Tanna beobachtete das Auf und Ab ihres Zeigefingers.
Unruhig trommelte sie auf die Tischplatte, nahm sich gar nicht erst die Zeit,
die Rillen, die die Maserung des Holzes gezeichnet hatte, zu untersuchen. Ab
und an bewegte sich ein Schatten, streckte oder duckte sich, wenn das Feuer
besonders hungrig war oder es mal wieder nach neuem Holz verlangte. Die
Bewohner des Hell-Hauses hingegen lagen entweder in ihren Betten, saßen still
am Feuer oder übten sich darin, Statuen zu sein. Leah, die gerade ihr gegenüber
am Tisch saß, war besonders gut darin.
Aber Tanna
nahm sowieso keine Notiz von ihr. Ihre Gedanken kreisten seit dem gestrigen
Abend nur um eines: Tann. Sie hatte versucht, ihm zu helfen, und er hatte
versprochen, sein Bestes zu geben, aber sie bezweifelte, dass er sich auch
daran halten würde. Und die Geister, die ihn noch immer wie Glühwürmchen
umschwirrten, gaben ihr leider recht.
Nur weil Lu
versprochen hatte, auf Tann aufzupassen, war sie überhaupt zum Hell-Haus
rübergegangen, um ihre Gedanken zu ordnen. Sie hatte gehofft, dass ihr schon etwas
einfallen würde, wie sie Tann noch helfen konnte, wenn sie erst einmal ein
bisschen Abstand genommen hatte, aber es war leider nicht so. Sie war ratlos.
Sie hatte doch alles getan, was in ihrer Macht stand.
Zögerlich wagte sie einen Blick auf die Statue namens
Leah. Obwohl ihre Augen ins Leere gerichtet waren, hatte sie ihr merkwürdiges
Lächeln aufgelegt, das sie immer trug, wenn Tanna anwesend war. Selbst, wenn es so
schien, als schwebe Leah gerade in ihrer eigenen Welt, wusste Tanna deshalb
immer genau, dass sie doch mitbekommen hatte, dass sie bei ihr war.
Sie hatte den
unsinnigen Gedanken, Leah um Rat zu fragen, schnell wieder verworfen, aber
vielleicht war es ja doch einen Versuch wert. Also wagte sie es und fragte ihre Gefährtin: „Sag mal, wenn
jemand, den du kennst, versucht hätte, sich das Leben zu nehmen, was würdest du
da tun, um ihm zu helfen?“
Leahs Augen kehrten zu ihr zurück und ihr Lächeln wurde
warm. „Ich würde dich in die Arme nehmen und nie mehr loslassen. Möchtest du
ein bisschen schmusen?“
„Ich rede hier
aber nicht von mir.“
Doch ihr
Gegenüber war nur noch damit beschäftigt, liebevoll vor sich hin zu lächeln.
Sie wusste, dass es nur Leahs Art war, schwierige Themen, die sie
wahrscheinlich selber belasteten, zu umschiffen, indem sie nicht mehr
antwortete. Sie wusste ja, wie fragil ihr Geist war. Aber trotzdem war Tanna
momentan einfach nur genervt. Wie sehr sie sich wünschte, einmal nur vernünftig mit ihrer Partnerin reden zu können.
Da Tanna und Lu sich darin abwechselten, auf Tann
achtzugeben, geschah es, dass Tanna gerade im Uruk-Haus war, als tags
darauf unerwartet ein Sturm losbrach. Er war innerhalb kürzester Zeit von einem kleinen
Windzug zu einem wahren Unwetter herangewachsen, sodass sie alle Hände voll
damit zu tun gehabt hatten, überhaupt das Vieh nach drinnen zu schaffen und im
Haus Unterschlupf zu suchen. Das ängstliche Muhen der Kühe, die zusammen mit
den anderen Tieren im hinteren Stall untergebracht waren, mischte sich nun mit
dem unheilvollen Knarren des Hauses, während der Sturm von draußen sein bestes
gab, um nach drinnen zu gelangen.
Dementsprechend groß war die Sorge der Hausbewohner auch,
ob das Dach über ihren Köpfen halten würde, und bei manchen zeigte
sich diese Sorge auch unverhohlen auf dem Gesicht. Vor allen Dingen Tanja
hatte man mehrmals davon abhalten müssen, nach draußen zu gehen. Sie alle
wussten, dass sie sich Sorgen um Wirt machte. Auch wenn sie das natürlich nicht
zugeben würde.
Als das Dach gerade wieder einmal sehr gefährlich
knarzte, kam Lu, der bislang dabei zugesehen hatte, wie Wulfgar Lulu beruhigt
hatte, zu Elrik, um ihm mitzuteilen: „Stammesführer, die Kinder haben sie überall
gesucht, aber Takka ist verschwunden.“
Takka war ihre
älteste Hündin. Eine überaus treue Seele, die Alistair früher immer
herumgetragen hatte.
„Ich habe sie das letzte Mal draußen gesehen“, mischte
sich Tann ein. „Ich dachte, jemand würde sie schon mitnehmen. Ich gehe
besser mal nachschauen.“
Er wartete gar
keine Antwort ab, sondern ging, um zu tun, was er angekündigt hatte und was
bei diesem Wetter überaus gefährlich war.
Doch Tanna machte ihm einen Strich durch die Rechnung.
Sie ging ihm nach, kaum, dass sie sich vom ersten Schrecken erholt hatte und
stellte sich ihm in den Weg.
„Du wirst ganz
sicher nicht dort hinausgehen! Das ist gefährlich!“
„Das ist ja
wohl meine Sache, was ich mache“, gab Tann grimmig zurück.
Doch sie unterbrach ihn und was sie dann sagte, traf ihn unvorbereitet: „Wir wissen doch beide,
dass du nur da raus willst, weil du lebensmüde bist, nicht wahr?“ Tanns Mund
klappte erschrocken auf, aber sie ließ ihn gar nicht erst zu Wort kommen. „Ist
es nicht so? Vielleicht springst du hier von keiner Klippe, aber dennoch ist
die Gefahr hoch, dass du da draußen stirbst. Und das ist es doch, was du
willst.“
„Das hat
überhaupt nichts damit zu tun!“, wiegelte er verärgert ab.
„Ach nein? Und
warum sind die Geister gerade jetzt wieder aufgetaucht, hm? Du kannst das nicht
vor mir verstecken, Tann!“
Da kam schließlich Elrik an. Der Lärm, den Haus, Vieh und
Sturm im Einklang erzeugten, hatte ihre Worte vielleicht bislang vor den
Anderen verborgen, aber es war offensichtlich, dass etwas nicht stimmte.
„Was geht hier
vor sich?“, wollte er wissen. „Wovon redet sie?“
Scheinbar
hatte er es doch gehört. Tann fluchte innerlich. Er hatte nie gewollt, dass
alle davon erfuhren. Und Tanna konnte natürlich auch nicht einfach
Stillschweigen darüber bewahren.
„Davon, dass
dein Vater sich neulich die Klippen herunterstürzen wollte.“
Skepsis auf
dem Gesicht ihres Sohnes. Er glaubte ihr nicht.
„Du hättest das
wirklich nicht vor allen anderen ausbreiten sollen. Das ist immer noch meine
Sache. Mein Leben“, knurrte Tann.
„Und was ist
mit uns? Deiner Familie? Hast du eine Sekunde nur mal an uns gedacht?“
Es war zu viel. Es war einfach genug. Ihm platzte der
Kragen.
„Was mit euch ist? Sei doch ehrlich! Dir ist es vollkommen
egal, ob ich da bin oder nicht. So, wie du mich immer ansiehst, bin ich mir
sogar ziemlich sicher, dass du nichts dagegen hättest, wenn ich einfach
verschwinden würde. Aber das geht dich sowieso alles nichts mehr an! Das geht
niemanden etwas an, außer mir!“
Sie sah
plötzlich wirklich betroffen aus, doch er ließ sich nicht davon beirren. Er
ließ sie einfach stehen.
Nur kam er wieder nicht weit. Diesmal war es
Elrik, der bislang schweigend zugehört hatte, der sich ihm in den
Weg stellte, bevor er die Tür erreichen konnte.
„Ich habe
angeordnet, dass keiner das Haus während des Sturms verlassen darf und das gilt
auch für dich.“
Vater und Sohn
tauschten einen bösen Blick miteinander und Tanna befürchtete, dass die
Situation bald eskalieren würde. Sie musste endlich handeln.
Also ging sie, um Akara und Tanja hinzuzuholen. Erstere sah mal wieder aus, als
wäre sie lieber ganz woanders, während Tanja tatsächlich zweimal versuchte, das
Weite zu suchen, was Tanna aber zu unterbinden wusste.
„Das reicht jetzt! Wir werden das jetzt klären! Ich bin
es leid, dass unsere Familie so zerrüttet ist, dass wir nicht mal mehr miteinander
sprechen. Dass wir nicht einmal sehen, wenn es einem von uns so schlecht geht,
dass er sich das Leben nehmen will.“
Sie wandte sich zuerst an ihre Tochter, die ihr aber sofort die kalte Schulter zeigt.
„Tanja, du benimmst dich wie ein Kind. Dass du dein Bein verloren hast, ist
eine schlimme Sache, aber du solltest lieber dankbar sein, dass du überhaupt
noch lebst. Du solltest nicht vergessen, dass du allein Schuld daran hast, dass es überhaupt so weit gekommen
ist. Ich, dein Vater, Elrik – wir haben dir immer wieder gesagt, dass du deine
Wunde untersuchen lassen sollst, aber du warst ja zu stur dafür.“
„Lass mich gefälligst in Frieden!
Von mir aus könnt ihr alle eine Klippe runterspringen; ist mir egal. Ich bin
sowieso weg von hier, sobald ich die Möglichkeit dazu erhalte“, schnitt
Tanja ihrer Mutter aber barsch ins Wort, bevor sie sich einfach davonmachte. Wie üblich wollte sie nichts davon wissen,
dass sie an irgendetwas schuld war.
Bei ihr war
Hopfen und Malz längst verloren. Das war schon lange so, wie Tanna wusste. Es
brachte nichts mehr, mit ihr zu reden. Das hatte es noch nie. Tanja
hatte nicht nur mit ihrem Vater, sondern mit dem ganzen Stamm längst abgeschlossen.
Aber Tanna war noch nicht fertig. Als nächstes nahm sie
sich Elrik vor, der ihren Blick ebenso stur erwiderte, wie seine Schwester.
„Und
was ist mit dir? Meinst du nicht, dass du lange genug beleidigt gespielt hast? Ich
muss dir ja nicht sagen, dass du dich als Stammesführer nicht so kindisch
benehmen solltest. Dein Vater hat viel für dich getan, Elrik.“
Und dann sagte sie etwas, das nicht nur den Stammesführer
völlig aus der Bahn warf: „Himmel, er hat sogar so getan, als wüsste er nichts
von eurem Plan, ihn zu stürzen und er hat sogar euren Kampf verloren,
damit du übernehmen und dich beweisen kannst!“
Elrik brauchte
eine ganz Weile, bis er das Starren einstellen und sich seinem erbosten Vater zuwenden
konnte. Der hatte sichtlich nicht damit gerechnet, dass Tanna irgendwem sagen
würde, was er ihr im Vertrauen erzählt hatte.
„Ist das wahr?“, wollte Elrik von seinem Vater wissen. „Aber…
warum hättest du das tun sollen?“
„Ich habe dir
nur gegeben, was dir rechtmäßig zustand. Ich sagte dir, dass ich dir die
Stammesführung nicht überlasse, bis du mir bewiesen hast, dass du nicht mehr
nur an dich, sondern an alle denkst, und das hast du mir bewiesen, indem du das
Vertrauen der Anderen gewonnen und für das gekämpft hast, was du für richtig
hieltest.“
Tann sagte das so, als wäre
das selbstverständlich. Aber das war es für Elrik nicht. Er wusste nicht
einmal, was er dazu sagen sollte.
„Und es war
der richtige Weg, den du eingeschlagen hast“, fuhr Tann fort.
„Ich hätte mich auch nie gegen deine Frauenwahl stellen sollen. Das tut mir
leid. Es tut mir alles so leid, Elrik,
was ich dir die letzte Zeit über angetan habe“, brach es plötzlich inbrünstig aus Tann heraus. „Ich hoffe, du kannst mir
irgendwann verzeihen. Ich wollte mich nie zwischen dich und Akara drängen. Ich
habe immer nur versucht zu verhindern, dass dir das passiert, was mir mit
deiner Mutter passiert ist.“
Elriks Blick wanderte nun hilflos zu seiner ehemaligen
Gefährtin. Sein Vater hatte schon ein paarmal in der Vergangenheit versucht,
mit ihm darüber zu reden, er hatte sich zigmal entschuldigt, aber Elrik hatte das nie
zulassen können. Auch jetzt konnte er das nicht. Er wusste, dass es nur das
Richtige war, seinem Vater zu verzeihen – schon allein als Stammesführer konnte
er nicht ewig beleidigt sein – aber er konnte es einfach nicht. Er setzte ein
paarmal an, etwas zu sagen, brachte aber kein Wort heraus.
„Dein Vater“, fand Akara endlich ihre Stimme, „hat überhaupt
nichts damit zu tun gehabt, dass ich dich verlassen habe, Elrik. Die Wahrheit
ist, dass ich dich nie geliebt habe. Ich war einfach so glücklich darüber, dass
sich endlich mal jemand für mich interessierte hat, dass ich das mit dir überstürzt
habe, obwohl ich dich eigentlich überhaupt nicht kannte. Deswegen hätte ich
dich so oder so verlassen. Dein Vater hat sogar noch versucht, mich davon abzuhalten. Deshalb: bitte sei ihm nicht böse!“
Sie wagte einen verstohlenen Blick zu seinem Vater. „Tut mir
leid, Tann. Ich wollte nie, dass Elrik dich hasst.“
„Mach dir
keine Gedanken darüber“, wiegelte der ab. „Ich muss mich eigentlich bei dir
dafür entschuldigen, dass ich so rüde zu dir war. Ich kann dir vielleicht nicht das
geben, was du möchtest, aber ich würde mich freuen, wenn wir wieder eine
Familie wären.“
Es war nicht
das, was sie von ihm wollte, aber dennoch lächelte Akara scheu und zustimmend.
Tanna trat daraufhin zwischen Vater und Sohn und legte beiden
eine Hand auf die Schulter. „Also? Jetzt, da das geklärt ist, kannst du dich ja
wieder mit deinem Vater vertragen.“
Doch Elrik sah
leider überhaupt nicht so aus, als ob er das tun würde. Er verschränkte die
Arme und antwortete nicht. Er war nach wie vor zerrissen zwischen dem, was er
wollte und dem, was richtig war.
Erst, als Anya schließlich ankam und sich vor Tann
hinstellte, verschwand der Groll aus seinem Gesicht. Wie immer schaffte es
allein der Anblick seiner Gefährtin, dass er milder gestimmt war.
„Elriks Papa, da
ich selber keinen Papa hab, darf ich dich Papa nennen?“, fragte sie unvermittelt.
Elrik wusste, dass
Anya sich immer einen richtigen Vater gewünscht hatte. Einen, der sie
beschützte vor den Dingen, die ihr eigener Vater ihr angetan hatte. Sie wünschte
sich einen Vater, wie Elrik ihn hatte.
Er wusste das, aber erst jetzt, als er in Anyas
leuchtende Augen sah, als Tann warm lächelnd „Natürlich“ sagte, wurde ihm das
auch bewusst. Da konnte – wollte – er nichts mehr dagegen tun. Nicht, wenn es
Anya doch zum Strahlen brachte.
Im nächsten Moment hatte Anya Tannas Platz zwischen ihnen
eingenommen und mit Schwung die Arme um die Schultern der beiden Männer gelegt,
sodass Elrik beinahe von den Füßen nach vorn gerissen wurde.
„Wir sind eine
Familie! Ich habe eine Familie!“, sang Anya, und Tann lächelte endlich wieder richtig.
In diesem Moment…
… verschwand auch der letzte Geist endlich, der Tann
bislang immer begleitet hatte.
Und obwohl sie nicht verschwunden bleiben sollten und auch in Zukunft immer wieder auftauchten, wenn es Tann schlechter ging, blieben die Geister an
diesem Tag fort.
An diesem Tag, an dem ein gefährlicher Sturm übers Land
zog und Tann wieder in den Kreis seiner Familie zurückfand.
Bald darauf tauchte Takka urplötzlich wieder auf und der
Sturm ließ nach. Und auch wenn das Dach gelitten hatte, überstanden sie
alle das Unwetter unbeschadet.
Was man vom restlichen Hof nicht so sagen konnte. Der Wind hatte ungehemmt gewütet und nicht nur ihre gesamte Ernte zerstört, sondern auch Bäume entwurzelt und den ohnehin fragilen Verschlag weggerissen, in dem die Kühe bislang untergebracht gewesen waren. Sogar der Rastplatz war wie weggefegt, und bei den Nachbarn sah es auch nicht besser aus. Tanja erklärte sich ohne Aufforderung natürlich sofort bereit, dort nach dem Rechten zu sehen, während auf dem Uruk-Hof die Aufräumarbeiten anfingen. Elrik hatte seinen Vater tatsächlich darum gebeten, bei der Einteilung der Aufgaben zu helfen, was der nur zu gern getan hatte.
Was man vom restlichen Hof nicht so sagen konnte. Der Wind hatte ungehemmt gewütet und nicht nur ihre gesamte Ernte zerstört, sondern auch Bäume entwurzelt und den ohnehin fragilen Verschlag weggerissen, in dem die Kühe bislang untergebracht gewesen waren. Sogar der Rastplatz war wie weggefegt, und bei den Nachbarn sah es auch nicht besser aus. Tanja erklärte sich ohne Aufforderung natürlich sofort bereit, dort nach dem Rechten zu sehen, während auf dem Uruk-Hof die Aufräumarbeiten anfingen. Elrik hatte seinen Vater tatsächlich darum gebeten, bei der Einteilung der Aufgaben zu helfen, was der nur zu gern getan hatte.
Als Tann sah, dass Tanna sich mit einigen schweren
Holzklötzen abmühte, die Jin aus den umgefallenen Bäumen gehackt hatte, ging er
zu ihr, um zu helfen. Und Tanna, deren Arme schon bedrohlich zitterten, war froh,
als er ankam, um ihr ihre Last abzunehmen.
„Ich wollte mich noch bei dir dafür bedanken, dass du mir
geholfen hast. Ich wüsste wirklich nicht, was ich ohne dich machen sollte“,
meinte er, als er ihr die Holzklötze abnahm und sie zu den
Holzscheiten brachte, die sie schon fein säuberlich an eine Hauswand
geschichtet hatte.
„Ach, wenn du das willst, kommst du auch ohne mich
zurecht.“
Tann
schmunzelte. „Du warst schon immer das zweite Standbein des Stammes. Ehrlich, ohne dich hätte ich bestimmt nicht durchgehalten. Ich hoffe nur,
dass Elrik in Anya auch so eine gute Gefährtin hat. Jemanden,
der ihn unterstützt und ihn auffängt, wenn er mal nicht weiter weiß. Aber ich
denke, Anya macht das ganz gut. Sie scheint ein gutes Mädchen zu sein.“
Dann plötzlich verstummte er und sein Blick wurde so leer, dass es sie erschreckte. Sie wollte nicht, dass er wieder in seiner
Schwermut versank, aber sie wusste einfach nicht, was sie zu ihm sagen
sollte.
Aber da kehrte er glücklicherweise wieder zu ihr zurück und fragte: „Hast du zufällig Rahn gesehen? Ich
wollte noch mit ihm sprechen.“
„Den hab ich
zuletzt gesehen, wie er nach Nero geschaut hat.“
„Am Strand
also.“
Um die Kinder
aus dem potentiellen Gefahrenbereich zu schaffen, hatte Dana sie mit zum Strand
hinunter genommen.
„Nein, Akara
passt irgendwo auf ihn auf.“
Er stutzte. „Akara?
Wieso das?“
„Weißt du das nicht?“, entgegnete sie überrascht. „Dana
hat noch nie auf Nero aufgepasst.“
„Warum nicht?“
„Vielleicht,
weil sie auch noch mit Dianas Tod zu kämpfen hat?“, vermutete sie
schulterzuckend. „Ich habe jedenfalls noch nie gesehen, dass sie mit Nero zu
tun hatte. Und ich kann mir nicht vorstellen, dass mein Bruder ihr den Umgang
mit ihrem Enkel verbietet.“
Es sah so aus,
als hätte Tann da noch eine Aufgabe zu erledigen. Aso ging er zum Strand hinunter, als die Aufräumarbeiten vorerst abgeschlossen waren.
Doch unterwegs machte ihn die Sirene namens Nero auf
Akara aufmerksam, die mit dem heftig schreienden Jungen auf dem leergefegten Rastplatz
stand und offensichtlich sehr überfordert mit dem Kleinkind zu sein schien.
Ohne zu zögern ging Tann zu ihr rüber und fragte: „Kann
ich dir helfen?“
„Ich… ähm… ich weiß nicht“, stammelte sie. „Er ist
schon wieder krank. Wenn er krank ist, schreit er immer viel.“
„Schon
wieder? Ist er etwa viel krank?“
„Ja. Malah und die anderen Kinder waren nicht einmal halb so oft krank.“
Und Tann
hatte das nicht einmal gewusst. Es machte ihm natürlich Sorgen, aber er wusste
auch, dass Kinder öfter krank waren. Das pendelte sich in den meisten Fällen
wieder ein, wenn sie älter wurden. Hoffentlich würde das auch bei Nero der Fall sein.
„Gib mir den kleinen Mann mal. Ich kümmere mich schon um
ihn“, bot er an.
Da Akara sich
ziemlich sicher war, dass Rahn nichts dagegen hatte, dass der Opa auf Nero
aufpasste, übergab sie den kleinen Jungen erleichtert. Schon als Nero
bemerkte, dass er den Träger wechseln würde, war er plötzlich still und ganz
begierig darauf, zu Tann zu kommen. Kurz darauf hatte der seinen Enkel das
erste Mal auf dem Arm, während Akara schnell das Weite gesucht hatte.
Es war ein merkwürdiger Moment, plötzlich allein mit
seinem Enkel zu sein, den er bislang so schändlich missachtet hatte. Er bereute
das zutiefst, aber er würde alles tun, um es von nun an besser zu machen.
„Na, mein kleiner Nero?“
„Neo! Neo!“,
plapperte der Kleine aufgeregt.
„Ja, das bist
du. Und ich bin dein Opa Tann.“
„Opapann!“
Tann lächelte liebevoll. „Fast.“ Dann wurde er wieder ernst. „Ich bin wohl selber schuld daran, dass du mich noch gar nicht
kennst. Ich war so mit mir selbst beschäftigt, dass ich das Wichtigste völlig
vergessen habe: nämlich dich. Aber von
jetzt an bin ich für dich da, das verspreche ich dir.“
Nero
beantwortete das, indem er seine ersten kleinen Beißerchen zeigte.
„Wird Zeit,
dass wir uns um deine Oma kümmern.“
Und während das Kind noch immer Opapann sang, unterbrochen von Schniefen und Husten, ging Tann
zum Stand hinunter, wo Dana neben Ragna stand, der mit einer Sandburg zu
ihren Füßen spielte. Die älteren Kinder waren weiter unten, wo Alin gerade
Aufstellung vor ihnen bezogen hatte. Eines der Zelte vom Handelsposten fehlte
und den Dingen, die neben den Kindern im Sand aufgetürmt waren zu urteilen,
hatten sie dem Händler geholfen, die vom Wind verstreuten Waren wieder
einzusammeln. Tann konnte sich schon vorstellen, dass der Sturm ihn ganz
besonders hart getroffen hatte. Er hatte die letzte Zeit begonnen, ein Haus zu
bauen, doch auch davon fehlte auch jede Spur.
Dana wurde
nun auf ihn aufmerksam, aber als sie Nero in seinen Armen bemerkte, kräuselte
sich ihre Nase verräterisch. Tann nahm sich erst die Zeit dazu, den
Kleinen runterzulassen, damit er mit dem anderen Kleinkind spielen konnte. Dann
erst wandte er sich ihr zu.
„Ich habe gehört, dass du dich bislang noch nicht um Nero
gekümmert hast“, begann er geradeheraus. „Ich habe das bis jetzt auch versäumt,
und deshalb möchte ich nicht mit Steinen werfen, aber dennoch würde ich gerne
wissen, wie es kommt, dass Akara auf Nero aufpassen muss, obwohl du eigentlich
auf alle Kinder aufpassen solltest.“
„Was willst du
von mir hören, Tann? Du von allen Leuten weißt doch selber genau, wie schwer es
war, Diana zu verlieren.“
„Und was hat
das mit Nero zu tun?“, fragte er verständnislos.
„Alles!“, rief
Dana mit einem bitteren Gesicht.
„Was alles?
Sag mir nicht, dass du ihn für Dianas Tod verantwortlich machst.“
Sie brauchte einen Moment, bevor sie antwortete: „Ich
weiß, dass er nicht schuld ist, okay? Ich weiß auch, dass ich froh sein sollte,
dass wenigstens er überlebt hat. Dass er Dianas Sohn ist und mein Enkel, aber…
ich kann einfach nichts dagegen tun, dass ich mir wünschte, dass er anstatt
Diana gestorben wäre.“
Tann war
zutiefst erschüttert, das zu hören. „Wenn Diana das hören würde, wäre sie
ehrlich enttäuscht von dir.“
„Sie ist aber nicht
hier! Sie wird nie wiederkommen!“,
schrie sie ihn plötzlich an.
Sie hatte um Diana getrauert, hatte um ihre Tochter
geweint, als sie gestorben war, aber dennoch brachen die Tränen nun wieder aus
ihr heraus. Niemand hatte ihren Schmerz, den Schmerz eines Elternteils, bislang so
verstehen können wie Dianas Vater. Doch sie hatten bislang versäumt, gemeinsam zu trauern.
Also weinte sie hemmungslos und Tann nahm sie schließlich
tröstend in den Arm.
„Sie fehlt mir
so…“, brachte sie heraus.
„Ich weiß. Mir
fehlt sie auch.“
„Wie kann ich
nur… Nero kann sie niemals ersetzen!“
„Das soll er
auch nicht. Niemand kann das“, sagte er behutsam. „Aber Tanna hat sie gesehen,
Dana.“
Dana löste sich aufgebracht von ihm. „Was?“
„Als ich mich…
von der Klippe stürzen wollte, kamen die Geister derer, die mir lieb und teuer
waren. Sie spürten meinen Todeswunsch und wollten mir helfen. Diana war
auch dabei, hat Tanna gesagt.“
„Und du weißt
ja auch so genau, dass sie dir nicht nur das Blaue vom Himmel erzählt hat!“
„Ich glaube ihr. Ich glaube daran, dass sie
Diana gesehen hat. Dass unsere Tochter über uns wacht, seitdem sie fort ist. Über uns, über
Rahn, und vor allen Dingen über Nero. Tanna sagte, dass sie Diana oft bei Nero
und Rahn sieht. Aber dieses eine Mal war sie bei mir, und weißt du, was
Tanna sagte, Diana von mir wollte?“
„Was denn?“,
gab Dana gereizt zurück.
„Dass ich auf
Nero aufpasse. Es ist ihr Wunsch, und du weißt, dass es wahr ist. Es waren
schließlich ihre letzten Worte, dass Rahn auf Nero aufpassen soll. Du weißt
selber ganz genau, wie wichtig der Kleine ihr schon immer war. Und wenn sie
erfahren würde, dass ihre eigene Mutter ihren Sohn für ihren Tod verantwortlich
macht und nichts mit ihm zu tun haben will, was glaubst du, würde sie wohl
darüber denken?“
Sie war getroffen, das konnte er sehen. Sie bekam ein
schlechtes Gewissen, so, wie er es vorher auch gehabt hatte. Zu Recht. Also
ging er, um Nero vom Boden aufzulesen und ihn ihr vorzuhalten. Der Junge
brabbelte etwas Unverständliches und lachte dann, als er Danas
erschrockenes Gesicht sah.
„Er ist Diana
ähnlich“, sagte Tann. „Er erinnert mich an sie, als sie auch so klein war.“
Dana nahm den Kleinen schließlich zögerlich entgegen und als sie
ihn erst einmal im Arm hatte, wurde ihr Gesicht ganz weich. Sie lächelte, ihre
Augen leuchteten, während Nero ihr jetzt vorführte, wie toll er „Opapann“ sagen
konnte.
„Danke, Tann…“
Es war alles, was sie mit brüchiger Stimme
sagte, aber es bedurfte auch gar keiner Worte mehr. Tann war einfach nur froh, als
er sah, wie Dana endlich Frieden mit ihrem Enkel schloss. Etwas, das nur er
hatte erreichen können, der er den Schmerz über den Verlust ihres Kindes
verstehen konnte.
Klarstellung: Tann ist jetzt natürlich noch nicht geheilt, aber es wurden erste Schritte getan. Dass er sich mit seiner Familie halbwegs aussöhnen konnte und dass er vor allen Dingen mit Dana, der Mutter seiner Tochter, gemeinsam trauern konnte, war schon einmal sehr wichtig für ihn und es wird ihm vielleicht helfen, nicht mehr sterben zu wollen. Was, wie gesagt, natürlich nicht heißt, dass seine Depression geheilt ist. Aber Depression muss nicht gleich mit Selbstmordgedanken einhergehen.
Nachfolgend habe ich noch ein Bilder ein paar für euch:
Takka ist wohlauf, wie ihr seht.
Nero und seine Großeltern waren einfach zu süß miteinander. Ich hatte so viele niedliche Bilder mit den dreien, dass ich mich gar nicht richtig entscheiden konnte. Hier noch ein paar:
Nachfolgend habe ich noch ein Bilder ein paar für euch:
Takka ist wohlauf, wie ihr seht.
Nero und seine Großeltern waren einfach zu süß miteinander. Ich hatte so viele niedliche Bilder mit den dreien, dass ich mich gar nicht richtig entscheiden konnte. Hier noch ein paar:
Und zu guter Letzt, war mammut so lieb, mir wunderschöne, historische Boote für meine Seefahrer zu bauen und ich habe sie gleich mal meinen Leuten (aus Wulfgars Geschichte) gezeigt:
Isaac hat das Boot so gut gefallen, dass er sofort eine kleine Testrunde gedreht hat (und er hat sich für euch auch extra was angezogen 😉):
Und auch in Ur/Eridu kam das andere Boot super an.
Auch wenn ich von Puabi (das war Ragnas Frau) ausrichten soll, dass sie traurig ist, dass einer ihrer Jungs jetzt zur See fährt.
Ich möchte mich hier nochmal für die tollen Boote bei mammut bedanken und auf den Thread verlinken, wo die Boote herkommen. Talentierte CC-Ersteller haben sich im Simszoo nämlich zusammengeschlossen und daran gewagt, die "Nordische Antike" und die Wikinger mit neuen Sachen zu bereichern. Den Thread findet man hier, für alle, die es interessiert, ansonsten findet man die Boote (und andere tolle Sachen) natürlich unter den Downloads (Boot Nr.1 hier und Boot Nr. 2 hier).
Zurück zum Thema, geht es nächstes Mal dann mit den Kindern weiter, da Ragna und Nero Geburtstag hatten.
Bis dahin, danke für eure Aufmerksamkeit und ich verabschiede mich.
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