
Von dem Tag
an, an dem er das Licht auf seinem Auge verlor, veränderte Aan sich. Er wurde
sehr viel ruhiger und in sich gekehrter. Er wollte keine Abenteuer mehr erleben
und war zufrieden damit, einfach nur auf dem Hof zu bleiben.
Und obwohl Jana dachte, dass er sauer auf sie war, war sie es, die wieder auf ihn zuging. Sie war die Einzige, die ihn
unverändert behandelte. Ihn vielleicht ein bisschen mehr beschützte als
früher, aber ansonsten so unbeschwert, wie eh und je mit ihm umging. Und dafür war
er dankbar.
Jana und Aan
wurden trotz aller Umstände gute Freunde.
___________
Hier weiterlesen -> Kapitel 35
Tja, das passiert, wenn die Kinder den Hass der Eltern übernehmen. Meine Lieblingsband "Disturbed" hat da auch ein sehr passendes Lied zu. In "Who taught you how to hate" geht es, u.a., auch genau darum. Dass Kinder von Anfang an unschuldig und reinen Herzens sind und so etwas wie Hass gar nicht kennen. Bis es jemand in sie "pflanzt".
Und das ist eine gefährliche Sache, die dem armen Aan letztendlich sogar die Sicht auf einem Auge gekostet hat.
Da hat er sich so sehr gewünscht, mal wieder vorzukommen und jetzt hab ich ihm sowas gemeines angetan. Sorry, Aan :( !
Elrik: "Ich hab's dir ja gesagt, dass du die nicht auf dich aufmerksam machen sollst."
Aan: " -.- "
Ich hätte so gerne eine Augenbinde für ihn gehabt, aber jetzt ist es eben eine Augenklappe geworden. Bin ja schon froh, dass ich die gefunden habe. Es war ein Krampf, ihm später eine zu finden, die über sein rechtes Auge ging, als er heranwuchs...
Ich hab die Neuzugänge (Diana, Medizinmann Armin und sein Hund mit dem Namen Nacht) bei den Charakteren hinzugefügt und Jana, Aan und Elrik aktualisiert. Neues Gruppenbild und Stammbaum gibt's auch. Wenn auch noch alles ohne Augenklappe.
Nächstes Mal dann ist es dann soweit, dass Dana und Jin endlich mal aufeinandertreffen.
Bis dahin verabschiede ich mich und danke fürs Vorbeischauen!
___________
Hier weiterlesen -> Kapitel 35
Tja, das passiert, wenn die Kinder den Hass der Eltern übernehmen. Meine Lieblingsband "Disturbed" hat da auch ein sehr passendes Lied zu. In "Who taught you how to hate" geht es, u.a., auch genau darum. Dass Kinder von Anfang an unschuldig und reinen Herzens sind und so etwas wie Hass gar nicht kennen. Bis es jemand in sie "pflanzt".
Und das ist eine gefährliche Sache, die dem armen Aan letztendlich sogar die Sicht auf einem Auge gekostet hat.
Da hat er sich so sehr gewünscht, mal wieder vorzukommen und jetzt hab ich ihm sowas gemeines angetan. Sorry, Aan :( !
Elrik: "Ich hab's dir ja gesagt, dass du die nicht auf dich aufmerksam machen sollst."
Aan: " -.- "
Ich hätte so gerne eine Augenbinde für ihn gehabt, aber jetzt ist es eben eine Augenklappe geworden. Bin ja schon froh, dass ich die gefunden habe. Es war ein Krampf, ihm später eine zu finden, die über sein rechtes Auge ging, als er heranwuchs...
Ich hab die Neuzugänge (Diana, Medizinmann Armin und sein Hund mit dem Namen Nacht) bei den Charakteren hinzugefügt und Jana, Aan und Elrik aktualisiert. Neues Gruppenbild und Stammbaum gibt's auch. Wenn auch noch alles ohne Augenklappe.
Nächstes Mal dann ist es dann soweit, dass Dana und Jin endlich mal aufeinandertreffen.
Bis dahin verabschiede ich mich und danke fürs Vorbeischauen!
Luma ist ja voll die Kampfomi geworden xD ! Wie sie im Hintergrund auch noch fleißig weiter trainiert...herrlich!
AntwortenLöschenMich wunderts ja, dass Wirt nicht n Bein unterwegs verlor ;P . Vielleicht auch noch ein Holzbein dann kriegt? Stattdessen wurde es eine Augenklappe bei Aan. Wenn er sich demnächst noch gern in Kartons versteckt und Schlangen als Leibspeise entdeckt, weiß ich bescheid. Dann reiht er sich gleich neben die Hells, Ausbilder Wulfgar, Eiskönigin Dana & Dämonenjäger Rahn mit ein.
Apropos Rahn, es mag n bißchen verspätet kommen, aber neulich hörte ich von Sonata Arctica "Shy" und in dem Lied geht es um einen Verliebten, der zu seiner Dana möchte. Nun seh ich den armen Dämonenjäger in einer Mondlichtung auch noch dieses herzzerreißende Lied singen, während Dana ja bekanntermaßen bei Jin/Tann verendete. Aaaaaarmer Rahn...kriegt auch nur noch in Nebensätzen Aufmerksamkeit von dir, nachdem er schon so gebeutelt wurd. Ein <3 für Raaaaahns xP !
Ja, nicht wahr? Ich seh Luma schon vor mir, wie sie alle von den Hells mit einem Roundhousekick fertig macht XD
LöschenWenns nicht Luma wird, dann haben sie ja Aan, der kann sich da reinschleichen ("freeze!") und vielleicht findet er ja auch was Leckeres da ("Tasty!").
Tja, vielleicht hat Wirt ja schon ein Holzbein? Und wenn nicht, kann man es bestimmt in Tristram finden.
Ja, ich weiß. Ich fühl mich selber ganz schlecht wegen Rahn :( ... Er ist so abgeschlagen und das war ja eigentlich gar nicht so geplant. Er sollte ursprünglich eigentlich mit Dana durchstarten, aber naja... was nicht ist... oder vielleicht findet er ja auch wen anders. Als Dämonenjäger stell ich mir aber eh ein einsameres Leben vor....
Trotzdem, sorry Rahn und auch von mir ein <3!