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Mittwoch, 13. Juni 2018

Kapitel 55 - Beschützer



An einem wunderschönen Herbsttag, als der Himmel sich blau und wolkenlos über ihnen erstreckte und die Sonne ihre letzten Strahlen zur Erde sandte, war Tann gerade unterwegs, um auszutreten. Sie hatten den ganzen Morgen über am Ausbau des Hauses gearbeitet und jetzt hatte er endlich einmal eine kleine Pause.


Doch als er Elrik und Akara bei den Pinkelbüschen vorfand, eng aneinander geschmiegt und in einem liebevollen Kuss versunken, hielt er inne. 
     Es wäre gelogen zu sagen, dass Tann bei diesem Anblick das Herz aufging. Nach wie vor war er Akara gegenüber skeptisch, und sie hatte noch einiges über Kindererziehung zu lernen, aber dennoch war er froh, dass sie an der Seite seines Sohnes stand.
     Tann hatte in der Vergangenheit so viel angerichtet, hätte das Glück seines Sohnes beinahe zerstört, aber letztendlich war er froh, dass Elrik sich über ihn hinweggesetzt hatte. Dass er zu seiner Liebe gestanden und dafür gekämpft hatte.


Hier gab es nichts für ihn zu tun, das hatte es noch nie, also drehte er zufrieden ab und wollte gehen. Er wollte schließlich nicht stören. Akara und Elrik hatten auch so schon zu wenig Zeit allein miteinander. 
     Doch noch während er sich umdrehte, bemerkte er aus den Augenwinkeln heraus Lu, der nun stattdessen die Zweisamkeit zwischen Stammesführer und Gefährtin zerbrach. Akara und Elrik lösten sich bei seinem Auftauchen sofort voneinander.
     „Elrik, da ist ein Mann angekommen. Er sagt, er ist ein“, Lu überlegte, „Händler, glaube ich. Ich habe keine Ahnung, was das ist, aber er will mit unserem Anführer sprechen.“


Tann folgte mit seinen Augen Lus Fingerzeig und konnte nun tatsächlich einen Fremden auf ihrem Hof stehen sehen. Er trug aufwendige Kleidung, sein langes schwarzes Haar war zu einem Pferdeschwanz gebunden und auf den ersten Blick schien es Tann, als hätte er nicht einmal einen Bart.
     Sein Anblick alarmierte ihn sofort, aber dann schalt er sich, sich zu beruhigen. Nicht jeder Fremde bedeutete gleich Gefahr, das wusste er auch, aber nach der Sache mit Dia Hell war er übervorsichtig geworden.


Als Lu und Elrik auftauchten, entschloss sich auch Tann dazu, zu der Versammlung zu stoßen. Doch als er sich aufmachte, geriet Akara in sein Blickfeld, die allein zurückgeblieben war und die nun traurig die Schultern hängen ließ.
     Dieses Bild ließ Tann augenblicklich an Ort und Stelle festfrieren. Er kannte es nur zu gut, auch wenn er es in der Vergangenheit so oft nicht hatte sehen wollen. Immer, wenn er beschäftigt gewesen war. Immer, wenn er Tanna allein gelassen hatte.


Noch immer zahlte er den Preis dafür. Tanna war nach wie vor abweisend und überaus distanziert. Er zweifelte nicht an ihr oder ihrer Liebe zueinander, aber hätte er es nicht besser gewusst, hätte er sich Sorgen gemacht. 
     Manches Mal erwischte er sich sogar dabei. Bei dem Gedanken, dass etwas nicht stimmte zwischen ihnen. Dass sie ihn nicht mehr lieben könnte. Dass sie ihn verlassen könnte. Tann würde das nicht überstehen, das wusste er.


Deswegen erschreckte es ihn, die Einsamkeit, die er bei Tanna so oft ignoriert hatte, jetzt in Akaras Augen zu sehen. 


Er haderte mit sich, denn er wollte schließlich ebenfalls einen Blick auf den Neuankömmling werfen. Er war hin- und hergerissen zwischen seinem Pflichtgefühl und seiner Neugier, aber letztendlich presste er missmutig die Lippen aufeinander und ging unwillig zu Akara hinüber. Elrik würde das sicherlich auch ohne ihn schaffen.
     „Sei nicht traurig“, begann er und ließ Akara ertappt zusammenzucken. „Du weißt, dass du Elrik das Wichtigste bist, nicht wahr?“
     „Ja, ich weiß“, bestätigte sie, nachdem sie sich wieder gefangen hatte. Dann jedoch fielen ihre Schultern erneut herab. „Es ist nur… es ist trotzdem schwer, immer nur allein gelassen zu werden.“
      So hatte sie sich das Zusammenleben mit Elrik jedenfalls nicht vorgestellt. Das war wohl ziemlich naiv von ihr gewesen, das wusste sie inzwischen auch.


Tann schwieg einen Moment, seine Augen so ausdruckslos auf ihrem Gesicht, dass es sie ein bisschen erschreckte. Schließlich rang er sich aber ein Lächeln ab, das ihn sofort wieder freundlicher aussehen ließ.
     „Du musst dich nicht allein fühlen. Ich habe schon mitbekommen, dass du kaum mit den Anderen redest, aber dazu besteht kein Anlass. Wir haben dich vielleicht ein wenig verschreckt…“ Er stockte und korrigierte sich dann: „Ich habe dich vielleicht ein bisschen verschreckt, aber wir sind eigentlich alle ganz nett. Du gehörst inzwischen zur Familie. Du bist ein Teil dieses Stammes. Das sehen wir alle so. Deswegen hab keine Scheu davor, mit uns zu reden. Ich bin mir sicher, dass du dich auch mit den anderen Frauen gut verstehen wirst und dann wirst du dich auch nicht mehr so einsam fühlen.“
     Tann wusste nicht, ob er überzeugend rübergekommen war, aber selbst wenn er noch immer skeptisch war, wusste er, dass die Anderen Akara gegenüber offener sein würden. Das hoffte er zumindest. Er musste jedenfalls verhindern, dass sie sich noch weiter isolierte. Dann würde ihre Einsamkeit nur noch schlimmer werden.


Akara sah jedoch noch immer unglücklich aus und Tann wusste auch nicht mehr, was er ihr noch sagen sollte. Er hatte ihr eigentlich nichts mehr zu sagen. Er hatte schon alles aufgeboten, obwohl es ihm nicht gerade leicht gefallen war, diese Dinge zu ihr zu sagen.
      „Ich weiß nicht… Ich fühle mich, ehrlich gesagt, aber nicht als Teil dieses Stammes…. Oder einer Familie.“ Sie wagte einen verstohlenen Blick in seine Richtung. „Manchmal frage ich mich, ob es nicht besser wäre, wenn ich wieder zurück nach Hause gehen würde.“


Jetzt war es genug. Tann konnte sich nicht länger zurückhalten. Sofort kehrte der Unmut in sein Gesicht zurück, den sie schon von ihm kannte. Er war lang genug nett und freundlich gewesen.
     „Du bist aber ein Teil einer Familie, Mädchen! Du hast Elrik und du hast Malah! Du bist Mutter und als solche musst du Verantwortung übernehmen, ob dir das jetzt passt oder nicht! Also sieh zu, dass du das gefälligst tust!“


Er drehte sich von ihr weg und ließ sie stehen. „Ansonsten wärst du deinem Vater doch ähnlicher als ich dachte und das würde mich maßlos enttäuschen!“
     Das hatte gesessen. Akara war tief getroffen zurückgeblieben. Sie schaute Tann noch nach, als der schon um die Ecke verschwunden war und sie musste feststellen, dass seine Worte ihr wehgetan hatten. Denn er hatte recht.


Tags darauf war Tann mit den frischgebackenen Müttern allein zu Hause. Heute war es an ihm, den Aufpasser zu spielen, und das tat er gerne. 
     Eigentlich war es sogar seine Idee gewesen. Die Anderen waren der Meinung, dass es für einen Aufpasser keine Notwendigkeit mehr gab. Jana hatte ihn sogar angeknurrt, als er mit dem Vorschlag angekommen war. Sie war nach wie vor empfindlich, wenn man sie zu beschützen versuchte.
     Doch Tann hatte sich durchgesetzt und auch wenn er sich bei all den Frauengesprächen etwas fehl am Platze fühlte, war er froh, dass die Frauen und Kinder nicht allein waren.


Er war gerade unterwegs, seine Notdurft zu verrichten, war frohen Mutes und unbescholten, als er dachte, jemanden hinter sich zu hören. 


Doch bevor er nachsehen konnte, stach ihm plötzlich ein ungeheurer Schmerz in den Rücken. Er durchfuhr ihn glühend heiß, dann warf die Wucht des Angriffs ihn von den Beinen.


Blut und Erde mischten sich in seinem Mund zu einem widerlichen Geschmack. Das Geräusch von Schritten drang nur noch gedämpft zu ihm vor. Sein Körper fühlte sich taub an, nur das stetige Pochen des Blutes, das aus ihm strömte. So laut, dass es die Geräusche der Außenwelt übertönte. 
     Schließlich kam jemand vor ihm zum Stehen. Er sah nackte Zehen, die in notdürftig zusammengeschusterten Sandalen stecken. Ein Tritt, der ihn unsanft aus dem Delirium, in das er nach seinem Sturz gefallen war, zurückholte. Er wurde auf den Rücken gezwungen und der abebbende Schmerz heulte erneut auf. Er wollte sich wieder auf den Bauch drehen, doch man ließ ihn nicht.
     Da hatte er erstmals ein freies Sichtfeld auf seinen Angreifer. Er sah wirres Haar, einen langen Bart, doch gegen den hellen Hintergrund des Himmels wirkte er beinahe wie ein gespenstischer Schatten und für einen Moment war sich Tann sicher, dass er das auch war. 
     Seine Gedanken drifteten ab. Sie glitten ihm durch die Finger. Seine Augen verdrehten sich nach oben und da ließ man ihn endlich in Ruhe.


Das Letzte, das er sah, bevor die Welt um ihn herum schwarz wurde, waren die Füße seines Angreifers, die sich entfernten. Und ein Messer, das im grauen Morgenlicht glänzte.  


Eine Sekunde. Er war nur eine Sekunde lang weggetreten, aber als er wieder erwachte, kam es ihm vor, als würde er schon ewig hier liegen. Sein Kopf schwirrte und es fiel ihm unendlich schwer, auch nur einen klaren Gedanken zu fassen. Immer wieder drohte er, in die Dunkelheit zurückzufallen. Aber das Gefühl von unmittelbarer Gefahr hielt ihn bei Bewusstsein. 
     Er zwang seine Gedanken dazu, sich zu fokussieren, drehte sich auf den Bauch und wurde erneut von einem bösen Schmerz bestraft, der ihm durch den gesamten Körper jagte und ihn sich dumpf und kalt anfühlen ließ.
     Eine Hand auf den Boden. Dann die Zweite.
     Er musste sich zusammenreißen!
     Das Leben rann aus seinem Körper, seine Kräfte drohten, ihn zu verlassen. 
     Doch Tann zwang sich dennoch auf taube Beine. Ein-, zweimal fiel er beinahe wieder um, aber dann schaffte er es doch, einen wackeligen Halt zu finden.
     Er musste sie beschützen!
     Mit klammen Fingern griff er nach seinem eigenen Messer, das er immer bei sich trug. Bei seinem ersten Schritt geriet seine Welt für einen Moment aus den Fugen. Doch er ging weiter. Schritt für Schritt. Solange er noch atmete, würde er sie beschützen.


Mit letzter Kraft erreichte er den Türrahmen. Erschöpft stützte er sich dagegen und erneut glaubte er, es nicht zu schaffen. Doch als er dann sah, was sich im Haus abspielte, gab ihm die Wut darüber das Leben zurück.


Wie konnte man es wagen? In seinem eigenen Stamm! Wie konnte man es wagen, in sein Zuhause einzudringen und seine Leute zu bedrohen? Er hatte es einmal nicht beschützen können. Es würde ihm kein zweites Mal geschehen.
     Mit kräftigeren Schritten stolperte er vorwärts. Er hörte Jana reden. Sie hatte ein Messer in der Hand und sie hatte ihn bemerkt, aber sie hatte nicht ein Mal aufgehört zu sprechen. 
     Doch Tann hatte nur Augen für den fremden Mann, der ihm gerade den Rücken zudrehte, so, wie er ihm den Rücken zugedreht hatte, als er ihn rücklings abgestochen hatte. Er hatte das Messer, mit dem er das getan hatte noch immer in der Hand, hielt es Akara an den Hals.


Tann sah rot. Mit einem letzten Satz war er bei dem Fremden, hatte ihn gepackt und ihm ohne zu zögern das Messer in den Hals gerammt. Bevor der wusste, wie ihm geschah, ließ Tann sich nach hinten fallen und der andere Mann hatte keine Wahl, als mit ihm zu fallen.


Als sie auf dem Boden aufkamen, wurde die Luft aus Tann herausgepresst und der Schmerz schrie erneut fürchterlich in ihm auf. Hinzu kam ein zweiter, als der Fremde ihm sein Messer im Todeskampf immer und immer wieder ins Bein rammte. Er wehrte sich mit aller Kraft, aber Tann hielt ihn so lange fest umklammert, bis er schließlich in seinen Armen erschlaffte.
     Er hörte Janas Stimme laut durchs Haus schallen, verstand aber nicht, was sie sagte. Dafür verschwand im nächsten Moment das unerträgliche Gewicht von ihm und da erst bemerkte er, dass Jana über ihm stand und dass sie es gewesen war, die ihn mit einem kräftigen Tritt von dem Fremden befreit hatte.


Ihr Gesicht erschien groß über ihm. „Tann, ist alles in Ordnung?“
     Er versuchte zu sprechen, aber es dauerte einen Moment, bis die Luft in seine Lungen zurückgekehrt war und er die Worte hinaus zwingen konnte. „Akara… ist sie verletzt?“
     Jana schüttelte den Kopf und da entkrampfte sich Tanns Gesicht und er als er schließlich die Augen schloss, wirkte er geradezu friedlich. „Gut… ich wollte… ihr nicht wehtun…“
      Dann wurde ihm erneut schwarz vor Augen.


Und während Dana nun ging, um nach Tann zu sehen und Jana losrannte, um Hilfe zu holen, war Akara nach wie vor erstarrt. Sie konnte nichts anderes tun, als den Mann anzustarren, der gerade sein Leben eingesetzt hatte, um sie zu beschützen und der trotz seiner Verletzungen nur daran gedacht hatte, dass er sie hätte verletzen können.
     So etwas hatte noch niemals jemand für sie getan.


‚Warum hast du das getan?‘
     Es war die eine Frage, die Akara seit Stunden nun schon beschäftigte. Als sie Tann in mehrere Lagen Stoff gewickelt hatten, als sie nichts anderes hatte tun können, als mit vor Schrecken zitternden Händen das Blut aufzuwischen und mit Stroh zu bedecken. Es hatte sie nicht losgelassen und es beschäftigte sie selbst jetzt noch, als sie neben dem bewusstlosen Mann saß, der ihr Leben gerettet hatte.


„Was machst du noch immer hier?“, riss sie eine harsche Stimme plötzlich aus ihren Gedanken.
     Als ihr Blick nach oben schnellte, sah sie Tanna über sich stehen. In ihren Augen funkelte Wut. Ablehnung. Elriks Mutter hatte sie zuvor noch niemals so angesehen, aber Akara konnte es ihr nicht verübeln. Wegen ihr war Tannas Gefährte schließlich verletzt worden.
     „Glaubst du etwa, dass er das für dich getan hat?“
     Akara versteifte sich. 
     „Das hat er nämlich nicht“, fuhr Tanna erbarmungslos fort. „Er hat nur den Stamm beschützt, das ist alles. Also hör gefälligst auf, dir unnötige Sorgen zu machen, und geh lieber dorthin, wo dein Platz ist!“
     Ja, nur, wo war ihr Platz eigentlich? Sie wusste es nicht. Sie hatte es nie gewusst und sie wusste es noch immer nicht. All die Jahre auf der Flucht, ohne festes Zuhause. Und dann, als sie endlich geglaubt hatte, angekommen zu sein, wollte sie manchmal nichts lieber als davonzulaufen.
     Deswegen hatte sie, und wenn auch nur für einen kurzen Augenblick, vielleicht daran glauben wollen, dass Tann ihr Leben für sie eingesetzt hatte.


Eigentlich war es Tannas Aufgabe, sich um ihren verwundeten Gefährten zu kümmern. Doch sie war gegangen, hatte ihn allein gelassen, was Akara doch sehr wunderte. Da war nicht einmal ein Anzeichen von Sorge in ihrem Gesicht gewesen. Sie hatte ihn ja nicht einmal angesehen!
     Doch Tanna hatte recht. Es war nicht an ihr, an Tanns Seite zu sein. Also folgte sie der anderen Frau, mit der sie bislang eigentlich gut ausgekommen war, schließlich nach draußen. 


Dort hatte sich bereits eine Versammlung um den toten Fremden gebildet, der sie vor kurzem noch als Geisel gehalten hatte.  
     Niemand wusste, wer er war oder wo er hergekommen war. Seinem abgerissenen Aussehen nach zu urteilen hatte er wohl kein Zuhause. Ein Landstreicher. Er war plötzlich aufgetaucht, hatte Nahrung und Wertgegenstände gefordert und es lief Akara noch immer eiskalt den Rücken hinunter, wenn sie daran dachte, wie er ihr anzügliche Dinge ins Ohr geflüstert hatte. Sie war so erleichtert, dass Tann sie vor einem schlimmeren Schicksal bewahrt hatte.
     „Das geht so nicht weiter“, sagte Elrik gerade. Zwischen seinen Augenbrauen hatte sich eine tiefe Wutfalte gebildet, die man da in letzter Zeit selten sah. „Ich habe die Versammlungen mit den anderen Stämmen ins Leben gerufen, weil alle wegen der Vorkommnisse mit unseren Nachbarn beunruhigt waren, aber anstatt dass es besser geworden ist, scheint es immer unsicherer in der Gegend zu werden.“
     „Wahrscheinlich ist er mit dem Händler da gekommen“, warf Jin ein. 
     Auch er war sichtlich wütend. Wut oder Fassungslosigkeit war alles, was sie auf den Gesichtern der Anwesenden sehen konnte.
     Doch eine kleine, sich entfernende Gestalt hatte Akaras Aufmerksamkeit längst auf etwas anderes gezogen. Ein roter Schopf, der sich vom Grundstück entfernte und als sie das bemerkte, wurde Akara doch tatsächlich sauer.
     „Wir sollten nachsehen, ob bei den Hells alles in Ordnung ist. Vielleicht wissen die ja auch mehr über diesen Händler“, drang Elriks Stimme zu ihr vor.


Bevor sie an sich halten konnte, war sie vorgetreten. „Ich mache das! Ich gehe rüber!“   
     Elriks Blick landete auf ihr und sie sah, dass er besorgt war. Aber sie hatte gerade keine Augen dafür. Alles, was sie sich fragte, war, wo um Himmels Willen Tanna hinging, während ihr Gefährte vielleicht im Sterben lag.
     „Bist du sicher? Willst du dich nicht lieber erstmal von dem Schrecken erholen?“
     „Es geht mir gut. Ich mache mir selber Sorgen um meine Mutter und um meine Geschwister.“
      Elrik betrachtete sie einen Moment schweigend, dann nickte er unwillig. Da konnte Akara nichts mehr zurückhalten und sie ging, um Tanna zu folgen.


Sie konnte es nicht fassen, als sie sah, dass Elriks Mutter doch tatsächlich im Nachbarhaus verschwand. Was hatte sie dort nur zu schaffen? Während sie über den Rastplatz huschte, kamen ihr die wildesten Gedanken, aber sie alle schienen ihr unsinnig. Sie konnte sich einfach nicht vorstellen, was Tanna in ihrem Elternhaus verloren hatte.
     Vorsichtshalber schlich sie die letzten Meter zum Haus, obwohl die Tür längst hinter Tanna ins Schloss gefallen war. Behutsam legte sie die Hände an das raue Holz und drückte ihr Ohr dagegen. Doch alles, was sie hörte, war das entfernte Rauschen des Meeres und das gelegentliche Schreien einer späten Möwe.
     Also drückte sie vorsichtig gegen die Tür und tatsächlich hatte man versäumt, sie von innen abzusperren. Zuerst sah sie nur das diffuse Dunkel, dass den Raum im Inneren erfüllte, bis sich ihre Augen an das scharf umgrenzte Licht des Feuers gewöhnt hatten.


Und was sie dann sah, ließ sie beinahe aus allen Wolken fallen. Sie hatte mit so vielem gerechnet, sogar eine Affäre mit einem der Männer des Hauses hatte sie nicht ausgeschlossen, aber nie im Leben hätte sie erwartet, Tanna und Leah zu erwischen. Ihre eigene Mutter! 
     Die beiden Frauen lagen jenseits des Feuerscheins im Halbdunkel und waren scheinbar in einen Kuss verfallen, sodass sie Akara zunächst nicht bemerkten. Zumindest, bis diese einen erstickten Schrei ausstieß. Dann jedoch erinnerte sie sich glücklicherweise an das, was vor kurzem erst geschehen war und schlug schnell die Hände auf den Mund, bevor sie die ganze Nachbarschaft alarmieren konnte.


Tanna war inzwischen erschrocken aufgesprungen und bevor Akara wusste, wie ihr geschah, hatte sie sie beim Arm gepackt und nach drinnen gezerrt. Die Tür wurde sofort hinter ihr geschlossen. Akara stand noch einen Moment länger erstarrt, bis sie sah, dass Tanna tatsächlich nicht einmal den Anstand hatte, ertappt auszusehen. Wütend starrten sich beide Frauen an.
     „Halt bloß die Klappe darüber, was du heute hier gesehen hast!“, ging Tanna sie an.
     Das konnte doch nicht ihr Ernst sein! Das war tatsächlich ihre einzige Sorge?
     „Was soll das? Warum bist du hier mit meiner Mutter, anstatt bei deinem Mann? Er stirbt vielleicht und du hast nichts Besseres zu tun, als ihn zu betrügen?“
      Tanna schnalzte genervt mit der Zunge. „Tann ist viel zu stur, um zu sterben. Der wird schon wieder.“ Sie fixierte Akara mit ihren Augen, als wolle sie sie mit ihrem Blick erstechen. „Und du tust gut daran, dass hier für dich zu behalten, verstanden?“


Akara dachte nicht daran, aber sie hatte auch nicht an ihre Mutter gedacht. Wenn sie ehrlich war, hatte sie sogar vergessen, dass sie anwesend war. Das geschah bei Leah öfter, als dass sie es zugeben wollte. Ihre Mutter war oft so still und abwesend, als wäre sie tatsächlich nicht da.
     „Akara, bitte!“
      Es waren nur zwei Worte, aber Leah musste auch gar nicht mehr sagen. Zwei Worte und es waren die ersten Worte, die ihre Mutter seit langer Zeit gesprochen hatte. Akara konnte sich nicht einmal mehr daran erinnern, wann sie das letzte Mal die Stimme ihrer Mutter gehört hatte.
     Und da wusste sie, dass sie keine andere Wahl hatte. Obwohl sich alles in ihr dagegen sträubte, würde sie niemandem davon erzählen, was sie heute erfahren hatte. Ihrer Mutter zuliebe. 
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Ich könnte so einiges schreiben, aber stattdessen schreib ich nur: Nächstes Mal erfahren wir, ob Tann es übersteht, und es wird nicht nur eine böse Überraschung geben. 

Achja, und denkt euch bitte das Blut, das da geflossen sein muss. Wie immer geht es bei mir unblutig zu. Und das liegt natürlich nicht bloß daran, dass ich immer noch mies in Bildbearbeitung bin ^^'.

Bis dahin, danke fürs Vorbeischauen und ich verabschiede mich!

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