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Samstag, 30. Dezember 2017

Kapitel 7 - Das Mädchen ohne Namen




Der Schmerz kam am Abend, als sie gerade Schlafengehen wollte, und er durchfuhr sie mit einer solchen Heftigkeit, dass sie dachte, sterben zu müssen. Er zwang sie in die Knie, krümmte sie und für einen Moment wechselte ihre Sicht von tanzenden Lichtpunkten zu absoluter Dunkelheit. Als sie wieder sehen konnte, war da nur noch eine immer größer werdende Lache unter ihr. Erst da war sie in der Lage zu schreien.


Als Tibit den Kopf aus dem Zelt streckte, waren alle Augen sofort auf ihn gerichtet. Die nächtliche Ruhe war durch Lumas Schrei zerschnitten worden, und das hatte sie alle aus dem Schlaf geschreckt. Seitdem warteten sie darauf, dass ihr Medizinmann ihnen entweder schlechte Nachrichten überbrachte oder aber Entwarnung gab. Doch keiner von ihnen konnte im Gesicht des alten Mannes lesen. Es war für Tibits Verhältnisse ungewöhnlich verschleiert. Und das besorgte vor allen Dingen Enn umso mehr.


Sofort war er bei dem Medizinmann. „Werden sie es schaffen?“
     Tibit wollte den Kopf schütteln, besann sich dann aber eines besseren. Stattdessen sagte er: „Das kann ich noch nicht sagen. Sie ist schwach und das Kind will nicht kommen, obwohl es Zeit dafür ist.“ Er ließ dem anderen Mann einen kurzen Moment, bevor er hinzufügte: „Ich kann jedenfalls nicht mehr viel für sie tun. Ich werde einen Baum suchen gehen, dessen Rinde Schmerzen lindert, aber es liegt jetzt an ihr.“
     Dann war er an Enn vorbeigegangen, hatte Hund ein Zeichen gegeben, woraufhin der Wolf an seine Seite getrottet kam, und war Richtung Wald verschwunden.


Zurück blieb ein überaus besorgter Enn. Es war eine schlimme Sache, wenn ein Kind bei der Geburt starb, aber es war doppelt so hart, wenn die Mutter mit ihm ging. Und er wollte Luma auf keinen Fall verlieren. Nach all der Zeit, die er jetzt schon bei ihr war, konnte er sich nicht mehr vorstellen, ohne sie zu sein.
     Während er das dachte, fiel sein Blick auf seinen Sohn Lenn, der noch immer in seinen Armen weinte. Er konnte nicht einmal etwas tun, um ihn zu trösten. Was nur sollte er tun, wenn Luma nicht mehr da war, wenn er nicht einmal seinen eigenen Sohn beruhigen konnte? Bei dem Gedanken daran wuchs die Sorge in ihm noch ein Stück weiter und sie drohte nun immer mehr, in Verzweiflung umzuschlagen.
     Das erkannte auch Tara, die in diesem Moment vor ihn trat und ihm beruhigend eine Hand auf die Schulter legte. Solange sein Vater so unruhig war, würde auch der Kleine sich nicht beruhigen. „Geh ruhig zu ihr! Ich werde mich um Lenn kümmern“, bot sie an.
     Enn starrte sie einen Moment lang an, als würde er nicht verstehen, was sie meinte. Dann aber nickte er schließlich, übergab den Kleinen an Tara und verschwand in dem Zelt, in dem sie Luma noch immer leise vor Schmerzen stöhnen hören konnten.


Tara indes kehrte an ihren Platz zurück und begann, Lenn beruhigend in den Schlaf zu wiegen. Wie viele kleine Kinder merkte auch dieser Kleine, dass etwas nicht stimmte. Doch Tara konnte ihre Sorge um die Freundin gut verstecken, und so schaffte sie es schnell, dass der Junge das Weinen wieder einstellte.
     Eine ganze Weile, nachdem er verstummt war, herrschte danach Stille. Nur das unregelmäßige Knacken der Holzscheite im Feuer und Lumas schmerzerfüllte Laute waren zu hören. Irgendwann in dieser kurzen Zeit schaffte es Lenn endlich, in Taras Armen einzuschlafen.


„Es wundert mich, ehrlich gesagt, dass das nicht schon viel früher passiert ist“, brach Sen neben ihr schließlich die Stille.
     „Sen!“, versetzte Tara empört. „Meinst du nicht, dass das ein bisschen…“ Sie hatte nicht einmal ein Wort dafür. Sie wusste, dass er es nicht böse gemeint hatte, aber es war trotzdem, als würde er Luma schon tot sprechen.
     „So war das ja nicht gemeint.“ Er zog die Schultern in die Höhe. „Es ist nur, dass ich schon ein bisschen rumgekommen bin und bei der einen oder anderen Geburt zugegen war. Und nicht alle sind so glatt gelaufen, wie die euren.“ Er hob abwehrend die Hände. „Ich bin natürlich froh, dass bislang alles gut gegangen ist, aber… nun, frag mal Tibit, der kann dir auch einiges darüber erzählen.“
     Tara wusste selber gut genug, dass Tibit schon viele Todesfälle in Verbindung mit Schwangerschaft und Geburt gesehen hatte. Das hatte er ihr damals, als sie selber mit Tanna schwanger gewesen war, schließlich oft genug erzählt. Am Anfang hatte sie seine Sorge noch gerührt, aber irgendwann war sie nur noch genervt gewesen.
     „Luma wird das überstehen!“, sagte sie schließlich mit fester Stimme, obwohl sie selber nicht einmal davon überzeugt war.


Sen verkniff sich einen weiteren Kommentar dazu. Egal, was er sagte, es würde ohnehin nicht helfen. Schwangerschaften und Geburten waren immer eine gefährliche Sache. Er war froh, dass Lu und Jin da waren, und er war Tara und Luma auch sehr dankbar dafür, aber vielleicht war das auch ein Grund, warum er nie wieder Anstalten gemacht hatte, ein weiteres Kind zu zeugen. Er wollte einfach nicht verantwortlich dafür sein, dass jemand starb und er im Endeffekt die Schuld daran hatte.


Tibit derweil hatte den Baum mit der schmerzstillenden Rinde inzwischen gefunden. Die Rinde war verstaut und er war bereit zum Aufbruch, aber er machte trotzdem keine Anstalten, jetzt schon wieder umzudrehen. Stattdessen blickte er zum Himmel, der fleckig durch das lichte Blätterdach über ihm lugte, und hob die Hände zu den Sternen empor.
     „Oh, großer Geist des Lebens“, begann er, „ich bitte dich darum, Mutter und Kind in dieser Nacht zu behüten! Gewähre ihnen deine heilsame Berührung, schenke ihnen deinen lebensbringenden Hauch!“
     Er konnte den Geist des Lebens nicht sehen. Das hatte er noch nie gekonnt. Die Geister der Toten, sie kamen zu ihm, aber der Geist des Lebens hatte sich ihm noch nie gezeigt. Aber er wusste, dass er da draußen war. Er wusste, dass er existierte. Und wenn es jemanden gab, den er hören konnte, dann war es er. Das hoffte er zumindest.


Der Geist des Lebens war überall. In den Pflanzen, den Tieren, in ihm und den Anderen. Selbst die Flüsse und der Wind trugen ihn mit sich. Und als er ins Lager zurückkehrte und die Sonne gerade am Horizont in den Himmel zu steigen begann, sah er den Geist des Lebens auch in ihr. Denn die Sonne war es, die mit ihren wärmenden Strahlen ihnen allen das Leben schenkte. Gleich dem warmen Schoß einer Mutter. Auch wenn sie dieses Jahr noch so schwach war, wie ein Neugeborenes, obwohl sie längst kräftig am Himmel hätte stehen sollen.
     Luma stieß in dem Moment, als Tibit zurückkehrte, einen schwachen Schrei aus, bevor sie ihrem Mädchen nach vielen harten Stunden schließlich auf die Welt half. Alles, was sie noch sagen konnte, bevor die Erschöpfung sie übermannte war: „Wir brauchen einen Namen für sie.“ Dann waren ihre Augen zugeklappt, und Enn hatte der Schrecken durchfahren, dass sie gestorben sein könnte. Doch als er gesehen hatte, dass sich ihr Brustkorb weiterhin sachte hob und senkte, hatte er sich wieder beruhigt.


Doch die Sorge um Mutter und Tochter war geblieben. Luma würde es vielleicht schaffen, aber für das Mädchen, das sie zur Welt gebracht hatte, sah das wiederum ganz anders aus. Es war ein dünnes und schwaches kleines Ding. Es hatte nicht einmal die Kraft gehabt, einen Schrei auszustoßen, hatte nur kraftlos dagelegen und mit äußerster Mühe das Atmen begonnen. Sie alle wussten, dass das ein schlechtes Zeichen war.
     Sie hatten es daraufhin in Felle gewickelt, waren mit ihm in die Sonne gegangen und hatten versucht, es zu füttern, aber es hatte nicht einmal versucht, bei Tara zu trinken. „Es scheint nicht den Willen zum Leben zu haben“, hatte Tibit nur gesagt und den Kopf geschüttelt.


Die Sonne war immer höher in den Himmel geklettert, und schließlich hatte Tibit den Kopf wieder aus Lumas Zelt gesteckt und Enn nach drinnen gerufen. Das Mädchen ohne Namen war daraufhin an Tara übergeben worden und die hatte es letztendlich Lu in die Hände gedrückt, als die anderen, hungrigen Kinder ihre Aufmerksamkeit gefordert hatten. 
     Und so war das Mädchen ohne Namen an Lu gekommen, der momentan vollkommen überfordert mit ihr war. Er hatte natürlich mitbekommen, was geschehen war, und wie alle anderen hoffte er natürlich auch, dass Luma und ihre Tochter überlebten. Aber momentan hatte er viel zu viel Angst davor, das kleine Mädchen fallen zu lassen oder kaputt zu machen. Sie wirkte so klein und zerbrechlich. Selbst das Atmen schien ihr schwer zu fallen.
     Was sollte er tun? Vielleicht sollte er mit ihr reden? „Also… ähm… vielleicht solltest du etwas essen. Danach wird es dir bestimmt besser gehen.“ 
     Er kam sich nicht nur ziemlich dämlich dabei vor, es war auch ziemlich dämlich zu glauben, dass sie ihn verstehen würde. Und natürlich tat sie das nicht. Natürlich nahm sie nicht einmal Notiz von ihm. Sie lag nur da und atmete rasselnd.


 In dem Moment kam Jin, satt und quietschvergnügt, aus dem Verschlag, in dem er schlief und begann, auf die kleinen Trommeln zu hauen, die die Erwachsenen ihm gebaut hatten. Alle hassten es, wenn er das tat, aber es war anscheinend seine Lieblingsbeschäftigung. Und als er mit Wucht den ersten Schlag tat, zuckte das kleine Mädchen in seinen Armen das erste Mal zusammen.
     Lu erschrak daraufhin so heftig, dass er sie beinahe fallen ließ. Er wollte nach seiner Mutter rufen, aber als er das kleine Bündel in seinen Armen ansah, kam ihm mit einem Mal eine Idee. Er erinnerte sich an die Zeit, als seine Mutter ihn in den Schlaf gesungen hatte. Ihre Stimme war zuerst deutlich zu hören gewesen, und dann war sie immer leiser geworden. Sie hatte ihm ihren Finger auf die Nase gelegt, und meistens war der irgendwann in seinem Mund gelandet. Wahrscheinlich hatte er deshalb erst damit angefangen, als Kleinkind am Daumen zu nuckeln.


Gedankenverloren hatte er angefangen, die Melodie zu summen, die seine Mutter ihm immer vorgesungen hatte. Sein Zeigefinger trommelte sachte im Takt der Musik auf die kleine Nase des Mädchens. Bis er plötzlich etwas Nasses an der Fingerspitze spürte, und als er nachsah, musste er feststellen, dass sie tatsächlich versuchte, unbeholfen mit dem Mund danach zu schnappen. Lu war darüber derart überrascht, dass er innehielt und ihr die Möglichkeit gab, ihn zu erwischen.
     Es fühlte sich merkwürdig an. Da waren so gar keine Zähne in ihrem Mund. Nur weiches, glitschiges Zahnfleisch. Sie versuchte, an seinem Finger zu saugen, aber sie war so schwach, dass er ihren Zug kaum spüren konnte. Lu war so fasziniert davon, dass er sie eine ganze Weile lang mit offenem Mund beobachtete, bevor er aufgeregt seine Mutter rief.


Luma ließ es sich nicht nehmen, selber nach draußen zu kommen und sich das Wunder anzusehen, das Lu vollbracht hatte. Ihre Tochter war noch immer blass und schwach, aber dennoch trank sie kurz darauf ihre erste Milch. Es war nicht viel, aber es war ein Anfang.
     Als Luma dann das schlafende Mädchen in den Armen hielt, warf sie einen Blick zu Enn und schlug vor: „Was hältst du davon, wenn wir sie Lulu nennen?“ 
     So bekam das Mädchen ohne Namen einen Namen, und auch wenn sie nicht einmal wussten, ob sie überhaupt den nächsten Tag erleben würde, war der erste Schritt in Richtung Leben getan.
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Hier weiterlesen -> Kapitel 8 

Ich hab mal einen Stammbaum gemacht, um für ein bisschen Überblick zu sorgen. Es kommen auch erstmal keine neuen Sims hinzu... in Generation 1 ;)



Dieses Kapitel war klein und äußerst gemein zu mir. Ich dachte mir noch so: "Ach ja, endlich mal ein kleineres Kapitel. Das dauert nicht lange." *lacht* Denkste!
Zuerst musste ich feststellen, dass es Posen gibt, die mich tatsächlich noch mehr ärgern als Erwachsener-hält-Kleinkind-Posen, nämlich Baby-Posen. Und dann meinte mein Spiel, sich alle 5 Minuten zu verabschieden, weil ich Schindluder mit einem alten Spielstand getrieben habe, damit der zur Geschichte passte. ARGHH!!!! GRRR!!! Ich habe einen ganzen Abend allein mit dem Bildermachen gekämpft... Für 13 Bilder...

Naja, jetzt ist es geschafft und nächstes Mal geht es größtenteils fröhlicher und auch wieder länger zu.

Bis dahin, danke fürs Vorbeischauen und ich verabschiede mich!

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