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Dienstag, 11. Mai 2021

Kapitel 139.2 – Die Dinge, die getan wurden, und deren Auswirkungen Teil 2

 „Seitdem ich Ida im Verdacht hatte, habe ich mich natürlich bedeckt gehalten und habe versucht, herauszufinden, warum sie mich hat vergiften lassen. Nachdem ihre Schwester Cordelia weitere Gesprächsversuche meinerseits vehement ignoriert hat, war meine erste Anlaufstelle dabei Idas Nichte. Die junge Dame mit dem Namen Adelaide. Ich hatte die Hoffnung, dass sie vielleicht etwas weiß. Über ihre Tante oder den Mann, den sie suchte. Doch die junge Frau wusste nichts wirklich Relevantes. Nur, dass ihre Tante gelegentlich bei ihnen auftauchte und dass sie ansonsten in Goldhain lebe.“ 


Da ich die beiden Personen, die ich einmal bei Ida gesehen habe, danach leider nie mehr gesehen habe, blieb mir also nichts anderes übrig, als mich direkt an Ida selber zu halten.“
     Er hatte es geschafft, ihr bis zu einem kleinen, baumbestandenen Hain zu folgen, bevor er erwischt wurde.


Plötzlich wurde er nach hinten weggerissen, und bevor er sich versah, hatte er eine Hand auf seinem Mund. Er versuchte sich zu wehren, aber die Hände, die ihn hielten, waren so kräftig, dass er kaum gegen sie ankam.
     „Pst! Beruhige dich doch mal, alter Mann!“, drang schließlich eine bekannte Stimme zu ihm vor, die ihn ein bisschen erschreckte, hier zu hören.


Und tatsächlich, als er aufhörte, sich zu wehren und losgelassen worden war, sah er Wulf ins Gesicht. Er presste momentan einen Finger gegen seine Lippen und bedeutete ihm, mitzukommen. Sie gingen ein Stück weit zusammen, fort von Ida, die in der Entfernung verschwand, bevor sie eine Stelle fanden, an der sie ungestört reden konnten.


 „Was willst du denn hier?“, stellte Wulf ihn in ihrer Muttersprache wütend zur Rede.
     Isaac brauchte viel zu lange, um ihm zu antworten. Seinen leiblichen Sohn so plötzlich vor sich zu haben, war unerwartet gekommen, und er wusste nicht, wie er sich ihm gegenüber verhalten sollte. Ihm, der wusste, was man ihm nachsagte, er schändliches getan hatte. Er wollte es ihm am liebsten sagen, wollte darüber reden.
     ‚Doch Wulf weiß nicht, dass ich es weiß, also reiß dich zusammen! Es hat sich letztendlich nichts geändert zwischen uns, außer dass ich jetzt weiß, warum er mich hasst. Dass ich weiß, dass er denkt, ich sei der Abschaum der Menschheit.‘


„Dasselbe wollte ich dich gerade fragen“, entgegnete Isaac gefasst, als er sich dies selber vor Augen geführt hatte.
     „Ich hab dich aber zuerst gefragt! Also?“
     „Ach, ich bin nur ein bisschen durch die Gegend gestreift.“ Er wich dem Blick seines Gegenüber aus, zuckte mit den Schultern. „Du weißt doch, dass ich das ganz gerne mache.“
     „Hältst du mich eigentlich für blöd? Lüg nicht! Du bist rumgeschlichen, als würde ein schlafender Tiger in deinem Weg liegen! Also, warum bist du der Frau da nachgeschlichen?“
     Isaac zögerte. Er wollte alles andere, als Wulf in die Sache mit hineinzuziehen. Aber immerhin wusste er, dass er ihm vertrauen konnte. Und vielleicht war es besser, wenn er vor Ida gewarnt war. Denn egal, was Wulf selber wollte, er sah ihn noch immer als seinen Sohn, und das würde sich auch nie ändern.
     „Ich weiß, dass diese Frau – Ida – nichts Gutes im Sinn hat“, gab er also zu.


Plötzlich trat jemand hinzu, den er bislang über seine Aufregung nicht einmal bemerkt hatte, und erschreckte ihn beinahe zu Tode. Es war das blonde Mädchen aus dem Uruk-Stamm, das letztens in den Ahn-Stamm eingeheiratet hatte. Jade hieß sie, soweit er sich richtig erinnerte.
     „Du verdächtigst Ida also auch?“
     Isaac wechselte die Sprache. „Du… du hast verstanden, was ich gesagt habe?“
     „Nur ihren Namen. Aber ich habe auch gesehen, wo du hingezeigt hast.“
     „Ich hab dir doch gesagt, du sollst dich da raushalten!“, fuhr Wulf sie genervt an.
     „Hey, das geht mich auch etwas an! Immerhin ist das mein Mann, mit dem die dauernd ihre Geheimtreffen abhält! Leider…“
     „Sie trifft sich mit deinem Mann?“, klinkte sich Isaac wieder in das Gespräch ein.
     „Ja. Wenn sie auftaucht, lässt er sofort alles stehen und liegen und verschwindet. Lann früher auch, bevor sie gestorben ist. Die sind alle total ehrfürchtig ihr gegenüber. Naja, nicht alle, aber von Reinards Familie alle.


„Deswegen“, sie wandte sich voller Feuereifer Wulf zu, „lass mich helfen, bitte! Ich kann bestimmt etwas herausfinden!“
     „Komm nicht in Frage! Halt dich raus!“, lehnte Wulf ab. „Und du auch, alter Mann!“
     „Nein, ich werde das hier übernehmen, und ihr werdet nach Hause gehen. Alle beide.“
     Da er keine Widersprüche dulden konnte – nicht diesmal – ließ Isaac sie einfach stehen.
     „Wartet!“, rief Jade. „Warum arbeitet ihr denn nicht zusammen?“
     Wulf lachte böse. „Mit dem? Ganz sicher nicht!“
     „Ich sagte doch, dass ihr beide diese Angelegenheit mir überlassen sollt. Wenn ich richtig liege, ist das hier viel zu gefährlich für euch.“
     „Das ist höchstens gefährlich für dich, alter Mann!“


Doch Isaac ließ sich nicht reizen. Er setzte seinen Weg unbeirrt fort, und da verwandelte sich Wulfs Angriffslust in etwas, das Jade bislang noch nie bei ihm gesehen hatte – er sah wütend, aber gleichzeitig auch verletzt aus. Wie ein kleines Kind, das man nicht ernstnahm, schmollte er tatsächlich.
     Jade hatte sich nach Wulfs Abfuhr natürlich über ihn schlau gemacht. Sie hatte inzwischen sogar mit Lu und Wulfgar gesprochen. Aber mit Isaac bislang nicht. Wie sie mitbekommen hatte, machte sich Wulf angeblich nichts aus seinem leiblichen Vater; das sagte er schließlich selber. Aber wie es schien, war dem gar nicht so. Wie es aussah, schien Isaac ihn gar nicht so kalt zu lassen, wie Wulf gerne tat. Im Gegenteil.
     Das konnte sie für sich benutzen. Denn wie sie, nach vieler Redearbeit, von Lu erfahren hatte, war Wulfs gestörte Beziehung zu Isaac wohl der Grund dafür, warum Wulf trank. Und sie wollte schließlich, dass ihr Liebster mit dem Trinken aufhörte, was ihm noch immer schwer fiel.
 

„Ich hätte ja nicht gedacht, dass du so eine Angst hast, nicht mit ihm mithalten zu können“, sagte sie deshalb herausfordernd zu Wulf, aber laut genug, dass es auch Isaac noch hören würde.
     Der Jüngere verlor erstmal kurz die Fassung über sich. „Was? Ich habe ganz sicher keine Angst! Wie kommst du auf so einen Mist? Ich bin zehnmal so schlau wie er!“  
 

Jade verschränkte die Arme, zuckte mit den Schultern und sah unbeeindruckt aus. Aber sie musste auch nichts mehr sagen. Wulf war gut darin, andere zu beeinflussen, aber sie konnte das genauso gut. Er starrte sie jetzt zwar bitterböse an, dass sie ihn so bloßgestellt hatte, aber sie hatte ihn genau dort, wo sie ihn haben wollte. Sie hatte ihn entwaffnet. Er würde sich nicht die Blöße geben, jetzt beleidigt von Dannen zu ziehen oder sie anzugehen. Nicht, solange Isaac zugegen war.
     Der war inzwischen wieder stehengeblieben und sah verdutzt zu ihnen hinüber. Sie hatte von ihm gehört, dass er schlau war, aber scheinbar bekam er überhaupt nicht mit, was gerade vor sich ging, so wie er aussah. Er war wohl nicht so gut in zwischenmenschlichen Dingen.


Das bewahrheitete sich auch wenig später, als Wulf sich, wie erwartet, geschlagen gegeben hatte, indem er verkündet hatte, es ihr zu zeigen, und sie mit Isaac zusammen bei dessen provisorischer Lagerstelle standen. Wulf sah noch immer überaus säuerlich aus, und der Älteste in der Runde war sichtlich überfordert. Er wusste überhaupt nicht, wie er sich seinem leiblichen Sohn gegenüber verhalten sollte.


Deshalb ergriff auch Wulf schließlich als erster das Wort, knurrte grantig: „Vielleicht sollten wir erstmal – ich weiß auch nicht – tun, weshalb wir hergekommen sind? Informationen austauschen?“
     Isaac nickte eifrig und begann zu erzählen, froh, endlich aus der beklemmenden Stille befreit zu sein. Und je mehr er erzählte, desto ernster wurde Wulfs Gesicht.    
     „Und deswegen soll die dich vergiftet haben?“, setzte er danach jedoch gleich wieder den Genervten auf. „Was ist das überhaupt für ein Kerl, den sie sucht?“ Er warf Jade einen Blick zu. „Sagt er dir was?“
     „Nein.“


„Aber “, sagte sie in Isaacs Richtung, „vielleicht hat sie dich ja auch wegen etwas anderem vergiftet. Ich habe von Mai letztens nämlich gehört, dass sie dir Avancen gemacht hat, die du abgelehnt hast. Stimmt das?“


Da wurde Isaac tatsächlich rot.
     „Ach, komm! ... Echt?“ Wulf gab ein angeekeltes Geräusch von sich. „Und deswegen soll sie ihn echt vergiftet haben?“
     „Du kennst dich nicht so gut mit Frauen aus, oder? Vor allen Dingen die Eitlen können sehr… nachtragend sein, wenn man ihren Stolz verletzt.“
     „Tja, du musst es ja wissen.“
     „Hey, ich bin nicht eitel!“
     „Wenn du das sagst.“
     Isaac räusperte sich. „Wir sollten vielleicht aufs Wesentliche zurückkommen. Erzählt mir erst einmal, was ihr herausgefunden habt.“


Also erzählten Wulf und Jade. Und je mehr sie erzählten, desto blasser wurde Isaac.
     „Das ist ja schlimmer, als ich zunächst angenommen habe“, befand er. „Entführungen, Gift, und jetzt auch noch ein Toter. Und dieser Lin, er war der Bruder von Reinard?“
     Jade nickte betroffen.


„Also hatten sie auf der Versammlung recht und dieser Junge aus dem Uruk-Stamm ist doch schuldig gewesen.“
     „Nila ist definitiv kein Unschuldslamm“, wandte Jade ein, „aber ich glaube, dass Lins Tod auf Reinards Deckel geht.“
     „Was lässt dich das glauben?“


„Naja, zum einen hat Nila selber gesagt, dass er Lin gar nicht töten wollte, sondern er nur herausfinden wollte, ob er etwas mit den Räubern zu tun hat. Damit er sich selber entlasten kann.“
     „Und er kann uns ja auch nicht einfach das Blaue vom Himmel erzählt haben!“, warf Wulf ein. „Bestimmt nicht!“


„Lass mich doch mal ausreden! Es ist zudem auch ziemlich auffällig gewesen, wie lapidar Reinard auf Lins Tod reagiert hat. Ich meine, er war immerhin sein Bruder. Und ziemlich verdächtig, dass er uns schon erwartet hat, als wir zurückkamen. Als hätte er auf uns gewartet! Als hätte er genau gewusst, was passiert war!“


„Vergiss nicht, dass Nila immer wieder zu ihm geschaut hat, während er behauptet hat, dass er uns eigentlich hatte retten wollen, wie um sich zu versichern, was er sagen soll und auch kein Pferd bei ihnen war, obwohl Nila vorher noch eins hatte, als er Lin bei der Entführung geholfen hatte. Das Pferd, das übrigens jetzt bei euch im Stall steht“, erinnerte Wulf.


„Das weiß ich alles selber, aber letztendlich sind das viel zu vage Beweise, um deinem Gatten einen Strick daraus zu drehen. Fakt ist, dass Nila nun mal der Mörder ist, und wenn Reinard als Drahtzieher dahintersteckt, war er schlau genug, sich schön rauszuhalten und sich nicht in Verbindung damit bringen zu lassen. Betonung liegt auf wenn, denn ich glaube sehr wohl, dass dieser Nila-Kerl nicht nur seinem „Freund“ Lin, sondern auch uns ans Leder wollte.“


„Ich aber nicht. Ich bin mit Nila zusammen aufgewachsen und kenne ihn. Ich will ihn ganz sicher nicht in Schutz nehmen – er hatte schon immer eine verdorbene, bösartige Ader und er hat Lin getötet. Aber… ich weiß auch nicht… ich habe es einfach im Gefühl, dass mehr dahintersteckt…“
     „Bauchgefühle helfen uns hier jetzt aber nicht weiter.“
     In einer Sackgasse angekommen, war es jetzt eine ganze Weile lang still, jeder in seinen eigenen Gedanken versunken.


„Du sagst, du seist mit Nila aufgewachsen“, meldete sich Isaac schließlich wieder zu Wort, und Jade nickte. „Was kannst du uns über ihn erzählen? Es ist mir schon damals auf der Versammlung schwer gefallen, mir ein Bild über jemanden zu machen, den ich überhaupt nicht kenne.“
     Jade erzählte also, was ihr wichtig erschien, und Isaac fragte: „Und die Sache mit der Entführung? Was genau ist damals passiert? Erzählt mir alles und lasst nichts aus, nur weil ihr denkt, es könnte nicht wichtig sein.“
     Also erzählte Jade weiter, während Wulf sie ab und an ergänzte, und als sie fertig war, fragte Isaac weiter: „Wer ist eigentlich dieses Mädchen, das er angeblich geschwängert hat?“


„Nara? Nun, sie ist Reinards Schwester.“ Jade stutze. „Aber warum fragst du nach ihr? Du hast doch gehört, dass das nur eine Lüge war, um mich auszutricksen.“
     „Warte! Warte! Warte!“, mischte sich Wulf ein. „Diese… Nara, richtig? Ist das etwa dieses Mädchen, das sie heute Morgen gefunden haben? Jenes, das Gift getrunken hat, um abzutreiben?“ Er wartete Jades betroffenes Nicken ab, bevor er ihr vorwarf: „Du weißt das und hast nichts gesagt? Wenn du weißt, wer sich an ihr vergriffen hat, hättest du das verdammt nochmal sagen sollen!“
     „Du glaubst doch nicht, dass es Nila war?“, fragte Jade skeptisch.
     „Ist doch offensichtlich!“

 
„Hör mal, du solltest wissen, dass sie ein bisschen langsamer ist und Nila ihr deshalb von klein auf das Leben schwer gemacht hat.“
     „Als ob das so einen davon abhalten würde, sich an dem Mädchen zu vergreifen!“
     „Das ist Blödsinn! Du hast doch gehört, dass das mit Nara nur eine Lüge war, um mich in diese Höhle zu locken.“
     „Ich muss ihm aber leider recht geben“, pflichtete Isaac ihm ernst bei. „Es sieht alles danach aus, dass es nicht bloß eine Lüge war. Dieser Junge, den er getötet hat…“
     „Lin.“


„Genau. Du hast gesagt, dass Nila zu ihm sagte, er habe ihn gewarnt, „sie“ nicht mehr anzufassen und dass Lin ihm erwiderte, dass er sie doch selber anfasse.“
     „Aber diese „sie“ könnte ja jede sein!“, meinte Jade.
     „Schon. Aber nehmen wir mal an, dass es Nara ist“, übernahm Wulf. „Ich vermute mal, dass sie leicht zu beeinflussen ist.“  


„Wenn Nila sich an ihr vergreift, wäre es ein leichtes für ihn, sie ruhig zu stellen.“


„Oder aber ihr Bruder Reinard steckt dahinter. Er könnte Nila seine Schwester angeboten haben, oder sie erwischt haben und Nila jetzt erpressen, damit der ihm hilft.“


„Das mit den Räubern klarzumachen, dass sie diese eine andere Anführerin, Roah, entführen, dann seinen Bruder Lin zu töten, weil der sich quergestellt hat wegen der Hochzeit mit dir. Ein Handlanger für die schmutzige Arbeit eben.“


„Und dann noch die Frau, die, wie wir wissen, mit Giften um sich schmeißt. Nur plump zu morden und zu entführen würde auf Dauer wohl auffallen, und Gift ist schön unauffällig. Von ihr könnte auch das Gift stammen, das Nara getrunken hat.“


„Ob es jetzt Reinard selber war oder Nila, der es ihr gab, sei mal dahingestellt.“


Jade musste erst einmal verdauen, was sie gerade gehört hatte. Sie musste auch zugeben, dass sie an manchen Stellen nicht wirklich mitgekommen war.
     „Aber wieso das Ganze?“, fragte sie. „Was sollte Reinard damit bewirken wollen?“
     „Dieser Nila, du sagtest, er sei der Bruder der Anführerin des Uruk-Stammes, nicht wahr?“, meldete sich Isaac wieder zu Wort.
     „Ja. Malah.“


Plötzlich starrte Isaac entgeistert vor sich hin.
     „Was ist los, alter Mann? Sprich schon!“, verlangte Wulf.
     „Ich muss mit Malah reden!“
     „Warte! Was ist los? Erklär dich endlich!“
     „Siehst du das denn nicht? Dieser Reinard versucht, die Macht in der Gegend an sich zu reißen.“
     „Und deine Vermutung basiert auf?“


„Er schaltet einen der konkurrierenden Stämme, den Zoth-Stamm, aus, indem er dessen Anführerin Roah entführen lässt…“

 
„…und es so aussehen lässt, als sei der dritte Stamm, der Uruk-Stamm, daran schuld.“

 
„Er bietet den verbliebenen Mitgliedern des führerlosen Zoth-Stammes Unterschlupf und vergrößert damit seinen eigenen Stamm.“


„Auch den Sohn des einzigen Schmiedes, der ganz nebenbei Waffen schmieden kann, und dessen Mutter hat er nun bei sich.“
     Das stimmte. Greta hauste momentan zwar noch im Handelsposten, aber dass sie und Wotan Reinards Angebot zugestimmt hatten, erstmal bei ihnen unterzukommen, hatte sich schnell verbreitet und Malah doch sehr geärgert.


„Er inszeniert eine Entführung seiner eigenen Frau, um sich als Opfer darzustellen“, fuhr Isaac fort.


„Er hat einen Handlanger, Nila, im verbliebenen konkurrierenden Stamm, den er durch seine eigene Schwester, Nara, kontrolliert.“


„Und dann diese Giftmischerin Ida. Ich nehme mal an, ich war nur ein persönlicher Kollateralschaden, weil ich sie beleidigt habe, vielleicht weil ich gelauscht habe. Aber eigentlich hat sie es momentan auf Tann abgesehen, fürchte ich.“
     „Wieso Tann?“, fragte Jade verwirrt.

 
„Der Bruder der Stammesführerin…“


„…ihr Berater und Großvater. Ich nehme an, dass in nächster Zeit all jene, die eine wichtige Position im Uruk-Stamm innehaben oder die wichtig für die Stammesführerin sind –  und auch Malah selber –  irgendwelche Schwierigkeiten haben werden, um es milde auszudrücken. Mit Tann hat sie auch bereits zu tun, sodass es ihr ein Leichtes sein wird, ihn still und heimlich zu vergiften.“


„Er unterhöhlt ihre Position und die Macht seines letzten Konkurrenten“, schlussfolgerte Wulf.
     „Ich muss der jungen Stammesführerin dringend davon erzählen“, sagte Isaac. „Habt ihr sie wenigstens von der Angelegenheit mit dem Toten und dass ihr Bruder dafür verantwortlich ist, unterrichtet?“
     „Nein“, gab Wulf kleinlaut zurück.
     „Warum denn nicht? Du hättest ihr umgehend davon erzählen müssen!“
     „Ich… hatte halt gerade eigene Probleme…“
     Er hatte mit seinem Alkoholentzug zu kämpfen gehabt, aber das behielt er lieber für sich.


Nicht, dass Isaac es gehört hätte. Er war bereits davongestürzt.
     Doch er sollte nicht weit kommen, da er kurz darauf mit Tann zusammengestoßen war.


„Dass der Händler jetzt vergiftet wurde, bestärkt meine Befürchtungen nur noch“, schloss Isaac seine Erzählung und schaute Tann ernst ins Gesicht. „Er war euren Leuten immer wohlgesonnen, doch sein Stellvertreter soll käuflich sein, wie ich gehört habe. Und wenn Reinard erst einmal den örtlichen Handel kontrolliert, kann er euch einfach aushungern, nachdem euch das Wetter dieses Jahr so übel mitgespielt hat und ihr nur noch wenige Vorräte habt.“
     Tann hatte die ganze Zeit über geschwiegen, und auch jetzt wusste er nicht, was er eigentlich dazu sagen sollte.


„Das sind ganz schön schwere Anschuldigungen, die du da vorbringst, Isaac. Unsere Stämme sind schon ewig miteinander verflochten. Wir haben immer zusammengehalten und uns gegenseitig geholfen. Dass sich plötzlich einer gegen die Anderen stellt, ist undenkbar!“
     „Mir ist bewusst, dass dies vielleicht schwer einzusehen ist, aber die Zeit verändert solche Bande und kann sie locker werden lassen. Und dann musst du vorsichtig sein, dass sie dich nicht mit in den Abgrund reißen.“
     „Du kennst die Leute hier nicht, Isaac, aber ich kenne sie“, erwiderte Tann ablehnend. „Und ich kann dir versichern, dass der andere Stamm uns nicht so einfach verraten würde.“
     „Ich kenne die Leute hier nicht so gut wie du, das ist korrekt, aber ich habe als Häuptling meines Dorfes schon einige solcher Erfahrungen machen müssen. Alte Verbündete, die einen hintergehen, angebliche Freunde, die einen im Stich lassen.“


„Soweit ich weiß, warst du nur offiziell Häuptling, aber hast nicht regiert. Ich aber war jahrelang Stammesführer! Ich habe mit diesen Leuten zusammengearbeitet und weiß, wie sie sind!“
     Isaac sah ihn so eindringlich und verbissen an, dass sich sein Herz verkrampfte. Aber Tann blieb standhaft. Hier ging es schließlich um seine Heimat!
     „Es steht dir frei, mir zu glauben oder nicht, aber du solltest vernünftig sein und wenigstens deine Leute warnen“, sagte er schließlich.
     „Ich bin vernünftig und deswegen werde ich kein unnötiges Misstrauen sähen. Davon hatten wir in der letzten Zeit schon viel zu viel. Wir brauchen momentan jedes bisschen Zusammenhalt.“
     „Sei doch nicht so stur, Tann! Ich dachte, gerade du würdest meine Warnung ernst nehmen.“
     „Ich nehme dich ernst.“
     „Ich hätte nicht von dir gedacht, dass du ein Lügner bist.“


Isaac setzte sich in Bewegung, wollte an ihm vorbeigehen. 
     „Warte! Wo willst du hin?“
     „Deine Leute warnen, wenn du es schon nicht tun willst.“
     Tann griff nach seinem Arm, hielt ihn fest. „Das wirst du ganz sicher nicht! Da kann ich es ja gleich selber machen!“
     „Dann tu es doch!“
     „Nein! Du hast keine Ahnung, wie es hier zugeht und meinst, herzukommen und alles durcheinander zu bringen! Aber ich werde nicht zulassen, dass wir schon wieder am Rande eines Krieges stehen! Das hatten wir schon einmal, und ich war daran schuld!“


Isaac riss sich wütend los, sagte beleidigt: „Verstehe, jetzt bin ich also nur noch der Fremde, der nicht hierher gehört. Ja, du hast ganz recht, dies hier ist nicht meine Heimat, aber weißt du wessen Heimat es ist? Die von Wulfgar, meinem Sohn. Und weißt du noch etwas? Ich muss kein Hellseher sein, um zu wissen, dass dieser Reinard ihn aus dem Weg schaffen wird, sobald er die Möglichkeit dazu erhält. Es wundert mich, ehrlich gesagt, dass er es noch nicht getan hat. Es war nämlich sicher nicht geplant, dass er in die Entführung hineingezogen wird. 
     Deshalb habe ich versucht, auf ihn einzureden, dass er die Gegend verlässt oder sich wenigstens versteckt hält. Aber soll ich dir etwas sagen? Er wollte das nicht. Weil er seine neue Heimat beschützen will. Und wenn du es so genau wissen willst: Meine Heimat, deine Heimat – das alles kümmert mich nicht. Alles, was für mich zählt, ist die Sicherheit meiner Familie. Meines Jungen. Ich werde nie zulassen, dass ihm etwas zustößt. Und wenn ich dich dafür niederschlagen oder mein eigenes Leben geben muss, ist mir das völlig gleichgültig! Und du solltest auch nicht so verdammt starrköpfig sein, sondern lieber an die Anderen denken. Jene, die hier leben. Jene, die dir vielleicht lieb und teuer sind, und deren Leben du mit deiner verdammten Sturheit vielleicht in Gefahr bringst. Denn letztendlich hast du keine Beweise dafür, dass ich nicht doch recht haben könnte!“


Er ließ Tann stehen, aber der holte sofort wieder auf und stellte sich ihm erneut in den Weg. Isaac funkelte ihn feindselig an.
     „Ich habe dich verstanden, Mann, also geh zurück und halt gefälligst den Kopf unten, hast du verstanden?“, sagte Tann ihm.
     „Und du?“, fragte Isaac misstrauisch.
     „Es ist nicht so, dass ich nicht ohnehin vorhatte, mich wenigstens mit Malah diesbezüglich zu beraten. Also lass mich machen und geh, bevor Ida dich noch findet und zu Ende bringt, was sie angefangen hat!“
     Tann konnte das verstehen, dass Isaac seine Familie so unbedingt beschützen wollte. Das ging ihm ja nicht anders. Und immerhin war auch Isaac ihm lieb und teuer, und er wollte nicht, dass ihm etwas passierte. Egal, wie wütend er auch gerade auf ihn war.
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Da habt ihr also Isaacs Theorie, wer hinter all den Vorkommnissen der letzten Zeit steckt. Ich schreibe "Theorie", weil ich natürlich nicht sagen will, ob es auch stimmt oder nicht. 
     Mir ist übrigens bewusst, dass es vielleicht ein bisschen... arg verwirrend gewesen ist. Ich hatte schon ziemliche Probleme, wie ich das überhaupt alles bebildern sollte, aber ich hoffe, es kam trotzdem irgendwie rüber. 
      Um es mal zusammenzufassen, glaubt Isaac, dass Reinard die Macht in der Gegend an sich reißen will, indem er die Anführerin des Zoth-Stammes, Roah, hat entführen lassen, um es Malah in die Schuhe zu schieben. Zudem soll er Nila und Ida als seine Handlanger einsetzen. Nila, den er über seine Schwester Nara kontrolliert und Ida, die mit Giften Reinards verbliebene Konkurrenz aus dem Weg schaffen will, die da wären Tann als Malahs Berater und Händler Alin, damit er den örtlichen Handel kontrolliert und sie nach dem schweren Jahr einfach auszuhungern kann. Er selber sei dabei bloß von Ida vergiftet worden, weil er sie durch die Abfuhr, die er ihr gegeben hat, beleidigt habe. Nur warum Akara vergiftet wurde, erklärt das auch nicht. Oder doch? Und warum sollte Ida Reinard eigentlich helfen?
 
Jedenfalls hatten die ganz schön Glück, dass Isaac das Gegengift kannte (wie gesagt musste ich die Realität mit er ganzen Gift-Gegengift-Geschichte ein bisschen biegen), und letztendlich hat Diana zum Glück recht behalten. Zu Rahn und Akaras Baby muss ich übrigens noch sagen, dass ich dort ein bisschen die Finger im Spiel hatte, was das Geschlecht angeht. Ursprünglich hat Akara nämlich einen Jungen geboren gehabt, aber ich wollte so gerne ein Mädchen für sie, das sie nach Diana benennen können, die für beide ja sehr wichtig gewesen ist, sodass ich geladen und das Geschlecht via MasterController einfach eingestellt habe. 
 
Ich habe übrigens oben den Header mal geändert, weil ich den alten nicht mehr sehen konnte. Er hat jetzt zwar keinen wirklichen Bezug zum aktuellen Thema, aber bislang hatte ich auch noch keine Idee, wie ich einen themabezogenen Header machen könnte ohne alles zu spoilern. Deswegen bleibt der jetzt erstmal vorübergehend, bis mir was besseres einfällt.
 
Nächstes Mal erzählt Tann Malah von dem, was er gerade von Isaac erfahren hat und Malah wird vor eine schwere Wahl gestellt. Soll sie Nila weiterhin decken oder nicht? 

Bis dahin, danke fürs Vorbeischauen, passt auf euch auf, und ich verabschiede mich!

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