Neuigkeiten

Hallo und herzlich willkommen in meiner (Sims-)Wortschmiede!
Ich wünsche euch viel Spaß beim Lesen!
Neu hier? Dann hier anfangen.
Wulfgars Geschichte jetzt komplett online!

Mittwoch, 14. April 2021

Kapitel 137 - Schuldgefühle


Erst, als Wulfgar spät abends vom Handelsposten heimkehrte, sollte ein wenig der Last von ihm abfallen. Lu erwartete ihn nämlich, kam zu ihm und legte ihm mitfühlend eine Hand auf die Schulter, sagte: „Tut mir leid wegen dem, was deiner Schwester passiert ist. Wenn du darüber reden willst, höre ich dir gerne zu.“


Und wie gerne er darüber reden wollte. Vor allen Dingen mit Lu. Also nickte er dankbar, sie gingen zu einer der Bänke hinüber, um sich zu setzen, und er begann, sich seine Sorgen von der Seele zu reden.


Er redete eine ganze Weile lang, und nachdem er geendet hatte, verfiel er in seine Gedanken und Schweigen legte sich über sie. Die Gespräche der restlichen Hausbewohner schwappten in die nun ruhige Küche und ließen die Stille noch bedrückender werden. Zumindest kam es Lu so vor. Er wusste einfach nicht, ob er überhaupt etwas zu der Situation sagen sollte – er befürchtete auch, dass er etwas unpassendes sagen würde, wenn es um Greta ging. Doch er fand, dass er etwas sagen sollte. Er hatte schließlich noch kein Wort dazu verloren, hatte nur schweigend zugehört. Die Stille war ihm so unangenehm. Hier, so allein mit Wulfgar.
     „Tut mir leid, das Ganze“, sagte er deshalb, und kam sich dämlich dabei vor.


„Schon gut. Wie gesagt, ich glaube, dass Greta und Griswold sich schon wieder zusammenraufen werden.“ Wulfgar sah ihn an, rieb sich unbehaglich den Nacken, als hätte er gerade jetzt erst bemerkt, wer da eigentlich neben ihm saß. Er stand auf. „Danke, dass du mir zugehört hast. Das hat mir sehr geholfen. Wenn es jemals etwas gibt, das ich für dich tun kann oder über das du reden willst, kannst du immer zu mir kommen. Ich meine, ich würde mich freuen, wenn du damit zu mir kommst.“
     Er sah ihn an, als ob er tatsächlich erwartete, dass Lu ihm etwas erzählte, das ihn belastete, und plötzlich fühlte der sich in der Pflicht, genau das zu tun. Und es gab auch tatsächlich etwas, das ihm auf dem Herzen lag.


„Ich weiß, dass es jetzt vielleicht ein bisschen… unpassend ist, aber was ich dich seit einer Weile schon fragen wollte,“ begann er zögerlich, „denkst du eigentlich je an sie? An die Leute, die du getötet hast? Ich meine… entschuldige, ich will dir keine Vorwürfe oder so etwas machen, ich…“
     „Ich denke andauernd an sie“, unterbrach Wulfgar ihn ernst.
     „Bereust du, was du getan hast?“


„Ja. Ich bereue es zutiefst, wie ich damals war. Was ich tat. All die Leute, die ich getötet habe. Nicht alle von ihnen waren schlecht oder… ich weiß es nicht, ob sie nicht doch unschuldig waren. Aber egal wie es war, ich sehe sie alle immer wieder vor mir. Manchmal verfolgen sie mich sogar in meinen Träumen.“
     „Wie hältst du das aus?“, fragte Lu inbrünstig. „Diese Schuld… wie kannst du nur mit dieser Schuld leben?“
     Wulfgar sah ihn forschend an, und Lu sah, dass er erkannte, dass es hier eigentlich gar nicht um ihn ging. Nicht um seine Schuld. Nicht um sein Gewissen. Sondern um Lus.


Aber statt das anzumerken, antwortete er todernst: „Wenn ich es nicht tun würde, wenn ich sie einfach vergessen würde und weiterlebte, als wäre nie etwas geschehen, oder wenn ich den Tod wählen würde, um feige vor meiner Schuld zu entkommen, würde ich ihr Andenken mit Füßen treten. Nein, ich muss weiterleben, mit dieser Schuld, und ich darf nie vergessen, was ich getan habe. Es ist meine Strafe, dass sie mich heimsuchen – eine viel zu milde Strafe; ich wünschte, sie würden mich wirklich als Rachegeister heimsuchen. Denn was ich getan habe, kann ich nie ungeschehen, nie wiedergutmachen.“


Lu wusste nicht, was er von dieser Antwort halten sollte. Er wusste nur, dass er sich noch immer elend fühlte. Aber Wulfgar hatte mit einem recht: Das war es, was er verdient hatte. Es war eine viel zu milde Strafe dafür, dass wegen ihm andere ihr Leben verloren hatten.
     Als hätte Wulfgar seine Gedanken gelesen, berührte er ihn sachte an der Schulter, dass er gedanklich zu ihm zurückkehrte, und sagte: „Aber du hast niemanden getötet, Lu. Ich war es. Das ist meine Schuld. Meine und die von Samuel oder Samuela, die deine Arglosigkeit und dich benutzt haben, um ihre Drecksarbeit zu erledigen. Ich weiß, dass du das nicht hören willst und dass du das nicht so siehst, aber so ist es. Du hast niemanden mutwillig getötet, so wie ich es getan habe. Ich weiß, dass dein Gewissen dich dennoch plagt – du warst schon immer so, dass du alles auf dich genommen hast – aber du darfst nicht zulassen, dass diese Schuld, die du empfindest, dein Leben regiert. Das… das würde ich mir nämlich nie verzeihen können.“


„Du hast doch gar nichts damit zu tun…“
     „Ich habe ganz schön viel damit zu tun, und das weißt du. Aber das ist in Ordnung. Ich nehme die Schuld gern auf mich. Ich kann damit umgehen.“
     „Im Gegensatz zu mir, ja? Weil ich schwach bin?“, gab Lu mehr verbittert als vorwurfsvoll zurück.
     „Das wollte ich damit nicht sagen. Entschuldige…“
     „Nein, schon gut.“ Lu zwang sich, zu lächeln. „Es hat mir sehr geholfen, mit dir darüber zu reden. Ich danke dir.“


Und als er es sagte, wurde ihm bewusst, dass es tatsächlich so war. Dass es ihm geholfen hatte, mit Wulfgar über das zu reden, über das er bislang mit noch niemanden geredet hatte. Weil niemand ihn bislang verstanden hatte. Seine Angst, seine Schuld. Aber Wulfgar verstand das. 
     Und als Lu ihm jetzt in die Augen sah, erkannte er, dass seine Angst vor dem Anderen verschwunden war. Er hoffte nur, dass es auch so bleiben würde. Und dass er es irgendwann schaffen würde, mit dieser Schuld zu leben, die Wulfgar tragen konnte, für die er aber noch zu schwach war, um sie zu tragen.   


Am nächsten Morgen hatte Wotan seine Mutter dazu überredet, den örtlichen Schreiner und Zimmermann zu besuchen, um sich über den Bau eines Hauses für sie beide zu informieren.


Jin hatte seinem Sohn natürlich sofort angeboten gehabt, dass er zu ihm in den Stamm ziehen könnte – was er ja von Anfang an gewollt hatte – aber sowohl Mutter als auch Sohn hielten das für keine gute Idee.
     „Meinst du nicht, dass das nur für Unfrieden zwischen euch und Griswold führen würde, wenn wir jetzt zu euch kommen?“, hatte Wotan angemerkt.
     Trotzdem hatte Jin sie zu Wirts und Tanjas Haus begleitet, beabsichtigte er doch, wenigstens beim Hausbau mitzuhelfen – sehr zu Gretas Verdruss.


Die erste Planung war schnell unter Dach und Fach, und als die Männer gerade nach draußen verschwunden waren, um sich das Baumaterial anzusehen, war Greta mit Hausherrin Tanja allein zurückgeblieben, die anstatt die Anderen grimmig anzustarren, dasselbe jetzt mit ihr tat.
     Greta fühlte sich ein bisschen unwohl dabei, weshalb sie den Blick schweifen ließ und so tat, als würde sie die Einrichtung mächtig interessant finden. Dabei blieb sie schließlich an der Kinderwiege hängen, die in einer Ecke dem Bett gegenüberstand. Es war ein schön gearbeitetes Stück. Ein Beweis von Wirts Fertigkeit in seinem Beruf.


„Das ist eine schöne Wiege“, sagte sie in Ermangelung eines anderen Gesprächsthemas. „Wann ist es denn soweit?“
Tanjas immerzu grantiges Gesicht entglitt, ohne, dass sie es verhindern konnte, und da wusste Greta schon, dass sie das lieber nicht gefragt hätte. Sie kannte diesen Gesichtsausdruck. Sie hatte ihn schon viel zu oft gesehen, wenn sie sich selber aus dem Wasser des Brunnens heraus angesehen hatte.
     „Es tut mir leid“, beeilte sie sich, hinzuzufügen. „Ich wollte dir nicht zu nahe treten.“


„Ähm… ich habe gehört, dass es bei dir auch lange gedauert hat, bis es mit dem Mutterwerden geklappt hat. Stimmt das?“, fragte Tanja aber plötzlich nach.
     „Das stimmt. Ich hatte schon längst gedacht, dass ich unfruchtbar bin, als ich plötzlich mit Wotan schwanger wurde. Mit Griswold ging es dann ganz schnell. Zumindest… das eine Mal. Bei unseren Töchtern. Danach… danach…“ Ihre Lippe begann zu zittern. „Sind alle unsere Kinder noch vor der Geburt gestorben und… und Wulfric! Wulfric hat nicht mal ein Jahr geschafft!“


Sie brach zusammen, ihre Beine klappten einfach unter ihr weg und sie begann lautstark zu heulen.
     „Und die Kinder, die ich ihm geboren habe, haben ihm nur Kummer bereitet! Ich habe ihm nur schlechte Kinder geboren! Es ist… es ist gut, dass ich ihn verlassen habe… jetzt kann er sich eine ordentliche Frau suchen...“
     Tanja war völlig überfordert mit der Situation. Normalerweise hätte sie sich aus dem Leid der Anderen nichts gemacht, aber diesmal ging es ihr nahe. Denn diesmal war das ein Schmerz, den sie selber nur zu gut verstehen konnte. Sie hatte vielleicht keine Kinder verloren, aber sie hatte ihrem Mann auch noch keine schenken können. Und das machte ihr gehörig Angst.


Deshalb hockte sie sich jetzt auch vor Greta hin, strich ihr beruhigend über den Rücken, während diese nur weinte und heulte, bis sie schließlich die Männer von draußen angelockt hatte.


In dieser Nacht konnte Tanja nicht in den Schlaf finden. Die Ereignisse des Tages ließen sie einfach nicht los. Also schlüpfte sie nach einigen Stunden fruchtlosen Hin- und Herdrehens vorsichtig aus dem Bett, dass der Schatten, der ihr Mann war, nicht wach wurde, zog Mantel und Schuhe an, und ging nach draußen.


Die kalte Nachtluft biss ihr scharf ins Gesicht und in die Waden, aber Tanja verließ dennoch die schützende Deckung des Vordaches, um ins fahle Mondlicht hinauszutreten. Eine Wolke schob sich beinahe augenblicklich vor die hell leuchtende Scheibe am Himmel, dass es düster und trostlos wurde, wie die letzten Tage auch schon. Leise fielen Schneeflocken vom Himmel herab.
     „Diana?“, rief sie in die Stille der Nacht hinein. „Bist du da? Kannst du bitte herkommen?“ Niemand antwortete. „Sag mir, werden ich und Wirt jemals Kinder bekommen?“, fragte sie die Erscheinung neben sich, die ihre Schwester Diana war, und die nur sie würde sehen können.


„Warum fragst du mich denn solche Dinge?“
     „Weil du ein Geist bist natürlich, und ich weiß, dass ihr Geister viel mehr wisst als wir“, fauchte Tanja gereizt.
     „Das heißt aber nicht, dass ich sowas weiß.“ Diana hob hastig die Hand, um jeglichen Einwand ihres Gegenübers zu ersticken. „Und ich werde dir darauf auch nicht antworten. Es gibt Dinge, die ihr besser nicht wisst, und dies gehört dazu. Aber ich weiß eines, nämlich, dass du dabei bist, einen großen Fehler zu machen. Dabei sieht es dir gar nicht ähnlich, Dinge in dich hineinzufressen. Du hattest doch sonst nie Probleme damit, den Mund aufzumachen.“


„Aber was ist, wenn ich mit ihm rede und erfahre, dass er mich gar nicht mehr haben will?“, fragte Tanja verzweifelt. „Weil ich ihm kein Kind schenken kann. Ich… das… vielleicht hat Greta recht und es ist wirklich besser, seinen Mann zu verlassen, dass er die Chance erhält, sich eine andere Frau zu suchen, die ihm Kinder schenken kann.“
     „Du weißt doch gar nicht, ob es an dir liegt.“
     „Wir werden es aber nie herausfinden, wenn er es nicht mit einer anderen Frau versucht...“
     „Also willst du ihn verlassen.“
     „Nein, natürlich nicht! Aber… vielleicht muss ich das tun. Vielleicht will er mich schon gar nicht mehr…“


Diana sah sie mit ihren pupillenlosen Augen an, die Tanja so unergründlich erschienen, seitdem sie tot war.
     „Ich hatte recht“, stellte sie schließlich fest. „Du hast wirklich keine Ahnung von Männern, nicht wahr? Und dabei bist du inzwischen sogar verheiratet.“
     „Was soll das denn heißen?“
     Diana kicherte. „Gar nichts. Nur, dass du mir einfach vertrauen und mit Wirt reden solltest.“ Sie zwinkerte. „Und du solltest aufhören, immer Gespenster zu sehen, wo keine sind.“
     „Haha! Sehr witzig!“
     „Das meine ich wirklich“, setzte Diana hinzu. „Ich muss jetzt aber auch wieder zurückgehen. Mach es gut, Schwesterherz!“


„Ja, du auch. Danke, Schwesterchen, dass du mir Mut gemacht hast“
     Diana lächelte noch einmal für sie, dann löste sie sich einfach in Luft auf.


Am nächsten Morgen fasste Tanja sich also ein Herz und sprach mit Wirt über ihre Sorge, dass er sie nicht mehr lieben würde, weil sie nicht schwanger wurde.
     „Wie kommst du denn darauf?“, fragte Wirt sie ruhig, wie es seine Art war.
     „Weil du in letzter Zeit andauernd gleich einschläfst danach“, erklärte sie unglücklich. „Früher war das anders, als wir gerade geheiratet haben. Da hast du immer noch ewig mit mir geredet.“
     „Ich bin nur müde. Ich hatte viel zu tun in letzter Zeit.“  
     „Und warum redest du nicht mehr mit mir über Kinder?“
     „Weil ich dich nicht traurig machen will.“


Er sah zur Wiege hinüber, dass es ihr ganz automatisch im Herzen wehtat. „Du bist immer so traurig, wenn wir darüber reden.“
     „Es tut mir leid, Wirt! Es tut mir so leid, dass ich nicht schwanger werde!“, brach es aus Tanja heraus.


Wirt nahm sie in den Arm, strich ihr beruhigend über den Rücken. „Warum entschuldigst du dich denn? Wenn es nicht klappt, dann klappt es eben nicht. Hauptsache, du bist bei mir.“
     Da schlang Tanja die Arme um ihn und weinte noch heftiger. Es tat ihr noch immer weh, wenn sie sich vorstellte, dass sie und Wirt vielleicht niemals Kinder miteinander haben würden, aber in diesem Moment war sie sich sicherer denn je, dass sie ihren Mann dennoch niemals deswegen verlassen würde.


Derweil war Malah darüber zerrissen, ob sie Wotan und Greta nicht fragen sollte, ob sie zu ihnen in den Stamm kommen wollten. Wotan hatte sein Zuhause nie verlassen wollen, weil er immer darauf gehofft hatte, eines Tages die Schmiede übernehmen zu können. Weshalb er auch alles gelernt hatte, was es brauchte, um ein anständiger Schmied zu sein, und sie hatten noch keinen Schmied im Stamm. Wotan würde eine wertvolle Ergänzung für sie sein.
     Sie fühlte sich ja, ehrlich gesagt, schon ein bisschen schlecht, weil sie dachte, dass es doch das Beste sei, was ihnen hätte passieren können, dass Griswold nun aus dem Spiel war.


„Was ist denn los?“, schreckte Alek sie aus ihren Gedanken. „Du machst ja so ein verbissenes Gesicht.“
     Alek war ein guter und vertrauenswürdiger Freund, deshalb erzählte sie ihm von dem, was sie so beschäftigte. Und er meinte dazu nur: „Ja dann hol sie doch her! Ist doch nichts dabei!“
     „Das ist aber kein sehr netter Zug Griswold gegenüber.“
     „Ach! Da ist der selber dran schuld! Hätte er seine Familie eben besser behandeln sollen!“
     „Ich weiß nicht… Ich weiß ja nicht einmal, ob Wotan und Greta sich überhaupt dazu überreden lassen werden, sich uns anzuschließen. Sie wollen ein Haus für sich bauen, habe ich gehört. Wotan wird sich vielleicht überzeugen lassen, aber Greta...“


„Du hast doch nicht vor, Greta und Wotan zu fragen, dass sie zu uns kommen?“, mischte sich plötzlich Akara ein, die just durch die Hintertür hineingekommen war und alles mit angehört hatte.
     „Nun, ich habe darüber nachgedacht, doch.“
     „Das kann doch nicht dein Ernst sein! Greta und Wotan gehören zu meinem Bruder!“
     „Naja, dann hätte er sie vielleicht ein bisschen besser behandeln sollen“, wiederholte Malah Aleks Worte.


„Malah! Also wirklich! Das hätte ich nicht von dir gedacht, dass du so etwas auch nur denken würdest!“
     ‚Scheinbar kennst du mich nicht so gut, wie du dachtest. Wie auch? Du kennst mich ja überhaupt nicht‘, konnte Malah nicht verhindern, zu denken.
     „Es ist eine rein pragmatische Überlegung, und ja, ich werde zumindest mal mit Greta und Wotan darüber reden“, kam sie stur zum Schluss. „Und sie können dann selber entscheiden, was sie tun wollen.“


Akara griff nach ihr, als sie gehen wollte, sah sie so wütend an, wie Malah es zuletzt gesehen hatte, als Rahns Herz krank gewesen war und sie ihr verboten hatte, einfach Hals über Kopf loszugehen, um Medizin für ihn zu besorgen.
     „Ich verbiete es dir!“, sagte sie, und Malah konnte nicht verhindern, dass ihr der Mund über diese Dreistigkeit aufklappte.
     „Verbieten?“ Sie lachte. „Wie kommst du denn dazu, mir etwas verbieten zu wollen?“
     „Ich bin deine Mutter!“
     Malah biss sich auf die Zunge.
     ‚Schöne Mutter bist du mir, dass du dich all die Jahre einen Dreck für mich interessiert hast. Aber wenn es darum geht, mir was verbieten zu wollen, kommst du plötzlich an.‘
     Aber sagen tat sie: „Ich muss dich enttäuschen, aber wenn es um Stammesangelegenheiten geht, steht es dir leider nicht zu, mir etwas zu verbieten. Denn ich bin die Stammesführerin, falls du das vergessen hast.“


Akara machte den Mund auf, um etwas zu sagen, aber anstatt Worte, kam ihr Frühstück wieder raus. Das Würgen schüttelte sie noch eine Weile durch, und als sie endlich wieder zu Atem gekommen war, sah sie totenblass aus. Glücklicherweise war Alek umsichtig genug, rechtzeitig zur Stelle zu sein, da sie im nächsten Moment ohnmächtig wurde.


„Was hat sie denn?“, kam Malah sogar noch Rahn zuvor, der nicht minder besorgt aussah als sie. Sie hatte ja die Befürchtung, dass der Streit vielleicht der Grund für den Zusammenbruch ihrer Mutter gewesen war, die momentan noch immer beinahe bewusstlos in ihrem Bett lag und schlief.
     „Ich weiß es nicht“, antwortete Tann, beeilte sich aber, in Rahns Richtung hinzuzufügen: „Aber dem Kind scheint es gut zu gehen. Es ist sehr aktiv heute. Wahrscheinlich hat sie sich nur ein bisschen überanstrengt. Ich habe ihr deswegen Bettruhe verordnet.“


Rahn, immer noch ein bisschen blass vor Schreck, nickte und ging dann zu seiner Gefährtin hinüber. So furchtbar krank, wie Akara momentan aussah, glaubte er ja nicht daran, dass es nur eine Schwangerschaftserscheinung war. Aber er erinnerte sich auch daran, was Diana ihnen gesagt hatte: Dass Akara und ihr Kind die Geburt überstehen würden. Und daran wollte er ganz fest glauben. Etwas anderes blieb ihm auch gar nicht übrig.
     Doch Akaras Zustand verbesserte sich auch die nächsten Tage nicht. Stattdessen wurde er zusehends schlechter.
     Und sie war erst der Anfang.


Nila war gekommen, um Reinard seinen Bericht abzuliefern, den dieser regelmäßig von ihm verlangte. Informationen über die Geschehnisse im feindlichen Stamm, Geheimnisse, und vor allen Dingen, was seine dusselige Schwester Malah so den ganzen Tag lang tat. Daran war Reinard immer ganz besonders interessiert.
     Doch schon anhand dessen, dass Reinards Gesichtsausdruck heute mal nicht dauergelangweilt aussah, wusste er, dass es diesmal nicht nur damit getan war.
     „Was ist mit deiner Aufgabe?“, fragte er verstimmt nach. „Hast du dich endlich darum gekümmert?“
     Nila sank in sich zusammen. Er hatte es ja befürchtet, dass Reinard das nicht so einfach vergessen würde.


„Ist das denn wirklich nötig, dass wir ihn… aus dem Weg räumen? Bislang hat er doch auch nicht geredet.“
     „Weil er meinen besten und teuersten Wein versoffen hat!“, erinnerte Reinard wütend. „Aber wie du sicherlich schon mitbekommen hast, hat er sich vorgenommen, nicht mehr zu trinken. Und was glaubst du, passiert, wenn er erstmal nüchtern ist und sich daran erinnert, dass da ja noch eine Kleinigkeit gewesen ist? Jade habe ich unter Kontrolle, aber ihn nicht. Kümmere dich also endlich darum!“
     Nila musste eine gehörige Portion Angst schlucken. Er wollte nicht, dass Reinard seine Schwäche sah.
     „Ich habe nie gesagt, dass ich wen für dich töte!“, traute er sich schließlich, sich aufzulehnen.
     „Du hast Lin getötet“, zischte Reinard. „Er war mein Bruder.“
     „Du hast mich doch auf ihn angesetzt!“


„Ich sagte, dass du dafür sorgen sollst, dass er verschwindet! Ich sagte nicht: Töte ihn!  Du hast es verbockt, und du wirst das wieder geradebiegen! Also sieh zu, dass du diesen Kerl, der schlauer ist, als ihm guttut, aus dem Weg räumst! Er schnüffelt hier herum, und das kann ich gar nicht gebrauchen, und du auch nicht!“
     Nila schwieg geschlagen. Es war nicht so, dass er diesem nervigen Fremden auch nur eine Träne nachweinen würde, aber es war auch nicht so, dass er so erpicht darauf war, sich die Hände schmutzig zu machen. In seiner Heimatgegend, wo er Gefahr laufen konnte, dass man ihn erwischte. Und im Gegensatz zu Lin, den niemand vermisste, war das bei diesem Wulf-Kerl nicht so. Lu würde sicherlich nicht stillsitzen, bis er herausgefunden hatte, was mit seinem „Sohn“ passiert war. Und dieser andere Fremde, sein leiblicher Vater, bestimmt auch nicht.
     „Nein!“, blieb Nila also stur. „Ich verrate dir schon alles, was du wissen willst! Das ist meine Hilfe, und das reicht! Wenn du diesen Kerl tot sehen willst, dann frag doch sie, dass sie das erledigen lässt.“


„Bist du toll? Was glaubst du, hat sie getan, als sie herausgefunden hat, dass du dir so einen groben Fehler erlaubt hast, hm? Das weißt du genau! Du hast die Warnung selber gesehen! Nein, du wirst es tun. Ob du nun willst oder nicht.“
     Ein böser Ausdruck legte sich auf sein Gesicht, und Nila wurde eiskalt dabei.
__________________________________
 
 
Und nächstes Mal geht es genau da weiter. Wird Nila tun, was Reinard von ihm verlangt hat, oder wird er...? Nächstes Mal kommt jedenfalls einiges ins Rollen.

Apropos Rollen: Ich freue mich, verkünden zu können, dass ich letzten Donnerstag das allerletzte Bild für Zeitalter aufgenommen habe. Zeitalter hat also ENDLICH ein Ende! Es hat mich schon ziemlich schwermütig gemacht, Abschied von meinen Zeitalter-Sims zu nehmen, die mich über drei Jahre lang nun schon begleiten, aber es ist vollbracht. Der Text ist ebenfalls schon vollständig ausgeschrieben (das aber schon seit Oktober letzten Jahres). Jetzt muss ich nur noch die Kapitel zusamenstellen, die jeweiligen Bilder raussuchen, bearbeiten und alles hochladen, und dann kann ich euch sagen, wie viele Kapitel Zeitalter noch haben wird.  

Bis nächstes Mal dann, danke euch fürs Vorbeischauen, passt auf euch auf, und ich verabschiede mich!  

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen