Während die Stammesführerversammlung tagte,
hatte Lin es sich nicht nehmen lassen, Jade und ihre Eltern zu behelligen, und momentan wünschte sich Jade nur
noch, dass sie ihre Eltern offen darum gebeten hätte, Lin die Suppe mit der
Hochzeit zu versalzen. Sie war sich sicher, dass sie ihr bestimmt geholfen
hätten.
Aber es war
einfach auch langsam an der Zeit, zu heiraten, und Lin war nun mal der einzige Kandidat, der sie haben wollte. Sie wollte ihren Eltern und ihrem Stamm auch nicht ewig auf der Tasche
liegen.
Ihr Vater, der
inzwischen einen ordentlichen Verband auf seiner Wunde hatte, sah jedoch gerade
tatsächlich so aus, als würde er Lin zum Frühstück verspeisen, wenn er noch
einmal behauptete, dass er seine Tochter heiraten wollte. Und da konnte sie
nicht verhindern, dass sie sofort beschwichtigend zwischen die beiden trat, um
ihren ungeliebten Möchtegernverlobten zu beschützen.
„Ähm… deswegen wollten wir uns euren Segen holen, und die
Sache ist die, dass wir auch eine…“ Sie warf einen hilflosen Blick zu Lin, der
aussah, als wäre er lieber ganz woanders. „Wie heißt das?“
„Eine… Mitgift“,
brachte er mühsam stotternd raus.
„Ja, wir
brauchen eine Mitgift.“
„Was? Wozu
braucht ihr denn Gift?“, fragte Dana mit erschrockenem Gesicht.
„Das hat
nichts mit Gift zu tun. Es bedeutet, dass wir etwas für die Hochzeit geben
müssen.“ Sie wandte sich erneut an den nicht sehr hilfreichen Brautwerber. „Ähm,
was genau eigentlich?“
„Weiß nicht“, gab Lin eingeschüchtert zurück. „Das wollte meine Mutter ja noch mit euch
ausmachen.“
„Mir ist nicht ganz klar, warum wir eigentlich etwas für
die Hochzeit geben sollten“, wandte ihre Mutter ein. „Wenn ihr heiraten wollt,
dann ist das eure Entscheidung, aber Tanja hat doch auch nichts geben müssen,
als sie Wirt geheiratet hat.“
Tanja und Wirt
waren nach wie vor die Einzigen in der Gegend, die geheiratet hatten. Die
Älteren waren diesem „komischen Brauch“, wie sie es nannten, abgeneigt, auch
wenn Jade wusste, dass ihre Mutter schon mit der Vorstellung liebäugelte, ihren
Vater zu heiraten und sie ein bisschen traurig darüber war, dass er sie nicht
von sich aus fragte. Wie Jade es einschätzte, würde sie wahrscheinlich bald selber
den ersten Schritt machen. Und obwohl viele der Jüngeren heiraten wollten,
hatte sich bislang noch keiner getraut.
Lin sah jetzt
drein, als wäre er bei irgendetwas Verbotenem ertappt worden, und auch Jade
fühlte sich ein bisschen um eine Antwort verlegen. Sie konnte ihren Eltern ja
schlecht erzählen, dass es da noch eine andere Kandidatin gab, die Lin heiraten
sollte, und sie deshalb mehr bieten mussten als die Hells. Und es war ja
eigentlich auch nicht so, dass Jade Lin so unbedingt davor retten wollte. Sie sollte es, aber sie wollte
es nicht. Sie sollte einfach still bleiben und der Sache ihren Lauf lassen. Sie war so hin - und hergerissen.
Doch im nächsten Moment endete blöderweise die Versammlung und Lann kam aus dem Haus heraus, Wotan im Schlepptau, und sie gesellten sich zu ihnen. Grüße wurden ausgetauscht, bevor die Frage mit der Mitgift natürlich umgehend an Lann weitergegeben wurde.
Da wurde es so
still, dass man zwischen dem Grunzen der Schweine die Gespräche von den Anderen hören konnte, die sich noch
drinnen befanden. Und sie alle starrten Wotan an, der seinerseits
verständnislos in die Runde zurückstarrte. Jade wollte gerade nichts lieber,
als im Boden zu versinken.
„Was denn?“,
fragte der Angestarrte schließlich.
Es war Jin, der sich als erster wieder fing, vortrat und
seinem Sohn die Hand auf die Schulter legte, um ihm zu erklären: „Jade ist mein Kind, Junge.
Wie du. Weißt du das nicht? Sie ist deine Schwester.“
Wotan starrte
ihn böse an und fegte seine Hand weg. „Ich weiß das! Hältst du mich etwa für
blöd?“
Es traf Jin, das von seinem Sohn zu hören. Fehlte nur noch, dass er
ein „wie du“ hinzufügte.
„Aber das ist
mir egal. Ich will Jade trotzdem heiraten.“
Seitdem Dana ihm damals geholfen und ihm klargemacht
hatte, dass er nicht aufgeben sollte, obwohl Griswold nicht ihn als Sohn anerkannte, hatte er sich ein bisschen in sie verguckt, musste er zugeben.
Seitdem hatte er immer davon geträumt, jemanden wie sie an seiner Seite zu
haben. Nur dass sie eben die Frau seines Vaters war und er sie ihm ja schlecht
wegnehmen konnte.
Deshalb hatte er irgendwann beschlossen, einfach ihre
Tochter zu heiraten. Dass Jade ihn immer bewundert hatte, war ihm da natürlich
sehr entgegengekommen. Für ihn war deshalb immer schon klar gewesen, dass
sie irgendwann heiraten würden.
Doch als er jetzt in Jades erstarrtes Gesicht sah,
die Augen, die ihm erschrocken auswichen, wurde ihm bewusst, dass sie das scheinbar nicht so sah wie er.
Plötzlich erschien Lin vor ihm. „Bist du bescheuert? Sie
ist deine Schwester, Mann! Geh und such dir wen anders! Jade wird mich
heiraten!“
Jade war
zutiefst erschüttert, und selbst wenn sie etwas hätte sagen wollen, konnte sie
es nicht. Was sollte sie dazu auch sagen? Wotan war ihr Bruder, und sie liebte
ihn wirklich sehr, aber eben nur wie einen Bruder. Sie wollte Lin nicht
heiraten, aber Wotan würde sie nicht
heiraten.
Also ließ sie es zu, dass Lin nun besitzergreifend
eine Hand auf ihre Schulter legte und Wotan damit den Rest gab. Als sie einen Blick riskierte, sah sie, dass er
wirklich getroffen aussah. Wotan, der sich doch sonst nie von irgendetwas
unterkriegen ließ. Sie hatte ihren Bruder noch nie so gesehen.
„Jade…“
Doch sie schwieg, senkte den Blick, und damit war alles gesagt.
Wotan drehte ihnen den Rücken zu und ging gefasst, ohne ein
weiteres Wort zu sagen, davon. Und Jade blieb geschlagen zurück. Jetzt hatte
sie gar keine andere Wahl mehr, als Lin zu heiraten.
Kurz darauf
einigten sich ihre Eltern und Lins Eltern zusammen mit Malah auf einen
angemessenen Preis für ihre Hochzeit. Aber Jades Herz war gebrochen. Denn sie
hatte ihren Bruder verloren. Sie wusste, dass sie Wotan wahrscheinlich nie
wieder in die Augen würde sehen können.
Da Wotan die nächste Zeit mit einsamer Wacht beim
Eingang zum Tal verbrachte und seinem Zuhause und dem Uruk-Stamm fernblieb,
hatten sie letztendlich doch keinen Ausbilder für ihre zukünftigen Wachen. Malah hatte von Jade im Vertrauen gehört, was geschehen war, und deshalb versuchte sie auch
gar nicht erst, Wotan dazu zu überreden, es sich anders zu überlegen. Sie
konnte sich schließlich nicht vorstellen, dass er jetzt unbedingt dort sein
wollte, wo er Gefahr lief, Jade zu begegnen.
Doch obwohl
Wotan jetzt die Wacht übernommen hatte, wusste Malah auch, dass das nicht ausreichen würde. Er allein würde gegen mehrere Räuber nicht
ankommen. Er brauchte Unterstützung.
„Ich habe keine Ahnung, was ich jetzt deswegen machen soll“,
beklagte sich Malah am Abend bei ihrem Großvater. Sie hatte sich den
ganzen Tag über den Kopf zerbrochen, was sie wegen der Ausbildersache tun
sollte – vergeblich – und jetzt erhoffte sie sich von ihrem Großvater Rat. Es
hatte sich ziemlich schnell eingebürgert, dass sie diese Beratungsgespräche am
Ende jeden Tages führten.
„Was gibt es
denn für Optionen?“
Es war Tanns
bevorzugte Methode, sie immer erst selber nachdenken und Lösungen ersinnen zu
lassen, bevor er ihr Ratschläge erteilte. Das hatte sie in der Vergangenheit viel
gelehrt und ihr einiges über Problemlösung beigebracht.
„Ich könnte Garrus fragen, ob er unsere Leute trainiert,
aber du weißt ja, dass die anderen beiden Stammesführer dagegen waren. Und ich
kann mich nicht einfach über ihren Entschluss hinwegsetzen.“
„Nun, diese Sache betrifft aber nicht nur die Stämme, sondern alle in dieser Gegend.“
„Meinst du,
ich sollte die Familien und den Händler auch zu einer Versammlung einladen?“
„Natürlich.
Das habe ich in Notzeiten auch immer getan.“
„Du hast schon
damals Versammlungen einberufen?“, fragte Malah überrascht. Sie hatte
immer gedacht, dass es die Idee ihres Vaters gewesen war, diese Institution ins
Leben zu rufen. Eines der wenigen Dinge, die er als Stammesführer geleistet
hatte.
Tann schmunzelte. „Die Stämme haben sich schon von alters her getroffen. Schon
bevor deine Urgroßmutter damals unseren Stamm wiederaufgebaut hat. Schon als
wir noch Nomaden waren. Dort wo die alte Holzstatue am See steht, haben sie
sich einmal jährlich getroffen, um für das kommende Jahr um Jagdglück und
Fruchtbarkeit zu bitten. Es waren immer wieder andere Stämme, die damals kamen,
als meine Mutter noch klein war, aber der Platz war ein heiliger Ort, an dem
die Menschen schon immer zusammenkamen.
Und als wir dann sesshaft wurden, haben
wir uns weiterhin dort getroffen. Einmal im Jahr. Um zu bitten, einander Hilfe
zu leisten und zu besprechen, was das letzte Jahr über passiert ist. Bei
Notzeiten wurde die Versammlung auch einberufen. Dein Vater hat dann nur dafür
gesorgt, dass die Versammlungen regelmäßiger wurden und nicht mehr nur an einem
Ort stattfanden. Und das war eine gute Entscheidung.“
Malah dachte eine Weile darüber nach, bevor sie sagte: „Ich
denke, ehrlich gesagt, auch schon länger darüber nach, ob ich nicht vorschlagen
sollte, die Oberhäupter aller hier lebenden Menschen an den Versammlungen teilhaben zu lassen.“
„Das ist eine
ausgezeichnete Idee, Malah.“
„Ich glaube
nur nicht, dass die anderen beiden Stammesführer das so gut finden werden“,
meinte sie unglücklich. „Ich will ja nichts sagen, aber ich glaube, sie halten
ihre Stämme für die Herrscher dieser Gegend.“
„Oh, das tun
sie auch. Das war schon immer so, und es war ja auch tatsächlich einst so. Nur
dass inzwischen immer mehr Leute hierherkommen und keiner von ihnen mehr zu den
Stämmen geht. Das müssen Roah und Lann irgendwann auch einsehen. Aber Lann ist
jetzt sowieso nicht mehr die Anführerin ihres Stammes, und Roa wird den ihren
auch nicht ewig anführen. Ich habe noch nicht mit ihren Nachfolgern gesprochen,
aber vielleicht hast du bei ihnen ja bessere Karten mit deinem Vorschlag.“
Das konnte sich Malah bei Reinard irgendwie nicht so
vorstellen. Eher im Gegenteil. Und bei Roah glaubte sie ernsthaft, dass sie die
Führung über den Zoth-Stamm wahrscheinlich erst mit ihrem Tod abgeben würde.
Wer sollte auch übernehmen? Nefera würde bald Reinard heiraten, und Nio war
wirklich nicht dazu gemacht, eine Anführerin zu sein.
„Es bleibt
trotzdem die Frage, was ich jetzt wegen der Ausbildersache mache. Ich kann
jedenfalls nicht warten, bis Roah abdankt, und ich glaube auch nicht, dass Lanns
Sohn anders als seine Mutter denkt.“
„Dann tu das, was du für richtig hältst. Die anderen Stämme mögen sich
vielleicht für die Herrscher der Welt halten, aber wir sind noch immer der
größte Stamm hier, vergiss das nicht. Und als solcher haben wir auch eine
Verantwortung zu übernehmen.“
Es war ein
bisschen merkwürdig, wenn ihr sonst so diplomatischer Großvater mit der harten
Tour ankam, aber er hatte bislang immer richtig mit seinen Ratschlägen gelegen.
Er wusste, im Gegensatz zu ihr, wann man Stärke demonstrieren musste und wann
nicht. Malah mochte es nicht, das zu tun. Sie bevorzugte diplomatische
Lösungen. Doch sie wusste, dass es nicht immer so lief. Dass Auseinandersetzungen
und Stärkedemonstrationen auch dazugehörten, um sich gegen die Anderen zu
behaupten. Also nickte sie.
Das Problem dabei war nur, dass sie Garrus nicht finden
konnte. Er hatte seinen Posten vor ihrem Hof eigentlich nie aufgegeben, egal wie oft sie ihn auch von dort versucht hatten, zu verjagen, aber als
sie ihn jetzt dort aufsuchte, war der Ort verlassen.
Es gab nur
noch eine Person, an die Malah sich da wenden konnte. Eines ihrer Sorgenkinder.
Also suchte sie Nyota auf. Sie fand die Freundin im
Stall, wo sie gerade gewissenhaft das dreckige Stroh gegen Neues tauschte. Trotzdem
begrüßte sie der gewohnt beißende Geruch von Dung, als sie in die Dunkelheit des
Stalles abtauchte. Eine Ziege, die hinter Nyota in Deckung gegangen war, meckerte
zur Begrüßung, bevor sie davonstob, als sei Malah ein Wolf, gekommen um sie zu
fressen.
„Nyo, weißt du
zufällig, wo Garrus ist?“
„Ja“, gab Nyota in ihrer monotonen Art zurück, ohne auch nur von
ihrer Arbeit aufzusehen. „Was
willst du von ihm? Willst du ihn wieder verjagen?“
„Nein, was
denkst du denn von mir? Ich will ihn darum bitten, ein paar unserer Leute
auszubilden, damit sie oben am Pass Wache halten können.“
Jetzt legte Nyota die Mistgabel doch zur Seite und wandte
sich ihr zu. Plötzlich sah sie so aufgeregt aus, dass man gar nicht glauben
konnte, dass es zuvor noch genau andersherum gewesen war.
„Ich frage ihn
gerne für dich“, verkündete sie strahlend.
Nyota hatte
sich die letzte Zeit von Garrus ferngehalten, aber sie alle hatten gesehen,
dass ihr das nicht leicht gefallen war. Malah hatte immer noch keine Ahnung,
warum das sonst so ruhige Mädchen plötzlich eine so unheimliche Faszination für
diesen Mann entwickelt hatte, aber es ging ihr nach wie vor nahe, die bislang
immerzu traurige Freundin so glücklich zu sehen. Sie hätte ihr wirklich gerne
geholfen, wenn sie nur gewusst hätte, wie.
„Wenn du mir
versprichst, vorsichtig zu sein. Wegen den Räubern, meine ich“, fügte sie
hastig hinzu. Sie wusste schließlich, dass Nyota sofort dicht machte, wenn man
schlecht über Garrus sprach.
Sie wollte sie eigentlich auch nicht allein mit diesem
gefährlichen Mann reden lassen, der sie einst hatte töten wollen. Aber er war
der Einzige, der Nyota wirklich etwas zu bedeuten schien. Malah konnte nichts
anderes tun, als zu versuchen, der Freundin unterstützend unter die Arme zu
greifen und zu akzeptieren, was sie nun einmal nicht verstand.
Nyota nickte
enthusiastisch, dann war sie losgestürmt.
Als Garrus davon erfahren hatte, dass sich Räuber in die Gegend gewagt hatte, hatte er seinen Stützpunkt natürlich sofort an die Gefahrenstelle verlegt, und da Wotan auch schon zugegen gewesen war, waren es inzwischen einfach zwei, die eine stille Wache hielten. Wotan war ja normalerweise gesprächiger, aber nach der Sache mit Jade war ihm gerade eigentlich nur noch danach, allein zu sein. Es kam ihm deshalb gerade recht, dass Garrus überhaupt nicht gesprächig war.
Doch als Nyota jetzt auftauchte, war er trotzdem sofort auf den Beinen und ging ihr entgegen.
„Was machst du denn hier? Hier ist es gefährlich. Räuber
treiben hier ihr Unwesen.“
Sie schaute an
ihm vorbei, schien ihn gar nicht wahrzunehmen. „Ich wollte etwas mit Garrus
besprechen“, sagte sie mit ihrer leisen Stimme.
„Hast du nicht
gehört?“, gab der, unfreundlich wie immer, zurück. „Hier gibt es Räuber. Also
geh nach Hause. Wir haben nichts zu besprechen.“
„Aber es ist
wichtig! Malah bittet dich darum, unsere Leute wegen den Räubern auszubilden.“
So schnell war
Wotan also abgeschrieben. Aber es sollte ihn nicht wundern. Malah hatte ja
schon von Anfang an ihre Pferde auf diesen Garrus gesetzt, und er wusste jetzt
auch, warum. Außerdem war er selber nicht gegangen, um die Leute zu trainieren,
obwohl er es zugesagt hatte.
Garrus war tatsächlich so überrumpelt von dieser
Offenbarung, dass er etwas brauchte, um darauf zu antworten: „Wie kommt sie
denn darauf? Du kannst ihr jedenfalls sagen, dass ich das nicht tun werde. Sie soll
sich jemand anderen suchen.“
„Aber es gibt
keinen anderen…“
„Mann, hab
dich doch nicht so!“, mischte sich Wotan ein. „Du faselst immer von
Gerechtigkeit, aber wenn es drauf ankommt, ziehst du den Schwanz ein. Wenn
du wirklich Gerechtigkeit willst, solltest du gehen und diese Leute da trainieren. Dann
können sie deine Gerechtigkeit für dich ausüben.“
Garrus sah ihn mit zusammengekniffenen Augen bedrohlich
an, aber Wotan ließ das kalt.
„Trainiere du
sie doch, wenn du so große Töne spuckst!“
„Sicher! Ich
hab nicht mal einen Angriff von dir standgehalten, als wir geguckt haben, wer
besser von uns ist. Nyota hat recht, es gibt niemand besseren als dich in der
Gegend. Ich würde ja gern mitkommen und bei dir lernen, aber ich werde hier die
Stellung halten, während du die Anderen trainierst.“
Garrus sah sie einen Moment mit einem ausdruckslosen Blick an, dann gab er sich schließlich geschlagen und sagte: „Na schön. Aber sag deiner Anführerin, dass ich kein guter Lehrer bin. Ich habe nur ein paar Jahre gedient und hatte keine führende oder ausbildende Position inne. Und ich werde gnadenlos sein. Ich habe keine Geduld.“
„Sonst noch was?“, fragte er kalt. Nyota schüttelte traurig den Kopf, und da forderte er sie auf: „Dann geh zurück! Du hast doch gehört, dass es hier gefährlich ist. Bring sie nach Hause, Junge!“
„Bring du sie doch nach Hause! Ich… halte hier die Stellung.“
Garrus sah ihn stirnrunzelnd an, schüttelte den Kopf und erhob sich schließlich doch, um Nyota selber nach Hause zu bringen.
Ja, Wotan hätte ihn das gerne gefragt, aber er würde es nicht tun. Er wollte nicht, dass ihre ohnehin schon nicht sehr angenehmen Wachten noch unangenehmer wurden. Er war, ehrlich gesagt, froh, mal allein zu sein.
Zumindest bis ihm Jade wieder in den Sinn kam und ihm
eine stille, unangenehme Wacht mit dem griesgrämigen Garrus plötzlich doch geradezu verlockend
schien.
Da er auch nichts zu ihr sagte, verbrachten sie eine ganze Weile ihres Rückweges mit Schweigen. Aber das war ihr auch recht. Sie brauchten eigentlich nicht zu reden. Alles, was sie wollte, war in Garrus‘ Nähe zu sein. Ihm nahe zu sein.
Als sie – zu Nyotas Bedauern – den Hof erreicht hatten,
streckte Garrus plötzlich seine Hand vor ihr aus und schob sie hinter sich. Das
metallische Schaben, das sie schon so gut kannte, verriet ihr, dass er sein
Schwert gezogen hatte.
„Du!“, knurrte Garrus ihn an.
Sie war sich nicht sicher, ob Garrus ihn erkannte, deshalb erklärte sie ruhig: „Das ist nur Nila.“
„Das weiß ich.“
Doch er steckte sein Schwert trotzdem nicht weg. Nila hatte inzwischen abwehrend die Hände erhoben und seine Stimme wiedergefunden. „Ich… will nichts Böses! Ich bin nur unterwegs nach Hause!“, stotterte er.
„Er tut nichts“, versicherte sie.
Eigentlich war sie sich da nicht so sicher, aber sie wollte kein unnötiges Blutvergießen riskieren. Sie wusste, dass Nila ihnen zumindest jetzt nichts tun würde, während jemand stärkeres mit gezückter Waffe vor ihm stand.
Garrus starrte ihn noch einen Moment länger misstrauisch an, dann ließ er sein Schwert aber endlich sinken. „Dann verschwinde, bevor ich es mir anders überlege!“, zischte er.
Der steckte sein Schwert auch erst weg, als Nila im Haus verschwunden war. Und dann sprach er sogar tatsächlich einmal von sich aus zu ihr.
„Ich glaube, dass er vielleicht ein Teil der Räuberbande
sein könnte, die sich hier breit gemacht hat.“
„Hast du ihn
etwa bei ihnen gesehen?“
„Nein, aber er
hat etwas Verschlagenes in seinen Augen. Etwas Böses. Hinterhältiges.
Wahrscheinlich kommt er gerade von ihnen.“
„Er hat sich
mit einem Mädchen getroffen. Ich habe sie schon zusammen gesehen.“
„Selbst wenn
er jetzt noch kein Teil der Räuber ist, wird er es eines Tages sein. Da bin ich
mir ziemlich sicher. Du solltest dich vor ihm in Acht nehmen.“
Nyota lächelte gerührt und nickte. Sie freute sich, dass
Garrus sich scheinbar Sorgen um sie machte.
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Hier weiterlesen -> Kapitel 110
Wie es ausschaut, ist Nyota Garrus doch nicht so egal, wie er das gern hätte. Oder redet sich Nyota doch nur ein, dass er sich Sorgen um sie macht, weil sie das gerne so hätte?
Die Sache mit Wotan jedenfalls ist eine verzwickte Sache. Es ist schon schwierig, zu sagen, ob er tatsächlich Gefühle für seine Schwester hatte oder er sich einfach nur Jade gegenüber schämt, weshalb er ihr und seinem Heim fernbleibt und sogar seine Aufgaben vernachlässigt. Denn die Sache ist die, dass schon das Thema Liebe eine schwierige Sache ist, wenn es um Wotan geht. Er hatte ja schon einige Frauen, aber bislang waren das eben immer nur Bettgeschichten, weil für ihn von Anfang an klar gewesen war, dass er sowieso niemand anderen als Jade heiraten würde.
Unabhängig davon, ob beide jetzt Geschwister sind oder nicht, wenn Wotan Jade geliebt hat, ist er nun von ihr abgewiesen worden, und das ist schon schlimm genug. Da kann man wohl verstehen, dass er sein Versprechen Malah gegenüber, die Wachen auszubilden, nicht eingehalten hat. Glücklicherweise hat sich ja Garrus dazu breitschlagen lassen. Ist nur die Frage, ob das so eine gute Sache ist.
Nächstes Mal dann versucht Malah, ihre Ideen bei einer Notversammlung einzubringen, Leif trifft jemanden vom Junggesellenfest wieder, der ihn zum Nachdenken bringt, und dann tritt unerwartet jemand dem Stamm bei, der ungute Neuigkeiten mitbringt.
Bis dahin, bedanke ich mich fürs Vorbeischauen und verabschiede mich!
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Wie es ausschaut, ist Nyota Garrus doch nicht so egal, wie er das gern hätte. Oder redet sich Nyota doch nur ein, dass er sich Sorgen um sie macht, weil sie das gerne so hätte?
Die Sache mit Wotan jedenfalls ist eine verzwickte Sache. Es ist schon schwierig, zu sagen, ob er tatsächlich Gefühle für seine Schwester hatte oder er sich einfach nur Jade gegenüber schämt, weshalb er ihr und seinem Heim fernbleibt und sogar seine Aufgaben vernachlässigt. Denn die Sache ist die, dass schon das Thema Liebe eine schwierige Sache ist, wenn es um Wotan geht. Er hatte ja schon einige Frauen, aber bislang waren das eben immer nur Bettgeschichten, weil für ihn von Anfang an klar gewesen war, dass er sowieso niemand anderen als Jade heiraten würde.
Unabhängig davon, ob beide jetzt Geschwister sind oder nicht, wenn Wotan Jade geliebt hat, ist er nun von ihr abgewiesen worden, und das ist schon schlimm genug. Da kann man wohl verstehen, dass er sein Versprechen Malah gegenüber, die Wachen auszubilden, nicht eingehalten hat. Glücklicherweise hat sich ja Garrus dazu breitschlagen lassen. Ist nur die Frage, ob das so eine gute Sache ist.
Nächstes Mal dann versucht Malah, ihre Ideen bei einer Notversammlung einzubringen, Leif trifft jemanden vom Junggesellenfest wieder, der ihn zum Nachdenken bringt, und dann tritt unerwartet jemand dem Stamm bei, der ungute Neuigkeiten mitbringt.
Bis dahin, bedanke ich mich fürs Vorbeischauen und verabschiede mich!
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