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Mittwoch, 16. Januar 2019

Kapitel 77 - Geschwister



Es war ein Frühlingstag, der ein bisschen versuchte, wie ein Sommertag auszusehen. Der Himmel war strahlend blau, die Sonne warm und ausdauernd, sodass sie die armen Uruk-Leute, die heute mit der Feldarbeit dran waren, schon ein bisschen ins Schwitzen brachte.


Tanja hatte dieses Problem glücklicherweise nicht. Zwar hätte sie heute ebenfalls auf dem Feld schwitzen müssen, aber da sie unlängst herangewachsen war und ihr Holzbein deswegen zu klein geworden war, saß sie momentan auf der Wartebank und durfte den schwer Arbeitenden zusehen. Nur, dass sie das überhaupt nicht freute. Im Gegenteil. Es war langweilig. So verdammt langweilig, nur dazusitzen und zuzusehen. Händler Alin war auf ihren Hof gekommen, um ein paar Dinge vorbeizubringen, die sie angefordert hatten, aber sie war hier zum Warten verdammt. Sie fragte sich, wo Wirt nur mit ihrem neuen Bein blieb.
    Als hätte sie ihn herbeigezaubert, fiel ihr plötzlich ein rötlichbrauner Schopf auf, der sich aus der Schar an Leuten schälte, die den Händler umringten. Ein rötlichbrauner Schopf, den sie früher gerne mal übersehen hatte, den sie inzwischen aber gar nicht mehr abwarten konnte, zu sehen.


Als seine ruhigen Augen sie trafen, wäre sie beinahe aufgesprungen. Aber sie erinnerte sich zum Glück noch rechtzeitig daran, dass sie gerade ja nur ein Bein hatte.
      Also begnügte sie sich damit, erwartungsvoll die Hand nach ihm auszustrecken. „Hast du’s? Hast du’s?“, fragte sie aufgeregt.
     Natürlich nahm Wirt sich erst die Zeit, zu ihr zu kommen, bevor er ihr das längliche Paket gab, das von einem alten Leinentuch umwickelt war. Tanja nahm es hastig entgegen und entfernte es. Hervor kam ihr neues Holzbein.


Ohne jegliche Hilfe befestigte sie es an ihrem Stumpf, probierte selber, ob es saß, und dann stand sie ganz allein auf. Stand auf ihren eigenen beiden Beinen.


Sie sah Wirt ins neutrale Gesicht und antwortete auf die Frage, die er nicht gestellt hatte: „Ja, es passt ausgezeichnet! Siehst du?“
     Sie konnte alles tun, wenn sie nur wollte und sie würde allen zeigen, dass sie sich nicht unterkriegen ließ.


„Ach, ist junge Liebe nicht schön?“, meinte Alin, als er das sah. Und an Elrik gewandt sagte er: „Als ich hörte, dass deine Schwester ihr Bein verloren hat, hatte ich schon die Befürchtung, dass sie es nicht gut verkraften würde. Aber anscheinend habe ich mich geirrt.“
    „Es war am Anfang auch ganz schön schwer für sie, aber es hat sie und Wirt scheinbar zusammengeschweißt.“ Elrik wusste immer noch nicht, ob er das gut finden sollte. „Er hat ja auch ein Holzbein, falls du das nicht weißt.“
      „Ja. Er ist ein guter Junge. Er kommt manchmal rüber und hilft mir aus. Ich freu mich für ihn. Sagt mir Bescheid, wenn die Hochzeit ansteht, dann bringe ich was Besonderes mit.“
     Elrik furchte die Stirn. Er hatte keine Ahnung, was eine Hochzeit war. Niemand im Stamm hatte das.


Aber bevor er nachfragen konnte, hatte Rahn die Kräuter für seinen wieder einmal kranken Sohn, die Alin ihm gebracht hatte, fertig überprüft und fragte den Händler: „Was willst du für die Sachen?“
     „Ach, lass mal! Das geht heute aufs Haus!“, schlug der Händler aus. „Ich habe das mit Diana ja auch gehört. Das ist eine Schande. Sie war ein gutes Mädchen. Wenn ich nicht auf Fahrt gewesen wäre, wäre ich auch zur Beerdigung gekommen.“ Er nickte Lu zu. „Ich habe auch ein paar Kräuter beigelegt, die wir bei uns Zuhause für die Toten verbrennen. Würde es zu schätzen wissen, wenn ihr die bei eurem nächsten Opfer für Diana mit verbrennt.“


Der Schamane neigte dankend den Kopf, und im Anschluss wandte Alin sich an Akara. „Ach, übrigens habe ich meinen Lehrling nach Hause geschickt. Sein Vater hat jetzt auch endlich eingesehen, dass das nichts wird mit ihm. Einer meiner alten Lehrlinge kommt dafür erstmal hierher. Aber er ist anständig. Du kannst also unbesorgt wieder vorbeikommen.“


Er machte den Mund auf, um noch etwas zu sagen, aber plötzlich brach ein unheimliches Geschrei los und fuhr dazwischen. Akara zuckte zusammen und Luis‘ erschrockener Aufschrei drang sogar noch vom Feld zu ihnen hinüber. Als die Versammlung sich nach der Ursache des Lärms umsah, waren alle Köpfe schon auf Alistair gerichtet, der bislang an der Hauswand gesessen hatte, nun aber schrie wie am Spieß. Aan, sein Vater, hockte vor ihm und er sah ziemlich überfordert mit der Situation aus.


„Was ist denn los?“, wollte Alin wissen.
     Es war Elrik, der ihm seufzend antwortete und der ihm von dem Problem erzählte, dass sein bester Freund hatte, seitdem sein Sohn herangewachsen war.


„Alis! Bitte beruhige dich!“, bat Aan seinen Sohn schon zum gefühlt zehnten Mal.
     Doch Alistair ignorierte ihn völlig. Er musste sich erst selber beruhigen, bevor er ihn an den Kopf werfen konnte: „Das ist nicht fair! Warum kann ich nicht laufen? Nyota kann doch auch laufen! Warum kann ich es nicht? Das ist nur eure Schuld, dass ich nicht laufen kann!“
     Aan war erschüttert, das zu hören. Er wusste, dass sein Sohn es schwer hatte und dass es ihm zu schaffen machte, dass er nicht laufen konnte. Seitdem er herangewachsen und sich bewusst geworden war, dass er in diesem Punkt anders war als alle anderen um ihn herum, war er wütend geworden. Verzweifelt, aber vor allen Dingen wütend. Er hatte sogar Nyota angeschrien, weil sie laufen konnte und er nicht. Die hatte das natürlich ruhig über sich ergehen lassen. Sie hatte Verständnis für ihren Bruder, das wusste Aan. 
     Aber dennoch hatte Alistair noch niemals ihnen die Schuld dafür gegeben. Und als er es jetzt tat, war das wie ein Stich mitten durch Aans Brust.


Schlimmer wurde es noch, als er bemerkte, dass Jana aufgetaucht war und dass sie es ebenfalls mitbekommen hatte. Sie hatte es nie gesagt, aber Aan wusste, dass sie sich schuldig dafür fühlte, dass Alistair nicht laufen konnte. 
     Sofort war er auf den Beinen, hatte die Hände gehoben und war doch nur hilflos vor ihr stehen geblieben. Was sollte er schon tun? Was konnte er schon tun, um seiner Frau die Schuld zu nehmen, die ihn selber erdrückte?
     Aber wie sich herausstellte, brauchte Jana seine Hilfe gar nicht. Sie marschierte an seine Seite, verschränkte die Arme vor der Brust und starrte gnadenlos auf ihren Sohn hinab.


„Und willst du jetzt die ganze Zeit deswegen jammern? Davon wirst du nämlich auch nicht laufen können. Du solltest lieber stark werden, damit du deine Beine gar nicht brauchen musst!“
     Aan war ein bisschen erschrocken, aber Alistair war es noch mehr, das konnte man in seinem Gesicht sehen. Bislang war Jana immer ein bisschen rücksichtsvoller mit ihm umgegangen, aber Alistair wusste sehr wohl, dass man seine Mutter besser nicht wütend machte. Deswegen verstummte er sofort eingeschüchtert und er wagte es danach nicht mehr, auch nur noch ein Wort zu sagen.


Stattdessen schwang er sich auf die Seite, stemmte sich auf die Hände und kroch umständlich davon. Es war die einzige Art, wie er sich fortbewegen konnte, seitdem er für die Hunde zu groß geworden war.
     Aan sah seinem Sohn mit blutendem Herzen nach und es blutete noch ein bisschen mehr, als er sich jetzt zu Jana drehte. Er wollte sie am liebsten trösten, aber sie ließ ihn nicht. Sie war, wie immer, die Stärkere von ihnen beiden.


 „Ich versteh ihn ja“, sagte sie. „Es ist ja schwer für ihn. Viel schwerer als für mich und dich. Das geht so auch nicht mehr! Für die Hunde ist er zu groß und er kann nicht dauernd im Dreck kriechen und getragen werden! Hast du keine Idee, was wir da machen können?“


Aan dachte nach; er hatte schon so ein paar Ideen, aber bevor er sie auch nur zu Ende denken konnte, tauchte Elrik unvermittelt auf und er hatte den Händler im Schlepptau.
     „Alin sagt, er hätte vielleicht was für euren Jungen.“


Derweil war Nila eifrig dabei, den Teddybären schweben zu lassen, den der nervige Nero so sehr liebte. Er ließ ihn sinken, sodass die Stummelfinger des kleineren Jungen beinahe zupacken konnten, doch als der sich daraufhin noch ein bisschen mehr streckte, ließ er den Bären wieder höher steigen. Das Jammern des Kleineren wurde daraufhin wieder lauter und drängender, und Nila genoss das. Es war, als würde er Musik machen. Und er liebte es, der kleinen Nervensäge endlich mal heimzuzahlen, dass er sich immer wieder mit ihm angelegt hatte. Es war einfach nur klasse, endlich größer zu sein!


Er lachte höhnisch, aber sein Lachen verging ihm gehörig, als eine Stimme hinter ihm streng seinen Namen rief. Er ließ den Bären unwillkürlich sinken, Nero zögerte nicht lange und schnappte sich ihn, und im nächsten Moment durchfuhr ein böser Schmerz sein Schienbein, als er zum Abschied einen Tritt von dem siegreichen Kleineren kassierte.


Nero entkam, aber Nila musste leider bleiben und sich dem wütenden Blick seines Vaters stellen. „Was sehe ich da, du ärgerst die Kleinen? Ich muss mich ja schämen, dass du so etwas tust!“, rügte er ihn.
     Nila zog den Kopf ein, aber glücklicherweise kam seine Mutter zu seiner Rettung. Sie half ihm immer, wusste er.


„Ich bin mir sicher, dass Nila das nie wieder machen wird und es ihm leidtut, nicht wahr?“, sagte sie und ihre Stimme wurde so liebevoll wie ihr Blick, mit dem sie ihren Sohn jetzt traf. Es machte ihm schon ein bisschen ein schlechtes Gewissen, wenn sie das tat. Aber nur ein bisschen.
     Er rang sich ein schiefes Lächeln ab und nickte, schwieg ansonsten aber. Er wollte lieber nicht riskieren, dass er es schlimmer machte, wenn er jetzt etwas sagte. Sein Vater bedachte abwechselnd ihn und seine Mutter mit einem Blick, aber dann schaffte Letztere es mal wieder, ihn zu besänftigen. Sie war die Einzige, die das immer wieder schaffte.
      „Na schön! Aber ich möchte nie wieder sehen, dass du so etwas machst!“


Er ging davon und Nila nutzte die Chance, zu fragen: „Gehst du heute wieder zum Ahn-Stamm? Nimmst du mich mit?“
     „Nach dem, was du gerade getan hast ganz sicher nicht!“, schmetterte sein Vater ihn aber ab.


Er nahm ihn nie mit. Zuerst war er zu klein gewesen und jetzt das. Immer ging er nur mit der blöden Malah. Natürlich. Sie sollte ja der nächste Stammesführer werden. Sie war ja auch sein Lieblingskind. Es half nicht einmal, wenn seine Mutter ging, um auf seinen Vater einzureden. Wenn es darum ging, blieb sein Vater stur. Und das hasste Nila gewaltig.


Er hasste seine Schwester.


Kurz darauf war Malah mit ihrem Vater unterwegs zu der Versammlung, die regelmäßig zwischen den Anführern der drei Stämme stattfand. Ihr Vater hatte das damals ins Leben gerufen und auch wenn er nicht immer dabei war und stattdessen manchmal seine Vertreter Lu und Aan schickte, waren diese Versammlungen zu einem wichtigen Ereignis geworden. Man besprach Neuigkeiten und Probleme, handelte und beschloss Dinge. Und Malah war aufgeregt, dass sie ihren Vater heute das erste Mal begleiten durfte, um zu lernen, was eines Tages ihre Aufgabe sein würde.


Die Versammlungen fanden rotierend jedes Mal bei einem anderen Stamm statt und heute war der Ahn-Stamm der Gastgeber. Das Haus, das viel kleiner und enger war als das ihre, war von seinen Bewohnern für die Versammlung verlassen worden. 
     Ein zeremonielles Feuer brannte in ihrer Mitte, in dem sie zuvor den Göttern geopfert hatten, und jetzt stand Malah vor den beiden Frauen, die die anderen Stämme anführten. Es war Tradition, dass die nächsten Stammesführer vorgestellt wurden. Malah wurde wohlwollend lächelnd begrüßt, bevor man sich den wichtigen Dingen der Besprechung zuwandte.


Bald schon ging es um neue Techniken zum Hausbau, marode Dächer und krankes Vieh, aber während Malah wenigstens versuchte, interessiert zuzuhören, bemerkte sie, dass ihr Vater das gar nicht tat. Anstatt sich an den Gesprächen zu beteiligen, war er die meiste Zeit über abwesend, ließ seinen Blick schweifen, und sie war sie ziemlich sicher, dass er gar nicht zuhörte, während die beiden Frauen die Diskussion über Rauchabzüge ganz alleine führten. 
     Das wunderte und erschreckte Malah schon ein bisschen. Dabei war ihr Vater doch ihr Anführer! Der Vertreter ihres Stammes!


Malah war es ein bisschen unangenehm, dass ihr Vater sich so überhaupt nicht beteiligte und deshalb war sie ganz froh, als es schließlich vorüber war und sie wieder draußen in der warmen Frühlingssonne standen.  
      Bevor sie auch noch in die Verlegenheit kam, dabei zusehen zu müssen, wie ihr Vater die anschließenden Gespräche mit den anderen Mitgliedern des Ahn-Stammes schweigend verbrachte, fragte sie ihn hastig: „Darf ich noch ein bisschen mit den anderen Kindern spielen?“
      Sie hatte dabei vor allen Dingen Nara im Sinn, die hier Zuhause war. Und als ihr Vater nickend seine Zustimmung gab, sah Malah zu, dass sie wegkam.


Da man ihr gesagt hatte, dass sich die anderen Kinder beim See aufhielten, war Malah dorthin aufgebrochen, wo der Ahn-Stamm für gewöhnlich sein Wasser zu holen pflegte. Es ging durch das Tal, eine kleine Schlucht hindurch, bevor sich vor ihr ein Kessel auftat, in dem der See beinahe ein bisschen deplatziert in der kargen, steinigen Umgebung glitzerte. 


Sie hörte es mehr als dass sie es sah. Das Geräusch von Wasser, obwohl der See dank Windstille eigentlich ruhig hätte sein müssen. Doch da waren ein paar Gestalten am Wasser. Malah glaubte, Mai zu erkennen, die am Ufer des Sees stand und nun zu ihr sah. 
     Sie hatte gar keine Zeit, um wirklich weiter zu erkennen, was sie dort eigentlich sah. Mai wurde auf sie aufmerksam, sagte etwas, das Malah nicht hören konnte und dann sprang jemand an ihre Seite. Ihr Bruder Lin, wie sich herausstellte. Sie kamen auf sie zu gerannt, aber Malah hatte nur noch Augen für die Person, die sie zurückgelassen hatten.


Es war Nara.
     Malah zögerte nicht lange und rannte zu dem Mädchen, das gerade auf allen Vieren hockte und unkontrolliert hustete.


Als sie sie erreichte, erhob Nara sich gerade, und sie war nur noch damit beschäftigt, das Wasser fortzuwischen, das ihr stetig in die Augen lief. Ihr gesamter Kopf war nass.
     „Was ist passiert?“, fragte Malah das andere Mädchen erschrocken.


Doch Nara antwortete ihr nicht. Sie ging auf Abstand, kaum dass Malahs Hand ihren Rücken berührt hatte, und starrte sie mit weit aufgerissenen Augen an. Sie machte keine Anstalten, davonzulaufen, aber sie sprach auch nicht. Malah erinnerte sich, was Alek ihr erzählt hatte. Dass Nara nicht sprechen konnte.
     „Ähm… also…Ich dachte mir… möchtest du vielleicht meine Freundin sein?“
     ‚Sie kann doch nicht sprechen! Wie dämlich von mir! Wahrscheinlich versteht sie mich nicht mal…‘
     Es würde wohl schwieriger werden, als sie sich das gedacht hatte. Sie hatte jedenfalls keine Ahnung, was sie jetzt machen sollte.


Also versuchte sie alles Mögliche, bis Nara schließlich Gefallen an den bunten Blättern fand, die der Wind von oberhalb des Kessels in einen nahegelegenen Busch geweht hatte. Malah war erstaunt, dass sie nach dem Winter tatsächlich noch so bunt waren, und Nara war ganz fasziniert davon. Ihre Augen leuchteten, als sie Malah damit näherkommen sah.
     Gerade hatte sie sich hingesetzt und strich ganz ehrfürchtig darüber. Sie tat nichts anderes. Immer und immer wieder. Malah fand das ein bisschen langweilig, wenn sie ehrlich war, aber immerhin war Nara scheinbar glücklich, und sie musste sich nicht länger unbehaglich fühlen.
      Es war ihr auf jeden Fall lieber als der Ärger, der kurz darauf auf sie zukam.


Plötzlich hatte sie nämlich ihren Bruder vor sich stehen. Nila, der sich von einem kleinen, zanklustigen Giftzwerg inzwischen zu einem ausgewachsenen, gemeinen Giftpilz entwickelt hatte. Schon als sich jetzt ein fieses Grinsen auf seine Lippen legte, wusste sie, dass das Ärger bedeuten würde.


„Was machst du denn hier?“, stellte sie ihn natürlich zur Rede. „Papa hat doch gesagt, dass du Zuhause bleiben sollst.“
     „Er hat es sich halt anders überlegt und mich geholt“, erwiderte Nila triumphierend.
     „Ich glaub ja nicht, dass er das gemacht hat…“
     „Was? Bist du neidisch, weil er mich doch dazu geholt hat? Kommst wohl nicht damit klar, dass du nicht sein Lieblingskind bist, hä?“
     „Nein, aber du solltest nicht einfach von Zuhause abhauen…“, tadelte sie ihn, aber er ließ sie nicht einmal mehr ausreden.


„Ich kann selber auf mich aufpassen, im Gegensatz zu dir“, fuhr er dazwischen. „Als Junge bin ich nämlich stärker als du und deshalb werde auch ich der nächste Stammesführer und nicht du.“
    „Wer sagt das?“
     Nila lachte böse. „Ach komm schon! Du bist ein Mädchen! Du bist nicht mal stark genug, um schwere Sachen zu schleppen wie Papa! Du bist auch zu schwach, um den Stamm zu verteidigen! Glaubst du echt, dass du uns anführen kannst? Das ist total dämlich!“
     Malah wollte ihren Bruder lieber nicht reizen, aber trotzdem konnte sie nicht verhindern, dass sie beleidigt war.
     „Ich werde aber trotzdem die neue Stammesführerin, weil ich älter bin als du und ich mich zuerst beweisen darf!“, gab sie trotzig zurück.
     „Dann werden wir halt um drum kämpfen. Und glaub ja nicht, dass ich mich zurückhalten werde, nur weil du ein Mädchen bist. Ich werde dir zeigen, wo dein Platz ist. Ihr Mädchen solltet lieber alle lernen, wo euer Platz ist.“ Sein Blick wanderte zu Nara und seine Nase kräuselte sich voller Abscheu. „Was glotzt du mich eigentlich so an, du dumme Ziege?“


Da entschloss sich Nara ausgerechnet dazu, den Finger auf Nila zu richten und „Pipi“ zu rufen.
     Nila sah einen Moment echt sprachlos aus, bevor er wieder wütend wurde. Malah war erschrocken, als sie das sah. Und noch mehr erschreckte es sie, dass er jetzt bedrohlich auf Nara zuging.
     „Was? Wie hast du mich genannt?“


Bevor irgendwer es verhindern konnte, hatte er ihr die bunten Blätter aus der Hand gerissen, und während Nara versuchte, sie verzweifelt wiederzubekommen, schubste Nila sie immer wieder rüde.
     „Ich glaube, du solltest auch mal lernen, wo dein Platz ist! Ich bin nicht Pipi, ich bin Nila, kapiert? Du solltest dir den Namen lieber merken, weil ich eines Tages jemand wichtiges hier sein werde!“


„Nila, bitte ärger sie nicht!“, fand Malah schließlich ihre Stimme wieder. „Gib ihr die Blätter zurück!“
     „Warum sollte ich? Wer will mich denn dazu zwingen? Du, hm? Wenn du deine Abreibung jetzt schon haben willst, kannst du das gerne haben, Schwester!“
     Und als sein Blick sich nun auf sie richtete, seine Augen voller Hass und Wut, bekam sie es plötzlich mit der Angst zu tun. Ihr Bruder war schon immer schwierig gewesen, aber sie hatte noch niemals Angst vor ihm gehabt. Doch jetzt schlich sie sich plötzlich in sie und ließ ihr kalt werden. Sie war in Schwierigkeiten, wurde ihr bewusst. Nila würde nicht davor zurückschrecken, ihr wehzutun. 
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Hier weiterlesen -> Kapitel 78 

Da bin ich also wieder und ich hab keine Ahnung, wie genau es jetzt nach meinen ungefähr drei Kapiteln, die ich schon vorgearbeitet habe, weitergeht. Ich wollte eigentlich während meiner Weihnachtspause weitermachen, aber stattdessen bin ich wieder mal unzufrieden mit meiner Planung gewesen und habe sie mal eben so flugs über den Haufen geworfen. Jetzt bin ich also schon wieder bei der Planung (Juhu!).

Jedes Mal, wenn ich übrigens irgendeine Szene mit Nila schreibe, hab ich den furchtbaren Drang, mich von seinen Worten und Taten zu distanzieren. Vor allen Dingen weil ja weiß, was er noch so alles machen wird (theoretisch). Er ist nicht sehr nett, wie man vielleicht schon mitbekommen hat.
Eigentlich war geplant, dass das Kapitel hier noch weitergehen sollte, aber es ist dann einfach zu viel geworden, deshalb erfährt man erst nächstes Mal, wie es hier weitergeht. Und dann erfährt man auch, was Alin jetzt eigentlich für Alistair in petto hat. Ach und dann gibt es noch eine Verabschiedung, so ganz nebenbei...

Es hatten ein paar Leute Geburtstag, wie man gesehen hat (Lulu und ihr Sohn Luis, der sich mal nach draußen verirrt hat, Alistair und Nila) und ich hab sie dementsprechend aktualisiert bei den Charakteren.

Joa, sehr viel gibt es jetzt auch nicht mehr zu schreiben, deshalb, danke fürs Vorbeischauen und ich verabschiede mich! 

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