Neuigkeiten

Hallo und herzlich willkommen in meiner (Sims-)Wortschmiede!
Ich wünsche euch viel Spaß beim Lesen!
Neu hier? Dann hier anfangen.
Wulfgars Geschichte jetzt komplett online!

Mittwoch, 13. März 2019

Kapitel 83 - Der erste Schultag



Ein paar Tage später hatte man sich dazu entschlossen, dass die Kinder eine Beschäftigung brauchten, um bei den gefährlichen Bauarbeiten aus dem Weg zu sein. Wulfgar hatte sie daraufhin ein paar Tage im Kampf unterrichtet, aber da es inzwischen einige blaue Flecken und Unmut gegeben hatte, und Wulfgars Tragkraft zudem gebraucht wurde, hatte Aan vorgeschlagen, den Kindern Lesen beizubringen. Beim Unterrichten von Nyota und Lu war ihm nämlich aufgefallen, dass Erstere sehr viel schneller lernte, und er glaubte nicht daran, dass das unbedingt daran lag, dass sie so viel intelligenter als der Schamane war. Das war sie nämlich nicht. Er glaubte viel mehr, dass es daran lag, dass Nyota einfach jünger war und die Jüngeren schneller lernten.
      Also hatte er die Kinder in sicherer Entfernung zusammengerufen, dort, wo einst ihre Pinkelbüsche gestanden hatten, die sie ebenfalls zum größten Teil hatten entfernen müssen. Heute erst hatten sie das Holzfällen und Sägen abgeschlossen, und im Hintergrund waren die Anderen bereits fleißig dabei, die neuen Holzbalken aufs Haus zu bringen, die bald schon wieder ein Dach tragen würden.


Aan war froh, dass er dabei gerade nicht helfen musste. Er war ja noch nie der Stärkste gewesen, und normalerweise führte er auch nur Aufsicht und gab Anweisungen, was heute Tann übernommen hatte. 
     Die Kinder aber, die sich im Halbkreis um ihn geschart hatten, sahen weniger froh aus. Die meisten versuchten ihren Unmut zu verstecken, aber es war offensichtlich, dass sie nicht so begeistert davon waren, lesen zu lernen. Lediglich auf Nyotas Gesicht hatte sich ein Lächeln verirrt. Sie war schon immer ganz begierig darauf gewesen, zu lernen.
     Trotzdem dachte Aan nicht daran, sein Vorhaben aufzugeben. 
     „Nach dem Mittagessen treffen wir uns unten beim Handelsposten“, erklärte er gerade abschließend.
     Alin hatte ihnen netterweise erlaubt, dass sie den Unterricht dort abhalten konnten. Was sehr nützlich sein würde, da sich der Sand hervorragend zum Schreiben eignete. 


Nachdem Aan weg war, war Jade die Erste, die sich regte. Entgegen der allgemein lustlosen Stimmung, klatschte sie aufgeregt in die Hände und verkündete: „Ich geh und frag Wotan, ob er auch kommt.“
      Was augenblicklich einen genervten Ausdruck auf Leifs Gesicht zauberte. 


  „Du... fragst du auch seine Schwestern?“, bat Ragna sie plötzlich.
      „Wieso denn?“, gab Jade verständnislos zurück. „Keiner will die Nervschwestern hier haben.“


„Das ist aber nicht nett, sie nicht wenigstens zu fragen“, mischte sich Nero ein. 
     Er konnte sich schon denken, was los war, wenn der sonst so schweigsame Ragna tatsächlich einmal um etwas bat. Also wandte er sich an ihn und fragte direkt: „Wollen wir sie vielleicht fragen gehen?“


„Sag bloß, dass du in eine von denen verknallt bist?“, grätschte Nila, der Blödmann, dazwischen. In wen denn? Die zickige Gisela oder Jungen-Giselinde?“
      Nero stöhnte genervt. „Frag sie einfach, Jade, bitte!“


So kam es, dass Aan die Kinder bald darauf das erste Mal unterrichtete. Die graue Wolkendecke hatte sich verzogen und einem strahlend blauen Himmel Platz gemacht, als sie sich zur ersten Unterrichtsstunde an einem sandigen Abschnitt beim Handelsposten zusammenfanden. Neben den Uruk-Kindern, waren auch die Hell-Kinder und Nara mit Aufpasser Alek erschienen. Malah hatte die Idee gehabt, sie einzuladen. Vielleicht würde sie es nicht schaffen, lesen zu lernen, aber vielleicht konnte Aan ihr helfen, das Sprechen zu lernen. Auf jeden Fall wusste sie, dass sich Nila ihr gegenüber zurückhalten würde, solange ein Erwachsener zugegen war.
     Als Alin ankam, um Aan um einen Gefallen zu bitten, waren die Kinder aber für eine kurze Zeit auf sich allein gestellt. Er ließ ihnen eine Aufgabe da und ging davon.


Doch kaum, dass er fort war, brach natürlich das Geschnatter los. Und Nyota war einfach nur genervt. Es war das erste Mal, dass man sie überhaupt so sehen konnte.
     Sie hatte sich gefreut, bislang allein, höchstens mal mit Lu zusammen, bei ihrem Vater lernen zu können, und es hatte sie gestört, dass die Anderen jetzt auch bei ihm lernen durften. Aber dass sie das nicht einmal wollten, es nicht einmal versuchten, obwohl sie die Möglichkeit dazu hatten, ärgerte sie bodenlos.


Die meisten waren sofort auf den Beinen. Wotan und Jade hatten nicht einmal den Anstand, dazubleiben. Nyota wusste, dass das von Wotan ausging und Jade nur der Mitläufer war, aber es änderte trotzdem nichts an dieser Frechheit. Leif sah aus, als ob er ihnen am liebsten nachgelaufen wäre, aber er blieb wo er war. Er hatte wohl Schiss vor Wotan.               


Nero hatte Ragna derweil dazu gebracht, zu Giselinde zu gehen, und während Gisela (die nur mitgekommen war, „um ihre Schwester vor den Uruk-Hinterwäldlern zu beschützen“) sich andauernd über alles Mögliche beschwerte, versuchte Ragna mit Neros Hilfe vergeblich, ein Gespräch mit Giselinde zu führen. Doch die redete die meiste Zeit allein mit Nero, da Ragna zu schüchtern war, um überhaupt ein Wort herauszubekommen. Es war offensichtlich, dass er in Giselinde verknallt war.


Malah war die Einzige, die sich überhaupt der Aufgabe widmete, indem sie versuchte, es Nara beizubringen, was total fruchtlos war. Vor allen Dingen, da sich Nila direkt neben sie gesetzt hatte und sich die ganze Zeit darüber lustig machte, dass Nara überhaupt nichts verstand. Und dabei war er schon milde für seine Verhältnisse, was wahrscheinlich daran lag, dass Alek auch dabei war.


Letztendlich Alistair, der seine Aufgabe nur eines kurzen Blickes gewürdigt hatte und sich dann einfach hingelegt hatte. Sogar er! Das konnte doch nicht wahr sein!


Bevor sie sich versah, war Nyota erbost aufgesprungen, hatte sich vor den Anderen aufgebaut und gesagt: „He, hört auf zu quatschen und macht lieber eure Aufgabe!“
     Die Gespräche verstummten abrupt und man starrte sie nun allgemein schweigend an.


„Ich weiß zu schätzen, dass du die Anderen zur Arbeit antreiben willst“, fuhr zu allem Überfluss plötzlich ihr Vater dazwischen, der zurückgekehrt war und der sich im Folgenden zu den anderen Kindern drehte, „und sie hat damit auch vollkommen recht.“ Er sah wieder sie an. „Hast du deine Aufgabe eigentlich schon fertig?“


Nyota schüttelte beschämt den Kopf und ging an ihren Platz zurück. Auch alle anderen setzten sich nun wieder in den Sand und begannen, sich ihren Aufgaben zu widmen. Alle, bis auf Alistair. Als Aan sah, dass sein Sohn nur Löcher in die Luft starrte, ging er zu ihm.
     „Das gilt auch für dich, Alis.“
     „Ich bin aber schon längst fertig.“


Aan kniete sich hin, um nachzusehen und tatsächlich nickte er nach einem Moment des Überprüfens.
     „Dann gebe ich dir eine neue Aufgabe“, sagte er und begann, die alte Aufgabe zu verwischen und eine neue in den Sand zu schreiben.
     „Das ist aber total langweilig“, jammerte Alistair.
     „Wie wäre es dann mit Rechnen? Das müsste dich eine Weile beschäftigen.“
     Nyota warf einen Blick auf die Rechenaufgabe und als sie sah, wie schwierig sie war, dass selbst sie sie nicht lösen konnte, konnte sie ein Grinsen kaum unterdrücken.


Doch die Schadenfreude verging ihr gehörig, als sie hörte, wie Alistair, nach nur einer kurzen Einführung in die Zahlenwelt von Aan, auch diese Aufgabe mit Leichtigkeit löste. Sie war erschüttert. 
     Sie hatte all die Zeit so fleißig gelernt, aber dennoch konnte sie nicht mit Alistair mithalten. Wie es schien, hatte er seine Schläue von ihrem Vater geerbt. Was sie tief traf. Sie wollte so gerne wie ihr Vater sein, aber in letzter Zeit ließ sie das Gefühl einfach nicht los, dass etwas nicht stimmte. Irgendetwas war nicht richtig. Alistair war so schlau wie ihr Vater und er hatte in seinem Gesicht etwas von ihrem Vater und ihrer Mutter, während Nyota, wenn sie sich im Wasser betrachtete, höchstens eine Ähnlichkeit mit Malah feststellen konnte, was merkwürdig war.


Was stimmte nur mit ihr nicht?


Derweil hatten Wotan und Jade den Uruk-Hof erreicht. Sie waren ums Haus herumgeschlichen, immer auf der Suche nach Wulfgar, den sie schließlich vorm Grabhügel beim Holzhacken vorfanden.


„Was macht ihr denn hier?“, fragte er schlecht überrascht, als er die Ausreißer bemerkte. „Solltet ihr nicht bei Aan lernen?“
     Doch Wotan ignorierte ihn und bat stattdessen inbrünstig: „Bitte trainier mich!“


„Nun, ich habe heute keine Zeit dafür, wie du siehst. Morgen trainieren wir doch wieder.“
     „Aber das reicht nicht! Ich muss noch viel stärker werden!“
     Wulfgar furchte die Stirn. „Und warum möchtest du das so dringend?“
     „Du weißt doch, dass Wulfric letztens gestorben ist.“
     Da mischte sich Jade ein und fragte: „Wer ist Wulfric?“
     „Mein Bruder.“
     „Ich wusste gar nicht, dass du einen Bruder hattest.“


Wotan verschränkte die Arme und erzählte voll Unmut: „Er war ja auch noch total klein! Aber Mama und Griswold waren trotzdem total stolz. Als hätte der irgendwas gemacht als zu pupsen und zu schlafen. Die haben sich ja schon immer einen Jungen gewünscht, weißt du.“
     „Aber sie haben doch dich“, merkte Jade an.
     „Deswegen bin ich ja auch hin zu Griswold und hab gesagt, dass er mir endlich schmieden beibringen soll, wo Wulfric tot ist. Aber er hat mir nur eine gescheuert. Ich würde am liebsten abhauen, aber das geht nicht. Meine Mama braucht mich. Die ist total traurig, weil Wulfric tot ist. Heult die ganze Zeit und hat Angst, dass Griswold sie rausschmeißt, weil sie keine Jungen kriegt.“ Er bleckte wütend die Zähne. „Aber wenn er das macht, dann kriegt er’s mit mir zu tun! Und deswegen muss ich viel stärker werden!“
     Wulfgar schwieg nachdenklich. Er wusste all die Dinge schon, die Wotan ihm erzählt hatte, aber er hatte nie gewusst, dass der Junge das alles so sehr mitbekommen hatte.


„Mach dir keine Sorgen, Wotan! Griswold ist zu dir zwar sehr harsch, aber ich glaube nicht, dass er deiner Mutter jemals wehtun würde“, versicherte er schließlich. „Außerdem bin ich ja auch noch da.“    
     „Aber du bist nicht immer da. Sag mir einfach, was ich machen muss, um stärker zu werden.“
     „Stärke ist nicht alles“, meinte Wulfgar dazu nur, bevor jemand nach ihm rief und ihn ablenkte. „Morgen werde ich euch wieder trainieren und dann können wir weiterreden, ja? Und bis dahin geht ihr zwei bitte zurück und trainiert ein bisschen euren Kopf. Das ist auch wichtig.“


Wulfgar ging davon, beunruhigt, aber in der Hoffnung, den Jungen vorerst beruhigt zu haben. Doch das war Wotan nicht. Er war überhaupt nicht überzeugt von dem, was sein Onkel ihm gesagt hatte. Er war der Einzige, der seine Mutter beschützen konnte, also musste er stärker werden.


Dennoch tat er, was man ihnen gesagt hatte. Sie gingen zurück zum Handelsposten, wo der Unterricht scheinbar schon vorbei war. Zumindest war Aan fort, auch Gisela, Giselinde und Nyota hatten sich aus dem Staub gemacht, während sich die verbliebenen Schüler zu zwei Gruppen zusammengerottet hatten.
     „He, wo wart ihr denn?“, empfing Nila sie, der mit den anderen Jungs am Zaun der Koppel stand. Er grinste schadenfroh. „Aan hat sich fast in die Hosen gemacht, dass ihr plötzlich weg wart. Ihr kriegt bestimmt Ärger.“

    
Wotan ignorierte ihn und blickte stattdessen herausfordern in die Runde. „Wer von euch ist eigentlich der Stärkste hier?“
     „Ich natürlich!“, behauptete Nila mit stolzgeschwellter Brust.


Was Alistair zum Lachen brachte. „Wer’s glaubt! Nero ist der Stärkste von uns.“
     „Ich zeig dir gleich, wer der Stärkste ist!“, knurrte Nila bedrohlich, was Alistair aber überhaupt nicht beeindruckte.


„Wer ist Nero?“, wollte Wotan wissen und als Jade auf den Jungen zeigte, der neben Nara im Sand lag und schlief, meinte er skeptisch: „Der dauernd krank ist? Was ist denn mit Wulfgars Söhnen? Er ist doch euer stärkster Krieger, oder?“


Lachen von Nila. „Ragna und Leif? Die kannst du voll vergessen!“
     „Hey!“, entwich es Leif blöderweise, der bis jetzt sein Bestes gegeben hatte, still zu sein und nicht aufzufallen.


Jetzt wurde Wotan natürlich auf ihn aufmerksam. „Ach, du bist das. Stimmt, du bist wirklich nicht stark. Dich hab ich ja ganz leicht fertig gemacht.“
      Nila brach erneut in Gelächter aus, als er das hörte, während Leif erschrocken zur Salzsäule erstarrte.


„Und was ist mit dir?“, wandte sich Wotan danach an Ragna und hob die Fäuste in seine Richtung. „Komm, mess dich mit mir!“
     Doch Ragna schüttelte nur entsetzt den Kopf.
     „Ragna ist ein Feigling“, meinte Nila grinsend. „Der macht sich höchstens nass vor Angst.“


Leif war zutiefst erschüttert. Er war der Sohn ihres stärksten Kriegers, aber er war ein Schwächling, während Ragna ein Feigling war. Wie konnte das nur sein?


Jade hätte dazu so einiges zu sagen gehabt. Wie, dass Nila selber ein schwächlicher Feigling war oder Kinder eben nicht wie ihre Eltern sein mussten. Sie war schließlich auch nicht wie ihr Vater. Aber da sie es sich mit niemandem mehr verscherzen wollte, blieb sie auch diesmal still. Und sie begann das ganz schön zu hassen.
     Niemand von ihnen konnte zu diesem Zeitpunkt schließlich ahnen, zu welchem Unglück dieser Moment einst führen würde.
________________________________

Hier weiterlesen -> Kapitel 84 

Die Einteilung hier habe ich ein bisschen doof geplant, deshalb diesmal ein kleineres Kapitel und nächstes Mal dann wieder ein Großes. Da hat Leif dann auch nochmal ziemlich mit seiner Demütigung zu kämpfen, Wulfgar trainiert die Kinder und es kommt ein neues (?) Gesicht in die Gegend.

Da ich jetzt ein bisschen mehr Zeit hatte, habe ich mal ein paar Outtakes, die schon ewig rumflogen, hochgeladen. Es fängt an bei "Nachtrag Kapitel 78".
Die Charakterseite habe ich auch mal entstaubt und aktualisiert, aber das wäre zu viel Kleinkram, um es hier alles aufzuschreiben, deswegen soll es das heute gewesen sein.

Bis dann zum nächsten Mal, danke fürs Vorbeischauen, und ich verabschiede mich. 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen