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Mittwoch, 16. Dezember 2020

Special zum Dreijährigen: Kapitel 128.5 - Von Echos, Rachegöttern und Selbstverliebten

 
Er kauerte sich fester in die Ecke, spürte das raue Holz an seinem Rücken, Splitter, die sich durch die dünne Schicht Kleidung bohrten, die er trug. Doch er nahm den Schmerz kaum wahr, die Kälte hatte jegliches Empfinden betäubt. Er fühlte nichts mehr. Nicht einmal mehr das Elend. Nicht einmal mehr die Wut, die ihn bislang angetrieben hatte.
      ‚So werde ich also sterben‘, flammte ein einsamer Gedanke in ihm auf, der ihn endlich aus seiner Lethargie weckte. 
 
 
 
Träge wandte er den Kopf, suchte die Dunkelheit nach etwas ab, das ihm wenigstens als Decke dienen könnte. Aber der Stall war schon lange verlassen. Geplündert. Das Dach war undicht, dass es kaum Schutz vor dem Regen draußen bot, der Wind pfiff von überall durch Ritzen und Löcher.
      ‚Ich hätte eben doch die Tücher klauen sollen, die sie vorm letzten Tempel zum Trocken rausgehängt hatten.‘
      Er hatte vor kurzem seinen letzten Wachstumsschub gehabt, und seine Kleidung war ihm seitdem überall zu klein geworden. Aber er hatte es nicht getan, weil er Angst vor der Rache des Gottes gehabt hatte, den sie dort in dem Tempel verehrt hatten. Er wusste nicht einmal, welcher es gewesen war.
     Und jetzt bereute er, dass er es nicht getan hatte.
     ‚Bei dem Unglück, das mir in letzter Zeit widerfahren ist, muss ich sowieso schon längst den Zorn irgendeines Gottes auf mich gezogen haben. Da hätte so ein kleines Tuch auch nichts mehr ausgemacht.‘
 

Entkräftet zog er die nackten Füße näher an den Körper, um vor der immer näher kommenden Pfütze an Regenwasser zurückzuweichen. Machte sich klein, fror und wartete auf das Ende. Aber es kam einfach nicht.
     Er hatte noch nie viel besessen, doch die letzten Wochen hatte er auch das verloren. Alles, was ihm jemals wichtig gewesen war. Sein Zuhause, seine Familie. Er war aus dem Haus geworfen worden, das jahrelang sein Heim gewesen war, war gejagt und gefangen worden, hatte Schreckliches erdulden müssen, und jetzt war er auf der Flucht. Er war ein Gejagter.
 

Deshalb zuckte er auch heftig zusammen, als plötzlich die Stalltüre aufflog und eine dunkle Gestalt ins Innere huschte. Hätte er die Kraft dazu gehabt, wäre er aufgesprungen und in Deckung gegangen, aber so konnte er nichts anderes tun, als sich noch ein bisschen mehr in seine Ecke zu kauern und zu hoffen, dass der Andere ihn nicht sah. Was natürlich eine vergebliche Hoffnung war.
     Der Schatten kam näher.
     „Hau ab! Ich bin schon hier, und ich bin bewaffnet! Ich kann mich wehren!“, mimte er den Starken.
     Es war natürlich gelogen, aber es wirkte. Der Unbekannte hob die Hände, trat unter das Loch im Dach, dass er vom Mondlicht beleuchtet werden konnte und sich als Frau herausstellte. Das hätte ihn beruhigen sollen, aber das tat es mitnichten. Er wusste schließlich, zu was auch das angeblich zarte Geschlecht fähig sein konnte. Er hatte es am eigenen Leib erfahren.
 

„Ich will dir nichts Böses“, versicherte die Frau mit einer melodisch klingenden Stimme. „Ich bin nur vom Regen überrascht worden und suche nach einem Unterschlupf für die Nacht.“     
     „Hier wirst du keinen Unterschlupf finden“, versuchte er sie abzuwimmeln. „Das Dach ist kaputt und es regnet rein, wie du siehst. Ich bekomme nicht mal ein Feuer zum Brennen.“
     „Wenn ich es schaffe, eines zu entzünden, lässt du mich dann bleiben?“
     Er gab ihr einen Blick, als glaubte er, sie hätte den Verstand verloren, aber dann zuckte er schließlich mit den Schultern. Sie hockte sich daraufhin mit dem Rücken zu ihm, dass er nicht sehen konnte, was sie tat. Was er im Nachhinein bereute, da kurz darauf tatsächlich ein Feuer den Stall erhellte. Obwohl es noch immer regnete und alles ringsum nass war, trotzte das Feuer jeglicher Logik und brannte munter vor sich hin, verbreitete eine wundervolle Wärme, die langsam seine erkalteten Glieder mit neuem Leben erfüllte.


Er war noch mit ungläubigem Starren beschäftigt, da setzte sie sich neben ihn, dass er sie im Schein des Feuers ein bisschen besser sehen konnte. Sie war bis auf die Knochen durchnässt, ihre Kleidung klebte ihr am Leib, sah ein bisschen schmutzig und abgerissen aus. Aber ihre Hände waren zierlich und makellos. Ihr Haar nass, aber sorgsam frisiert.
     Obwohl er selten weibliche Vertreter dieses Berufs gesehen hatte, wusste er sofort, was er hier für jemanden neben sich hatte: Sie war eine reisende Künstlerin. Wenn er hätte raten müssen, hätte er auf eine Dichterin getippt, eventuell auch eine Musikantin. Vielleicht sogar eine Adelstochter, die ausgerissen war, um sich den Traum vom freien Künstlerleben zu erfüllen.
     Dennoch war es merkwürdig, dass sie als Frau so ganz allein unterwegs war. Deshalb traute er ihr auch keinen Meter weit über den Weg.


„Was bist du eigentlich für eine?“, fragte er unfreundlich.
     „Oh, ich habe viele Namen, aber was sind schon Namen? Sollten nicht viel mehr unsere Taten uns heißen, als Namen, die von den Eltern bei der Geburt gegeben?“
     Eine Dichterin. Definitiv. Ihre Ausdrucksweise erinnerte ihn viel zu sehr an Julius.
     Julius. Als er an ihn dachte, erwachte die Wut erstmals wieder, die ihn bislang angetrieben hatte und die er erloschen geglaubt. Er wandte sich ab.
     „Ich jedenfalls wünsche für meine Lieder und Weisen in Erinnerung zu bleiben“, sagte sie und holte tatsächlich eine kleine Harfe aus den Falten ihres Gewandes, zupfte probeweise an einer der Saiten. Der süße, zaghafte Ton, den sie von sich gab, war wie ein Balsam, der seine Wut augenblicklich hinwegfegte.
     „Wie kommt es, dass du allein unterwegs ist? Hast du keine Angst?“, fragte er sie, neugieriger jetzt.


 „Wer es wagt, mir Unrecht zu tun, den wird die Göttin von Rhamnus strafen.“ Sie sah ihn mit ihren grünen Augen an, hinter denen sich ein Abgrund zu verbergen schien, so tief, dass er bodenlos erschien. Er erschauderte. „Sie ist auch dir bekannt, nicht wahr?“
     „Woher weißt du das?“, fragte er misstrauisch.
     „Ich sah, wie du zur Mittagsstunde vor ihrem Schrein hocktest, den Kopf gesenkt, im Gebet versunken. Deshalb ließ ich dich in Ruh, zog meines Weges, dass die Göttin dein Flehen erhöre.“
     Nemesis. Die Rachegöttin. Er hatte tatsächlich zu ihr gebetet. Hatte ihr sein letztes Brot geopfert, dass sie seine Bitte erhöre, und jetzt bereute er es, da sein Magen knurrte.
     „Sage mir, Fremder, den Namen, den deine Eltern dir gaben, als du das Licht der Welt erblicktest.“
     Er wollte ihr eigentlich nicht seinen Namen verraten, aber schließlich sagte er ihr: „Erik.“
     Es war immerhin nicht gelogen. Es war der Name, mit dem er geboren worden war. Auch wenn er schon seit Jahren nicht mehr so genannt wurde.


„So wie du nicht weiter nach der meinen gefragt hast, werde ich auch nicht nach deiner Geschichte fragen, Erik, aber du solltest gut abwägen, wem du die Rache der ausgleichenden Gerechtigkeit zukommen lässt. Lass mich dir eine Geschichte erzählen.“
      Er wollte sie eigentlich fragen, ob sie nicht zufällig etwas Essbares bei sich hatte, aber bevor er das tun konnte, zupfte sie erneut an ihrer Harfe, strich mit dem Finger über die Saiten, dass das kleine Instrument eine beinahe himmlische Melodie von sich gab. Er war sich zumindest ziemlich sicher, dass er noch niemals so etwas Schönes gehört hatte. Es hatte etwas Überirdisches, beinahe Göttliches an sich, dass er plötzlich alles um sich herum vergaß. Die Kälte, den Hunger, das Elend, alles, was ihm die letzte Zeit an Unglück widerfahren war. Selbst der Stall verschwand, und bald war da nur noch ihre weiche Stimme, die ihn wie eine warme Decke einhüllte und schläfrig machte, die Melodie ihrer Harfe und das Lied, das sie sang.
     Und bevor er sich versah, war er eingeschlafen und träumte. Ihre Worte sickerten in seinen Schlaf, formten Schemen, Personen.


Da war plötzlich Julius erschienen, der eigentlich längst nicht mehr lebte.
     Die weiche Stimme tropfte in seinen Traum:
     Es gab einst einen Knaben, der Sohn der bläulichgelockten Nymphe Liriope und des Flusses Cephisus war er, den man Narcissus nannte. Kaum sechzehnjährig geworden, hatte er bereits zahlreiche Verehrer, sowohl unter den Jünglingen, als auch unter den Mädchen. Doch Narcissus besaß ein sprödes Herz, das niemand zu rühren vermochte.   
 

Als er eines Tages auf der Hirschjagd war, sah ihn die Nymphe Echo, die –


„Moment! Moment“, fuhr die Beschwerde von Lu, der eigentlich die Nymphe sein sollte, in die glorreiche Erzählung. „Wieso muss ich die Nymphe spielen? Ich bin doch gar keine Frau!“
     Fein! Wie du verlangst!
 

„Bei den Göttern! Was hast du getan? Bring das sofort wieder in Ordnung!“
     So kann ich nicht arbeiten! Suchen wir uns jemand anderen, der gewillt ist, die Rolle zu übernehmen.
 

Also, wo war ich? Ach ja:
     Als er eines Tages auf der Hirschjagd war, sah ihn die Nymphe Echo, die –
 

„Greta?“, unterbrach Lu, der dem Erzähler langsam ziemlich auf die Nerven ging, die glorreiche Erzählung ERNEUT, erntete vom Angesprochenen, der nicht Greta war, jedoch nur einen verbissenen Blick, und da ging es auch dem Unterbrechenden auf, dass er hier stattdessen Wulfgar in Frauengestalt vor sich hatte. Und da war er ENDLICH still, sodass ich ENDLICH fortfahren kann:
 

Als er eines Tages auf der Hirschjagd war, sah ihn die Nymphe Echo, die nur die letzten Worte wiederholen konnte, die andere zuvor gesprochen. Dies war die Strafe der Göttin Juno dafür, dass Echo sie immer mit ihrem Geschwätz hingehalten hatte, damit sie nicht mitbekomme, wie ihr Gatte Jupiter sich in den Bergen mit den anderen Nymphen vergnügte.  
     Echo erblickt also Narcissus auf der Jagd und sofort entbrennt sie in glühender Liebe zu ihm. Sie folgt ihm verstohlen, wünscht sich nichts sehnlicher, als zu ihm zu sprechen, was Junos Strafe jedoch verwehrt.
 


Als Narcissus jedoch durch Zufall sein treues Gefolge verliert und ruft: „Ist jemand zugegen?“, ruft sie sofort: „Zugegen!“, zurück.
     Der Jüngling sieht sich erstaunt nach allen Seiten um, doch niemand ist zu sehen. Also ruft er: „So komm!“, und sie erwidert’s, bleibt jedoch weiterhin fern.
    „Warum denn meidest du mich?“, fragt er und hört die Worte widerhallen. „Wir wollen hier uns vereinigen.“
    Und freudig ruft sie zurück: „Hier uns vereinigen“, und kommt endlich aus ihrem Versteck.



Sie will ihn umarmen, doch er weicht zurück, sagt: „Fort! Fort mit den Händen und Armen! Eher würde ich sterben! Du meinst, dir würd‘ ich mich schenken!“
    „Dir würd‘ ich mich schenken!“, gibt sie zurück und flieht zurück in den Wald, versteckt sich voll Scham in Laub und in einsamen Grotten.



Doch der Kummer nagt an ihr, sie magert ab, die Haut wird schlaff und ihr Leib verflüchtigt sich. Einzig die Stimme und die Knochen, die zu Stein geworden, bleiben zurück. So lebte sie fort, verborgen in Wäldern und auf Bergen, niemand kann sie sehen, doch jeder kann sie hören.

 

Narcissus indes verschmähte auch weiterhin alle, ob Nymphen der Wasser oder Berge, und jeden der Männer. Bis ein Verschmähter –

 

„Jetzt bin ich auch noch ein Verschmähter?“, unterbrach der unwillige Schauspieler die bewegende Erzählung ZUM DRITTEN MAL, und wenn er es noch ein viertes Mal tut, kann er gern wieder die Rolle der Echo haben.
     „Nein, lieber nicht. Ich bin zufrieden damit. Fahr fort.“
 

Bis ein Verschmähter die Hände zum Himmel hob und flehte: „Möge er selbst so lieben und nie das Geliebte besitzen!“  
     Die Göttin von Rhamnus, Nemesis, erhörte die berechtigte Bitte.

 

Und als Narcissus, erschöpft von der Jagd, an eine unberührte Quelle kam, um den Durst zu stillen, erwuchs ihm ein anderer Durst. Beim Trinken erblickt er sich selber im Wasser und hält sich für jemand anderen. Er erstarrt wie eine Statue aus Marmor, bewundert sein eigenes Antlitz und begehrt sich selbst, der Narr. Wie oft küsst er – vergeblich – die trügende Quelle, taucht die Arme ins Wasser, den Ersehnten zu umarmen, und kann sich selbst im Gewässer doch nicht fassen. Er liebt sein eigenes Spiegelbild und weiß es doch nicht.

Weder Hunger noch Müdigkeit mögen ihn von der Quelle zu vertreiben. Er liegt im Gras, schaut nach der Lügengestalt im Wasser mit niemals gesättigtem Blick.
      Schließlich ruft er klagend aus und ihm geht auf, dass er es selber ist, den er liebt. Die Erkenntnis, niemals haben zu können, was er ersehnt, lässt ihn verzweifeln. Er wendet sich erneut zu der Quelle hin, doch seine Tränen bringen das Wasser in Aufruhr, zerstören das geliebte Spiegelbild. 


Da gerät er noch mehr in Verzweiflung, dass der Geliebte ihn verlassen, reißt sich das Gewand vom Leib und zerschlägt sich die Brust. Als sich das Spiegelbild wieder aufklart und er sieht, was er getan, kann er es nicht mehr ertragen und schmilzt dahin wie Wachs.


Als Echo es sieht, ergreift auch sie der Schmerz. Wie oft hat sie sein „Wehe!“ wiederholt, wie oft den Ton der Schläge, die er sich selber gegeben. Auch jetzt, als er ein letztes Mal ins Wasser sieht und zu seinem Spiegelbild ruft: „Leb wohl!“, erwidert sie: „Leb wohl!“    
 

Narcissus sank nieder, verzehrt vom Leiden der Liebe, und der Tod schloss ihm die Augen. Doch auch als er zur Wohnung der Toten gelangte, spiegelte er sich im Wasser der Styx und war erneut gefangen vom eigenen Antlitz. Und die Najaden und die Dryaden, auch Echo, beklagten sein nicht enden wollendes Leid.



Derweil will man den Toten zur Verbrennung rüsten, doch an der Stelle, an der er gestorben, fand man nur noch eine Blume, die noch heute nach ihm, die Narzisse, geheißen.


Als der, der nicht länger Erik hieß, am nächsten Morgen erwachte, war er allein. Er erinnerte sich so überdeutlich an den Traum, den er über Julius gehabt hatte, der der selbstverliebte Narcissus gewesen war, dass er tatsächlich noch immer ein bisschen die Trauer spürte, die ihn während des Träumens erfüllt hatte.


‚Die Rolle des Narcissus hätte ihm bestimmt gefallen‘, kam es ihn in den Sinn, und er musste unwillkürlich lächeln. ‚Naja, vielleicht nicht gerade gefallen, aber er wäre die perfekte Besetzung dafür gewesen. Narcissus ist ihm wahrlich auf den Leib geschnitten.‘


Es war nie eine Charaktereigenschaft gewesen, die er an Julius geschätzt hatte. Im Gegenteil. Seine selbstverliebte Art war etwas gewesen, das er immer gehasst hatte. Wie er sich hatte von ihnen feiern lassen, wie sie hatten applaudieren müssen, selbst wenn einen von seinen Darbietungen die Ohren wehgetan hatten.


Und daran, wie erbarmungslos Julius gewesen war, wenn er gekränkt war, wollte er gar nicht denken. Wie er sich selber hatte erniedrigen und für etwas betteln müssen, das er immer verabscheut hatte.       
      Aber dennoch – trotz all dem – konnte er nicht verhindern, dass er erneut von Trauer erfüllt wurde, obwohl er das gar nicht wollte.


Sein Magen, der sich mit einem schmerzhaften Knurren bemerkbar machte, brachte ihn jedoch im nächsten Moment auf andere Gedanken. Er hatte noch immer nichts zu essen. Und die Dichterin war auch verschwunden. Gestern noch hatte er sie am liebsten in den Tartarus gewünscht, aber plötzlich fühlte er sich einsam. Verlassen. Und verloren.
     ‚Was macht das alles für einen Sinn? Ich werde sowieso demnächst sterben. Verhungern oder gefangen werden.‘


Als er es dachte, kurz davor, erneut die Hoffnung zu verlieren, fiel ihm plötzlich etwas ins Auge. Dort lag tatsächlich ein Stück Brot neben ihm am Boden, auf einem sauberen Tuch zumal. Da dachte er gar nicht lange darüber nach, wie das wohl dorthin gekommen war, griff danach und verschlang es gierig. Es war gut, nein, köstlich. Das Beste, das er jemals gegessen hatte. Und es war so sättigend, dass er es nicht einmal gänzlich aufessen konnte.
     Also wickelte er den Rest in das Tuch und nahm es als Proviant mit sich. Dabei fiel ihm die Nachricht auf, die jemand daneben in den Dreck geschrieben hatte. Er beugte sich darüber, kniff die Augen zusammen und las: „Sofern deine Rache ist gerecht, sei die Göttin aus Rhamnus mit dir. N.“
     Er las die Nachricht noch ein zweites und ein drittes Mal, um sich ganz sicher zu sein. Konnte es tatsächlich sein, dass…?
      Er schüttelte den Kopf. Er hatte Nemesis am Vortag sein letztes Brot geopfert, aber wie wahrscheinlich war es, dass sie ihm tatsächlich erschienen war, um – was – ihn zu warnen? Ihm Brot zu geben, dass er nicht verhungerte und doch noch ausführte, was er vorgehabt hatte? Nein, das konnte er einfach nicht glauben.

Aber wie es auch war, es hatte ihn in seinem Vorhaben, das er beinahe schon aufgegeben hatte, bekräftigt. Er würde nicht sterben. Nicht heute. Nicht hier. Und wenn er starb, würde er nicht kampflos untergehen. Er würde ihn mitnehmen.
      Mit neuer Kraft erhobt er sich, entschlossen, und ging quer durch den zerfallenen Stall zur Tür hinüber, durch dessen lose, morsche Holzlatten bereits das Sonnenlicht hineindrang und den neuen Tag verkündete.
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Ich hoffe, euch hat der kleine Ausflug zum dreijährigen Jubiläum von "Zeitalter" gefallen. Drei Jahre - ich muss ja nicht erwähnen, dass ich niemals gedacht habe, dass es mal drei Jahre werden würde, aber ich hoffe auch, dass dies hier das letzte Jubiläumsspecial wird. Ich hab jedenfalls nicht vor, noch ein ganzes viertes Jahr hieran zu sitzen, schon allein, weil Google im Juni 2021 die kostenlose unbegrenzte Bilderspeicherung abschafft, was es mir unmöglich machen wird, weiterhin so bilderreiche Kapitel zu posten. Deshalb will ich zumindest bis Juni nächsten Jahres alle Kapitel geschrieben, bebildert und wenigstens hier als Entwurf hochgeladen haben.
     Aber genug davon, zur obigen Story hab ich auch noch was zu sagen: 
 
1.) Das hier ist ein Semi-Spin-off, bedeutet, dass Dinge hiervon tatsächlich teilweise noch in "Zeitalter" vorkommen werden (deshalb ja auch Kapitel 128.5). Was hier geschehen ist, passierte also zeitlich gesehen neben Kapitel 128 an einem anderen Ort.
 
2.) Die Geschichte des Narcissus ist auf der Vorlage des Originals aus den "Metamorphosen" von "Ovid" entstanden.
 
3.) Die Simin, die freundlicherweise die Rolle der Dichterin übernommen hat, kommt aus meinem Moonlight-Falls-Spielstand, für den ich letztens schon ganz schamlos hier Werbung gemacht habe (aber ich verrate natürlich nicht, wer es ist).

4.) Ja, die erste Nymphe Echo war Lu, den ich im CAS zur Frau gemacht habe. Da kann man auch ganz genau sehen, dass er sehr arg nach seiner Mama Tara kommt. Und mit Wulfgar habe ich dasselbe gemacht. Sorry, ihr beiden, das mochten sie nämlich überhaupt nicht, wie man hier an Wulfgars Reaktion sieht, als ich ihn umgewandelt habe:


Wulfgar: "Das ist doch nicht dein Ernst!"


Julius: "Hinfort mit den lausigen Statisten! Es ist Zeit für die Haupattraktion: Meine Wenigkeit! Ich hoffe doch, dass meine phänomenale Darbietung niemanden schwachen Herzens jenes hat versagen lassen. Ich weiß, dass mein Schauspiel überzeugender noch anzumuten vermochte, als das tatsächliche Leben, aber seid unbesorgt! Euer verehrter Künstler ist wohlauf, entgegen dem, was die talentfreie Schreiberin und Bildermacherin behaupten mag! So freuet euch denn auf viele weitere Abenteuer mit mir, dem einzig wahren - "

Ist ja gut! Du wirst noch einen Auftritt in Rückblicken bekommen (weil du so beliebt bei gewissen Personen bist, dass ich überhaupt die Idee hierzu bekam (also Danke dafür)), und damit war es das dann auch! Weiter im Text:

Ich bedanke mich für die drei Jahre, die ihr mich jetzt schon bei "Zeitalter" begleitet und hoffe, dass es euch gefallen hat und auch weiterhin gefallen wird. 

Bis nächste Woche zum neuen Kapitel! Passt auf euch auf!

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