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Mittwoch, 4. Juli 2018

Kapitel 58 - Angst



Noch vor dem ersten Wintereinbruch war die Vergrößerung des Hauses abgeschlossen. Pünktlich dazu wurde auch der Brunnen fertig, wenn man sich auch dazu entschlossen hatte, ihn nun doch an anderer Stelle zu graben, nachdem die Steinschicht an der ehemaligen Wasserquelle selbst mit dem neuen Werkzeug undurchdringlich blieb. Deshalb fand er seinen Platz nun neben dem Vorratsschuppen. Und damit hatte auch das tägliche Wasserholen von weit her endlich ein Ende.
     Das war ungefähr zu dem Zeitpunkt, als Anya ihre zweite Fehlgeburt hatte.


 „Wie geht es ihr?“, fragte Elrik Medizinmann Armin, als der gerade aus dem Haus kam.
     Anya hatte die letzten Stunden über beinahe nur geweint, während er sie in den Armen gehalten hatte, bis sie schließlich eingeschlafen war. Erst dann hatte Armin überhaupt einen Blick auf sie werfen können.
     „Sie wird schon wieder.“ Er seufzte und tiefe Sorgenfalten ließen seine Stirn noch runzliger wirken. „Aber die Fehlgeburt hat sie schwer mitgenommen. Sie hat mich immer wieder gefragt, ob sie überhaupt noch Kinder bekommen kann.“
     Elrik zögerte einen Moment, bevor er fragte: „Und was hast du ihr geantwortet?“
     „Dass ich das unmöglich sagen kann. Ich kann ja nicht in sie hineinsehen. Ich denke, dass die Gifte, die sie in der Vergangenheit getrunken hat, um ihre früheren Kinder loszuwerden, sie innen drin vielleicht zu schwer verletzt haben, als dass sie irgendwann einmal ein Kind austragen könnte. Aber das kann ich natürlich nicht mit Sicherheit sagen.“
    Er beobachtete Elrik abwartend, dann, als der Andere stumm blieb, fügte er hinzu: „Trotzdem wäre sie beinahe gestorben. Und das nicht nur dieses Mal. Sie hatte großes Glück, dass sie überlebt hat. Ich muss dir ja nicht sagen, was das bedeutet.“
     Elrik schwieg noch einen Moment länger, dann nickte er. „Ich werde mit ihr sprechen“, sagte er.
     Es war natürlich eine schwierige Angelegenheit, aber für ihn stellte es kein Problem dar, dass Anya und er niemals Kinder haben würden. Nur wusste er überhaupt nicht, wie er ihr das klar machen sollte.


Dennoch musste es getan werden. Also ging er nach drinnen, wo Anya gerade mit starrem Blick auf der Bettkante saß und vor sich hinstarrte. Als sie ihn bemerkte, hellte sich ihr Gesicht sofort auf, sie sprang auf die Beine und kam ihm entgegen. Außer ihnen war das Haus leer.
     „Es geht mir wieder besser, Elrik! Wir können es gleich nochmal probieren!“
     Die strahlende Zuversicht auf ihrem Gesicht machte es ihm nicht einfacher, es ihr zu sagen. Aber es musste sein.
     „Hör mal Anya“, begann er behutsam. „Ich denke, dass es besser ist, wenn wir das vorerst lassen würden.“ Er wollte nicht gleich mit der Tür ins Haus fallen.
     „Aber es geht mir schon wieder viel besser, versicherte sie. Wir müssen nicht warten.“
     „Ich… meinte auch eher, dass wir lieber keine Kinder haben sollten.“


Erschütterung auf ihrem Gesicht. Wie erwartet.
     „Aber… wieso? Willst du etwa keine?“
     „Nicht zu diesem Preis, Anya. Du wärst beinahe gestorben deswegen.“ Akara würde es ihm nie verzeihen, wenn er ihre Schwester mutwillig ins Grab brachte. Stattdessen sagte er aber: „Ich habe außerdem ja schon ein Kind.“


Was ein großer Fehler war, wie er zu spät bemerkte. Plötzlich war da nur noch Trotz in ihrem Gesicht. „Ich aber nicht! Und ich will auch eines!“
    „Anya, sei doch vernünftig…“


 „Nein! Ich werde das schaffen! Du wirst schon sehen! Auch ohne deine Hilfe!“
    Das kam so unerwartet, dass es Elrik versäumte, etwas dazu zu sagen, als Anya ihm den Rücken zudrehte und Anstalten machte, davonzugehen. Sie ging jedoch keine drei Schritte weit, bevor sie wieder anhielt.


„Also… eigentlich brauche ich deine Hilfe dafür ja doch“, meinte sie kleinlaut. Mit einem Satz stand sie wieder vor ihm und sah ihn flehentlich an. „Bitte, Elrik! Wenn ich dafür Leben schenken kann, gebe ich meines gerne her! Auch wenn es nicht klappt, will ich es zumindest versuchen! Selbst wenn ich dabei sterbe!“
    Elrik zögerte. Für ihn war es vielleicht nicht schlimm, dass sie niemals Kinder zusammen haben würden, aber für Anya anscheinend schon. Das hatte er wohl vollkommen außen vor gelassen.


 „Na schön. Wenn es das ist, was du willst…“, gab er sich schließlich geschlagen.
    Sie würde es vielleicht nicht überleben, aber was sollte er dagegen unternehmen, wenn sie es doch so sehr wollte? Wie konnte er es ihr abschlagen, wenn allein die Hoffnung, es doch zu schaffen, momentan das Einzige war, das ihr das Lächeln zurückgeben konnte?


Von da an war Anya wieder die Alte. Worüber auch alle anderen froh waren. Man hatte das merkwürdige und schamlose Mädchen zuerst mit Argwohn betrachtet, aber inzwischen hatte man sie allgemein liebgewonnen. Im Gegensatz zu ihrer Schwester war Anya gegenüber ihren Mitmenschen nämlich nicht distanziert und verschlossen. Sie war fröhlich und heiter und sie schaffte es sogar manches Mal, den Stammesführer zum Lächeln zu bringen, der seit der Trennung von Akara fast immer eine verhohlene Trauermiene trug.
     Aan war jedenfalls froh, dass auch sein Freund wieder lächeln konnte. Er hatte sich Sorgen gemacht, nachdem Akara ihn verlassen hatte. Er wusste ja, wie sehr Elrik sie geliebt hatte. Doch als er ihm angeboten hatte, dass er jederzeit zu ihm kommen könnte, wenn er reden wollte, hatte Elrik ihn nur mit einem sehr aufgesetzten Lächeln abgewimmelt. Er hatte seinen Schmerz versteckt, das hatte jeder sehen können.
    Umso erstaunter war Aan gewesen, dass er sich so schnell auf eine andere Frau eingelassen hatte. Und noch erstaunter war er, dass es anscheinend ziemlich gut zwischen den Beiden lief. Trotz der schweren Umstände, die beide hatten durchmachen müssen.
     Aan fragte sich wirklich, wie Elrik das schaffte. Und vor allen Dingen fragte er sich, wie sein Freund es geschafft hatte, gleich zwei Frauen in so kurzer Zeit für sich zu gewinnen.


Also fragte er nach, als er Elrik gerade mal allein erwischen konnte. Was in letzter Zeit noch seltener vorkam, da Anya meistens an ihm klebte.
     „Elrik, also… ähm… ich weiß ja, dass das vielleicht gerade kein so guter Zeitpunkt ist, aber ich muss dich trotzdem einfach mal fragen: Wie schaffst du es, dass die Frauen dich so mögen?“
     Elrik hob eine Augenbraue. „Ich wüsste nicht, dass ich sonderlich beliebt bei den Frauen bin.“
     „Ach, komm schon! Du hast Akara gehabt und jetzt hast du Anya und ich habe,“ er ließ die Schultern hängen, „niemanden.“
     „Hat sich zwischen dir und Jana noch immer nichts getan?“
     „Da wird sich auch niemals etwas tun“, meinte Aan frustriert.
     „Ach, das wird schon werden.“


„Nein, ich mache mir da keine Illusionen.“ Er macht eine Pause und als er fortfuhr, war sein Blick nach innen gerichtet. „Ich habe Jana versprochen, für sie da zu sein, aber Tatsache ist, dass sie mich überhaupt nicht braucht. Sie kommt auch prächtig ohne mich aus. Deswegen habe ich mir überlegt, dass ich eigentlich den Stamm verlassen könnte. Ich habe ja ohnehin vorgehabt, wenn Jana mich nicht haben wollte. Hier habe ich schließlich keine Frau, mit der ich eine Familie gründen könnte. Oder wollte. Und es wird langsam Zeit dafür. Außerdem gibt es da draußen so viele Dinge, die ich sehen und lernen könnte.“
     Diese Offenbarung kam für Elrik vollkommen unerwartet und er hörte das auch nicht gern. Aan war ein wichtiger Bestandteil des Stammes. Er hatte berechnet, wie sie am besten und schnellsten das Haus ausbauen konnten, wie viele Stützbalken das Dach brauchte, die benötigten Materialien zusammengestellt, und er war es auch gewesen, der den Brunnen entworfen hatte. Nebenbei hatte er die Schlafstätten auf hölzerne Beine gesetzt und das war nicht nur bei ihrem Stamm, sondern auch bei den Nachbarn so gut angekommen, dass sie es ohne zu fragen übernommen hatten. 
     Aan hatte diese Erfindung Bett genannt und Elrik war sich sicher, dass er in Zukunft noch einige dieser Neuerungen in den Stamm einbringen würde. Er war schon immer sehr viel schlauer als sein gesamtes Umfeld gewesen. 
     Dass Aan sein bester Freund war, war natürlich auch kein kleiner Umstand, weshalb er ihn nicht gehen lassen wollte.


 „Naja, du musst ja nicht gleich woandershin gehen. Du kannst dir ja irgendwo eine Frau suchen und sie herbringen“, schlug Elrik deshalb vor. „Ich helfe dir auch gern dabei, wenn du willst.“
     Aan lächelte gequält. „Ich weiß deine Hilfsbereitschaft wirklich zu schätzen, aber das will ich dann doch lieber selber machen.“ Er seufzte schwer und die Resignation kehrte leider auf sein Gesicht zurück. „Vielleicht werde ich das auch irgendwann einmal tun. Auch wenn ich glaube, dass das vergebliche Liebesmüh sein wird. Ich komme nicht sonderlich gut bei den Frauen an.“
     Was Elrik überhaupt nicht verstehen konnte. Aan war zwar beim Bauen selber nicht wirklich hilfreich gewesen, aber ohne seine Ideen und Berechnungen wären sie niemals rechtzeitig fertig geworden.
     „Aber vorerst werde ich wohl erstmal hierblieben, fuhr Aan fort. Ich habe Jana schließlich versprochen, ihr beizustehen und das werde ich auch tun. Egal, ob sie mich nun braucht oder nicht.“


Jana schreckte aus dem Schlaf. Die letzten Ausläufer ihres Traumes hielten sie noch immer gefangen, wie riesengroße Hände, die sie einen Augenblick zuvor noch auf den Boden gedrückt und sie festgehalten hatten. Schwarzes, wirres Haar, Augen so tief wie ein bodenloses Loch, die sie angestarrt hatten. Er war ein Ungetüm, ein riesengroßes Ungetüm, das sie gejagt hatte. Egal, wie schnell sie auch gelaufen war, sie hatte ihm nicht entkommen können. In dem Moment, als er sie eingeholt und sich auf sie gestürzt hatte, als die dunklen Tümpel, die seine Augen waren, sich in sie gebohrt hatten, war sie aufgewacht.
     Es war kalt, beinahe Winter. Trotz des Feuers, das behaglich in ihrer Mitte brannte, bildeten sich kleine, weiße Wölkchen, als sie den Atem so erschöpft ausstieß und wieder einsog, als wäre sie gerade tatsächlich durch den Wald gerannt. Die kalte Winterluft stach ihr in den Lungen und ließ ihr plötzlich kalt werden.
     Sie wusste, dass es nur ein Traum war. Sie wusste es manchmal sogar, während sie es träumte. Genauso, wie sie wusste, dass Dia Hell ihr nie wieder etwas antun würde. Dafür hatte sie schließlich selber gesorgt. Doch wie schon damals, als sie ihm das Messer in den Hals gerammt hatte, konnte sie auch diesmal der Angst nicht entkommen, die sie noch immer fest im Griff hatte. 
     Sie hatte so oft Angst. Tagsüber war es auszuhalten, aber wenn sie nachts aus einem dieser immer wiederkehrenden Albträume erwachte, war das anders. Dann fühlte sie sich ihr hilflos ausgeliefert. Und das hasste sie so sehr.


Immer, wenn das geschah, wenn sie die Angst nicht mehr aushalten konnte, wanderte ihr Blick zu Aan hinüber, der neben ihr lag und friedlich schlief. Sie hatte ihr Bett, ohne ein Wort dazu zu sagen einfach neben seines geschoben, so, wie sie davor auch immer neben ihm geschlafen hatte, seitdem Dia Hell sie mit der Angst verflucht hatte.


In den Momenten, wenn sie kurz davor war, wieder zu schreien, schlüpfte sie zu ihm ins Bett und rollte sich an seiner Seite ein. Aan ließ das mit sich machen. Er grummelte, schlug aber meistens nicht einmal ein Auge auf. Jana war sich nicht einmal sicher, ob er überhaupt jemals etwas davon mitbekam.
     Dann legte sie ihren Kopf auf seine Brust, lauschte seinem Herzschlag und seinem Atem und versuchte, ihren an den seinen anzupassen. 
     In der ersten Zeit nach Dia Hells Überfall hatten sie das öfter gemacht, wenn die Angst sie auch tagsüber noch überfallen hatte. Er hatte ihren Kopf an seine Brust gelegt, ihr übers Haar gestrichen und ihr immer wieder gesagt, dass sie sich beruhigen sollte. Dass sie tief ein- und ausatmen solle, so wie er. Er hatte es ihr vorgemacht und sie hatte es nachgemacht und sie hatte sich irgendwann immer wieder beruhigt.
     Inzwischen musste er das nicht mehr tun. Es hatte lange gedauert und sie hatte sich anfangs so sehr für ihre Schwäche verabscheut. Aber Aan hatte sie immer wieder an ihre eigenen Worte erinnert, die sie ihm gesagt hatte, als er sich selber für seine friedfertige Art für schwach gehalten hatte. Damals, als sie ihm gesagt hatte, dass sie diese friedliche Art von ihm mochte und brauchte. Da hatte Jana erkannt, dass es in Ordnung war, auch mal Angst zu haben, solange sie ihr nicht erlag.


Seitdem sie das zugelassen und sie mit Aan daran gearbeitet hatte, ihre Angst zu überwinden, war es wesentlich besser geworden. Seitdem hatte sie auch wieder zu alter Stärke gefunden. Nur nachts versetzten sie ihre Alpträume immer wieder in die Vergangenheit und dann war sie froh, dass Aan bei ihr war.
     Nur, dass Aan, der einen überaus tiefen Schlaf hatte, das nicht wissen konnte.


Er wusste nicht, wie wichtig er Jana war und er wusste auch nicht, wie froh sie darüber war, dass Aan ein Vater für ihre Tochter geworden war. Nyota hatte ihn letztens das erste Mal Papa genannt und Aan hatte ihr nur lächelnd gegen die Nase gestupst, dass das kleine Mädchen empört die Wangen aufgeplustert hatte. 
     Er hatte ihr nicht gesagt, dass er nicht ihr Vater war und Jana war ein unendlich großer Stein vom Herzen gefallen, dass er das nicht getan hatte. Sie hatte immer ein bisschen befürchtet, dass er Nyota ablehnen würde. Es war schon für sie selber manchmal nicht einfach, ihrer eigenen Tochter ins Gesicht zu sehen, dass so eindeutig nach ihrem Erzeuger aussah.
     „Ba-ba!“, rief Nyota gerade wieder, als Aan vor ihrer Wiege stand und das vor Begeisterung kreischende Mädchen fliegen ließ.
     Ein Lächeln hatte sich bei diesem Anblick ganz automatisch auf Janas Gesicht geschlichen.


Nur, was Aan dann sagte, traf sie schwer: „Du bist ja so niedlich. Ich wünschte, ich hätte auch so einen kleinen Racker wie dich.“
     Ihr Lächeln erlosch sofort. Doch Aan, der noch damit beschäftigt war, die heftig protestierende Nyota ins Bettchen zu legen, bemerkte das nicht.


Als er sich Jana zuwandte, hatte die auch bereits wieder ein gezwungenes Lächeln aufgelegt.
     „Also, du willst ein Kind haben?“, fragte sie zögerlich.
     „Ja, schon.“ Er seufzte. „Es fehlt mir nur die Frau dazu.“


Als er Jana jetzt wieder ins Gesicht sah, starrte sie ihn so böse an, dass er heftig zusammenzuckte. Sie hatte ihm gegenüber lange keinen Wutausbruch mehr gehabt, umso erschrockener war er, sie jetzt plötzlich so wütend zu sehen. Er hatte keine Ahnung, was er falsch gemacht hatte.
     „So, ich bin dir also nicht mehr gut genug, ja?“, meinte sie eingeschnappt.
     „N-nein! Natürlich nicht! Es ist nur…“ Seine Schultern fielen herab und er sagte kleinlaut: „Aber du wolltest mich ja nicht.“


Sie öffnete empört den Mund und Aan rechnete schon beinahe damit, dass sie bald auf ihn losgehen würde, aber dann schloss sie ihn wieder. Plötzlich sah es so aus, als wäre sie verlegen. Aber vielleicht bildete er sich das auch nur ein. Er hatte Jana bislang nur einmal verlegen gesehen.
      „Das hab ich gesagt, aber ich hab mich ja umentschieden.“
      Sie hatte ihn schon immer geliebt; das hatte sie ziemlich schnell erkannt. Aber die Angst, ihn erneut in Gefahr zu bringen, hatte sie dazu gebracht, ihn von sich zu stoßen. Sie hatte gedacht, dass er sowieso schnell eine andere Frau finden würde. Da hatte sie aber nicht mit seiner Sturheit gerechnet oder mit dem, was ihr widerfahren war. Seitdem wusste sie, dass sie Aan nicht mehr gehen lassen konnte.
      Aan starrte sie derweil ungläubig an. „Was? Wann?“
      „Na, als ich sagte, dass“, und der Rest war so leise, dass er sie kaum verstand, „ich deine friedliche Art brauche. Da halt.“ Sie setzte ihre Wut wieder auf. „Dass du mich das wirklich nochmal sagen lässt!“, sagte sie genervt.
      Aan konnte es nicht glauben. War das etwa wieder einer seiner Träume, in denen er und Jana doch zusammen waren? Es war zu schön, um wahr zu sein.


Bevor er aber erwachen konnte, war er an Jana herangetreten und hatte sie an sich gedrückt. Er spürte, wie sie sich augenblicklich versteifte.
     „Ich - ich weiß nicht, ob ich das mag…“
     „Ganz ruhig, das bin doch nur ich.“
     Da entspannte sie sich ein wenig.
     Es war nur Aan. Sie hatte es bislang vermieden, übermäßig Nähe zu ihm zu suchen, obwohl sie sich das schon manchmal gewünscht hätte. Doch sie musste zugeben, dass auch das etwas war, das ihr Angst machte. Nähe, die Gefahr, dass er bald mehr als nur Umarmungen von ihr haben wollen würde. Und sie wusste, dass sie dafür noch nicht bereit war.
     Sie hatte sich, ehrlich gesagt, schon gewundert, dass Aan bislang so distanziert zu ihr geblieben war, hatte aber gehofft, dass er ihre Situation einfach verstehen würde. Stattdessen hatte er einfach nur nicht verstanden, dass sie doch schon längst zusammen waren.


Seitdem er es wusste, veränderte sich sein Verhalten ihr gegenüber natürlich drastisch. Es war nicht so, dass er sich ihr aufdrängte – er hatte ihr immer wieder versichert, dass sie sich Zeit lassen würden –  aber Jana traute sich auch nicht, ihm zu sagen, dass sie sich manchmal nicht ganz so wohl dabei fühlte, wenn sie sich nahe waren. Wenn er sie küsste und berührte. Was auf der anderen Seite natürlich auch etwas war, das sie selber wollte. Manchmal. Manchmal nicht. Sie mochte seine Berührungen und seine Küsse, aber sie mochte es nicht, wenn seine Hände in gewisse Regionen abrutschten und sie mochte es nicht, wenn er sich zu sehr beim Küssen verlor. 
     Und über allem die Angst, dass sie letztendlich mit ihm würde schlafen müssen. Sie wusste ja, dass er Kinder wollte und sie wollte ihn auch nicht verlieren. Es war zum verrückt werden.


Und dann war da noch diese kleine, nagende Wut, die sie jedes Mal befiel, wenn sie sah, dass Aan mit anderen Frauen zu tun hatte. Wenn er mit Akara sprach, die neuerdings ja wieder zu haben war. Oder noch schlimmer, Anya, mit der er sich scheinbar prächtig verstand. Sie wusste, dass Anya es auch nicht einfach gehabt hatte, im Gegenteil, aber wenn sie sah, dass die andere Frau auch nur mit Aan redete, wollte sie sie am liebsten umboxen.


‚Anya hat keine Angst davor, es zu tun, obwohl sie dasselbe erlebt hat wie ich. Sie würde sogar sterben, um Kinder zu bekommen‘, schoss es ihr durch den Kopf und sofort war ihre Wut Resignation gewichen. ‚Und was mache ich? Ich hab sogar Angst davor, wenn Aan mir zu nahe kommt. Ich bin echt erbärmlich! So kann das nicht weitergehen!‘


Also tat sie etwas dagegen. Ohne lange zu fackeln, riss sie Aan barsch aus seinem Spiel, das er gerade mit Anya begonnen hatte, und zog ihn unsanft hinter sich her. Unter seinem stotternden Protest ging es zielstrebig Richtung Schuppen.


Kaum, dass sie im Schuppen waren, begann Aan zu fragen, was sie hier wollten. Doch Jana ignorierte ihn, während sie die Tür hinter ihnen verriegelte und ein Feuer in der Feuerschale entfachte. Ihre Hände zitterten und sie musste sich mehrmals dazu anhalten, sich zu beruhigen. 
      Aan war inzwischen dazu übergegangen, abzuwarten, bis sie schließlich fertig war und vor ihm stand. Natürlich mit einigem Abstand zwischen ihnen.
     „Was wollen wir hier?“, fragte er wieder, als wüsste er das nicht ganz genau.
     „Wir werden jetzt ein Kind machen!“, verkündete Jana so fest und überzeugt, wie sie nur konnte.
     Wenn Aan den Überraschten spielte, tat er das zumindest sehr gut.


 „Jana, ich habe dir doch gesagt, dass wir uns alle Zeit der Welt damit lassen können, oder?“ Er stemmte die Hände in die Hüften und sein Lächeln sah wirklich ehrlich aus. Vielleicht war es das auch; Jana konnte das nicht sagen. „Es ist auch vollkommen in Ordnung für mich, wenn wir keine Kinder bekommen würden. Wir haben immerhin Nyota.“
     ‚Lügner! Ich weiß doch, dass du ein Kind haben willst!‘, dachte sie.
     „Für mich ist das aber nicht okay! Ich will das machen! Jetzt! Ich bin schließlich nicht krank oder so!“
     „Ich weiß. Aber ich weiß auch, dass das für dich nicht so einfach ist. Und ich weiß auch, dass du dich immer viel zu sehr unter Druck setzt. Deswegen – lass es gut sein, ja?“
     Sein Lächeln sah wirklich ehrlich aus. Vielleicht meinte er es ja nur gut, aber Jana konnte das momentan nicht sehen. Sie ärgerte sich so sehr darüber, wie er sie behandelte.


Also verlor sie sich in ihrer Wut. „Kannst du nicht mal damit aufhören, mich wie ein Säugling in Wolle zu packen und einfach mitmachen, verdammt?“, schnauzte sie ihn an.
     Sie hatte noch ein paar andere Dinge auf Lager, die sie bereit war, ihm an den Kopf zu werfen, aber als sie sein erschrockenes Gesicht und seine erhobenen Hände sah, erschrak sie selber. 
     Was nur tat sie gerade? Sie schrie ihn an und bewirkte damit nur das, was sie eigentlich verhindern wollte. Sie würde ihn davonjagen.


 „Entschuldige, Aan, ich wollte dich nicht anschreien!“
     Das Lächeln kehrte auf sein Gesicht zurück und da sah sie erstmals, dass es wirklich echt war. „Schon gut, ich weiß ja, wie gesagt, dass du dich immer viel zu sehr unter Druck setzt, obwohl das überhaupt nicht nötig ist. Ich liebe dich und ich werde bei dir bleiben, egal, was auch geschieht.“
     Jana lächelte erleichtert. Sie wusste, dass es so war, aber sie hatte es in ihrer Angst vollkommen verdrängt. Dennoch war es damit nicht getan.
     „Gut. Ich will es aber trotzdem jetzt machen.“
     „Bist du… sicher?“
     Jana nickte und dann hatte sie sich niedergelassen. Aan zögerte noch einen Moment, setzte sich aber schließlich zu ihr. Sie bemerkte, dass er versuchte, nicht zu grinsen. Es war nicht so, dass er sich das nicht gewünscht hätte. 


 Viel zu schnell war er bei ihr und sie spürte seine Lippen auf den ihren. Sie versteifte sich unwillkürlich, zwang sich dann aber dazu, mitzumachen.
      ‚Es hat dir schon oft gefallen. Früher. Es ist nur ein Kuss. Entspann dich! Alles wird gut!‘, sagte sie sich selber immer und immer wieder in ihrem Kopf.
      Irgendwann war es wie ein Mantra, das Einzige, auf das sie sich konzentrierte, um zu vergessen, was gerade um sie herum geschah.


Dann schließlich spürte sie Arme, die sie umschlossen, langsam zurückdrückten. Sie ließ sich fallen und alles war gut, bis zu dem Moment, als sie den kalten Boden an ihrem Rücken spürte. Jemand, der über ihr war. Da war es vorbei. Die Angst kroch ihr augenblicklich in die Glieder und sie wollte nichts lieber, als sich aus der Umklammerung zu befreien, die da nicht war, und davonzulaufen. Doch da hörte es plötzlich schon wieder auf.


Als sie die Augen aufschlug, sah sie, dass Aan nicht mehr über ihr war. Sie bemerkte erst jetzt, dass sie die Augen überhaupt die ganze Zeit über geschlossen hatte. Dass sie sich nicht einmal mehr geküsst hatten. 
     Sofort saß sie wieder aufrecht und da sah sie auch Aan wieder, der vor ihr auf seinen Fersen saß.
     „So geht das nicht, Jana. Ich will das nicht machen, wenn dir das so unangenehm ist. Nimm dir lieber noch ein bisschen mehr Zeit und dann können wir es wann anders noch einmal versuchen, in Ordnung?“


 „Ich… ich will es aber jetzt machen!“, hörte sie sich sagen. Ihre Stimme klang so erbärmlich verzweifelt. „Ich will keine Angst mehr davor haben müssen!“
      Als sie es sagte, erkannte sie, dass es stimmte. Es ging hier nicht nur darum, Aan nicht zu verlieren, sondern es ging hier auch um sie und ihre Angst vor jeglicher körperlicher Nähe. Und sie wollte nicht länger darunter leiden. Sie war es so leid.
      „Ich will das hinter mich bringen! Ich will sehen, dass es nicht immer so ist, wie das, was dieser Mistkerl mit mir gemacht hat!“ Sie schluckte ein paar Tränen. „Bitte, Aan! Du bist der Einzige, der mir dabei helfen kann!“


Aan war sichtlich überrumpelt davon, aber dann legte sich eine Entschlossenheit auf sein Gesicht, die sie erleichterte.
     „Was hältst du dann davon, wenn du dich einfach erstmal auf mich draufsetzt?“, schlug er vor.
     Sie mochte es nicht, auf dem Boden festgenagelt zu sein. Es erinnerte sie zu sehr an den Tag, den sie lieber für immer vergessen wollte. Sie schluckte noch einmal schwer, wischte sich die Tränen aus den Augenwinkeln und nickte dann.


Kurz darauf saß sie auf Aan und als er fragte, ob es besser sei, nickte sie erneut. Sie zitterte noch immer am ganzen Leib, aber diesmal hielt sie sich nicht zurück. Sie versteckte nichts. Weder ihre Angst, noch ihre Tränen. Sie war so dankbar, dass sie nicht allein war.
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 Hier weiterlesen -> Kapitel 59

Ohne, dass es irgendjemand wusste (außer Jana), waren Aan und Jana also schon längst zusammen.
Ich habe lange überlegt, ob ich die beiden überhaupt zusammenkommen lasse. Es sollte ursprünglich nach Janas Abweisung eigentlich vorbei mit den beiden sein und Aan den Stamm verlassen. Aber Aan ist mir so ans Herz gewachsen und nach der ganzen Sache mit Dia Hell hat es auch einfach nicht zu seinem Charakter gepasst, dass er abhaut und Jana alleine lässt. 
Und sie sind echt süß zusammen <3.



Guckt, wie Jana nach ihrem ersten Kuss strahlt. Sie sind auch mein erstes, richtiges Pärchen. Mir ist letztens erst aufgefallen, dass viele meiner Paare nie über den "Romantisches Interesse"-Status im Spiel hinausgekommen sind. Muss ich dringend mal nachholen.

Auch die Thematik mit Janas Angst vor körperlicher Nähe wollte ich eigentlich nicht wirklich behandeln, da das doch ein ziemlich schwieriges Thema ist, um es auch in Worte zu fassen. Ich denke, dass jeder (egal, ob Mann oder Frau) damit auch anders umgeht, aber ich glaube, dass das niemanden unverändert lässt. Ich konnte es deshalb doch nicht einfach so unter den Teppich kehren. Das wäre nicht richtig gewesen und dafür hat Jana die Vergewaltigung zu sehr mitgenommen. 

Um mal ein weniger ernstes Thema anzusprechen, habe ich übrigens mal zwei Bilder vom alten und vom neuen Haus gemacht, weil ich meine tolle Containerbaukunst, glaube ich, noch nie im Grundriss gezeigt habe. Da sie jetzt in der Eisenzeit sind (schon länger eigentlich ^^'), hab ich ihnen mal Betten (an den farbigen Bändern erkenne ich, wo wer schläft) und Türen (auch um die Hunde auszusperren, die haben mich wahnsinnig gemacht, dass die immer meine Sims wachgemacht haben >_<) gegönnt. Von nun an wird die Kleidung auch etwas bunter werden. Ich hatte lange genug farblose Sims.

Vorher:


Nachher:



Ich habe das Haus eigentlich nur größer gemacht und zwei Räume hinzugefügt. Ich wollte am Anfang nur einen großen Raum haben, aber inzwischen haben sie ja auch die Technik, Innenräume zu machen. Die Babys haben vorher draußen im Schuppen geschlafen, damit sie meine großen Sims nicht wachschreien (was mir aber nie so gefallen hat, weil, es ist natürlich gefährlich, seine Kinder draußen zu haben...) und dort sind jetzt die Vorräte drinnen, während die Kinder einen extra Raum bekommen haben, damit Mama und Papa in Ruhe schlafen können. Die Tiere, die sie damals (in der Realität) auch teilweise mit im Haus hatten, sind während der kalten Jahreszeiten jetzt drinnen (die armen Dekotierchen sollen ja nicht frieren).  
Schade, dass ich bei dem Umbau hier noch nicht die glaslosen Fenster hatte, die mammut gemacht hat. Dieser Umbau fand im Spiel halt schon im Dezember 2017 statt. Aber der nächste "Umbau" kommt und dann gibts endlich einen Rauchabzug. Das ärgert mich schon seit Ewigkeiten, dass meine Sims eigentlich alle schon an Rauchvergiftung eingegangen wären.

Zum Abschluss hab ich noch ein paar (auch informative) Outtakes für euch. 

Und nächstes Mal dann bekommen die Großväter mal ein bisschen Aufmerksamkeit. (Sen: "NEIN! Verschone uns!" Keine Sorge, ich werde schon keinen Mummenschanz mit euch anstellen... vielleicht...)

Bis dahin, danke fürs Vorbeischauen und ich verabschiede mich!

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